Sichtlich aufgebracht reibt der schwarzbraune Pudelmischling Vandor seinen Maulkorb am Boden. Ursprünglich kommt er aus Ungarn, jetzt lebt er im Tierheim Remagen im Kreis Ahrweiler. Tierpfleger Jan erzählt, dass Vandor über das Internet nach Deutschland vermittelt wurde. In seinem neuen Zuhause war der Traum vom verspielten Hund jedoch für seine neuen Besitzer schnell ausgeträumt. Vandor habe gebissen. So landet er im Tierheim Remagen.
Keine Seltenheit: Gerade über Social Media und das Internet würden Tiere häufig vorschnell aus dem Ausland adoptiert. In den eigenen vier Wänden gebe es dann oft Probleme mit den Tieren.
Tierheim Remagen: 75 Prozent der Hunde kommen aus dem Ausland
Geschichten, wie die von Vandor, gibt es im Tierheim Remagen viele. Der Vorstandsvorsitzende Claus Krah berichtet, dass 75 Prozent der Hunde in seinem Tierheim Auslandshunde sind. Fast alle davon seien über Anzeigen im Internet oder den Sozialen Medien angeschafft worden: Das Tierheim ist voll.
Auch das Tierheim Neuwied berichtet von solchen Zuständen. An Spitzentagen erhalten sie nach eigenen Angaben zehn bis zwölf Anfragen zu Hunden, die abgegeben werden sollen. Die Hälfte davon seien Tiere, die privat aus dem Ausland angeschafft wurden. Gleiches teilt das Tierheim Mayen auf Anfrage des SWR mit. Eine genaue Zahl könne nicht genannt werden. Das Problem werde allerdings größer, heißt es.
Mitleid schafft neues Leid Influencer sorgen für volle Tierheime in Rheinhessen
In Tierheimen in der Region werden in letzter Zeit immer mehr Hunde aus dem Ausland abgegeben. Ein Grund: Beiträge in den sozialen Medien.
Influencer werben für Hunde aus dem Ausland
Besonders häufig geht es um Tiere aus Rumänien, Griechenland, Bulgarien oder die Türkei. Im Internet wird dann für ihre Rettung geworben, unter anderem durch Influencer, die teilweise hunderttausende oder sogar Millionen Menschen mit ihren Posts erreichen. Wie beispielsweise Vanessa Tamkan, Malte Zierden, aber auch die Koblenzer Influencerin Vanezia Blum. Nach eigenen Angaben retten sie Tiere aus gefährlichen Situationen und wollen auf deren Leid aufmerksam machen. Einige von ihnen rufen dann auch zur Adoption ihrer Schützlinge auf.
Claus Krah vom Tierheim in Remagen findet es prinzipiell sinnvoll, wenn so auf den Tierschutz hingewiesen wird. Oft seien Influencer aber keine Profis und könnten zu leichtfertig Informationen verbreiten. Wer einen Hund adoptieren wolle, müsse nämlich viel beachten. Ratsam sei es deshalb, sich an Experten zu wenden, zum Beispiel an das lokale Tierheim. Direktadoptionen aus dem Ausland sieht er daher kritisch.
Tierheimleiter wünscht sich mehr Unterstützung für heimische Tierheime
Krah kann das Engagement für Tiere im Ausland nachvollziehen: "Ich habe nur etwas dagegen, wenn man das blind macht und sich nicht erkundigt." Einige Vereine und Influencer setzen sich auch für den Tierschutz im Herkunftsland der Hunde ein.
Claus Krah findet das gut. "Ich kann Initiativen von Deutschen, die im Ausland Tierheime bauen, nicht verurteilen und finde das auch gut." Er würde sich aber freuen, wenn auch die heimischen Tierheime mehr Unterstützung bekommen würden.