Mitleid schafft neues Leid

Influencer sorgen für volle Tierheime in Rheinhessen

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Autor/in
Sarina Fischer
Sarina Fischer ist Reporterin im SWR Studio Mainz

In Tierheimen in der Region werden in letzter Zeit immer mehr Hunde aus dem Ausland abgegeben. Ein Grund: Beiträge in den sozialen Medien.

Ein abgemagerter, zitternder Hund sitzt verdreckt in der Ecke eines Zwingers in einem rumänischen Tierheim und schaut mit großen, verängstigten Augen in die Kamera. Solche und ähnliche Videos kursieren in letzter Zeit immer öfter in sozialen Medien. Sie werden von Influencerinnen und Influencern geteilt - verbunden mit dem Aufruf an ihre Fans: "Bitte rettet diese armen Hunde!"

Fans folgen Aufruf von Influencern: "Rettet Hunde aus dem Ausland"

Das machen viele Fans dann auch. Das Problem: Oft informieren sie sich aber vorher nicht ausreichend darüber, was die Adoption eines solchen Auslandshundes bedeutet. Mitleid allein reiche nicht aus, so Alexandra Seitz vom Mainzer Tierheim.

Die Leute sind auf Mitleid gepolt, aber Mitleid allein reicht eben nicht.

Die adoptierten Auslandshunde landen nämlich dann in den Tierheimen, wenn ihre neuen Besitzer mit ihnen nicht klarkommen.

Hunde leiden noch unter ihrer Vergangenheit

Denn diese Hunde haben oft eine schlimme Vergangenheit und bringen dementsprechend auffällige Verhaltensweisen mit. Da sei von unterwürfiger Angst bis zu pöbelnder Aggression alles dabei.

Die Leute unterschätzen, worauf sie sich einlassen.

"Erst vergangenes Wochenende kam wieder eine völlig aufgelöste Dame mit einem sechs Monate alten Hundewelpen aus Rumänien zu uns", erzählt Alexandra Seitz. Die Frau sei mit dem Hund völlig überfordert gewesen.

Immer mehr Auslandshunde in Tierheimen in Rheinhessen

"Solche Fälle haben wir in letzter Zeit immer häufiger, das hat deutlich zugenommen", berichtet die Hundepflegerin. Etwa 80 Prozent der Hunde, die aktuell im Tierheim Mainz leben, seien ursprünglich aus dem Ausland, zum Beispiel aus Rumänien oder Bulgarien. Viele von ihnen seien sogenannte "Problemhunde", die wegen ihres Verhaltens schwer zu vermitteln seien.

Auch im Tierheim Ingelheim ist der Anteil an Auslandshunden in letzter Zeit gestiegen. Dort liegt er gerade bei etwa 50 Prozent. "Überflutet mit Abgabe-Anfragen werden wir im Moment zwar noch nicht, aber es ist mehr geworden", bestätigt Thomas Geyer von den Tierhelfern Ingelheim.

Manche Tierheime nehmen keine Auslandshunde mehr auf

Weil die Tierheime in der Region ohnehin schon überlastet sind, nehmen manche von ihnen solche Auslandshunde schon gar nicht mehr auf. So handhabt es zum Beispiel das Tierheim Worms.

Wir kriegen immer mehr Anfragen zu Auslandshunden. Und das wird durch die Werbung auf Social Media noch verstärkt.

Sie würden die Leute dann aber an die Organisationen verweisen, über die sie die Hunde aus dem Ausland vermittelt bekommen hätten.

Unseriöse Organisationen vermitteln Hunde aus dem Ausland


"Leider gibt es da auch viele unseriöse Organisationen, für die der Hundehandel nur ein Geschäft ist", bedauert Jens Strube vom Tierheim Bad Kreuznach. Oft würden solche Organisationen die Leute nach der Adoption der Hunde allein lassen und würden diese auch nicht mehr zurücknehmen. Manche Hunde würden sich außerdem als ungeimpft oder krank entpuppen.

Im Tierheim Bad Kreuznach würden sie solche Auslandshunde allerdings auch nicht aufnehmen - es sei denn es handele sich um absolute Notfälle. "Denn damit befeuert man dieses Geschäft nur weiter. Das ist ein Teufelskreis", findet der Hundetrainer.

Mit Auslandshunden lässt sich viel Geld verdienen

In Ländern wie Rumänien oder Bulgarien gebe es bekanntermaßen Tötungsstationen für Straßenhunde. Aber manche der unseriösen Organisationen würden nur vorgeben, dass ihre Hunde in solchen Tötungsstationen sitzen, um sie besser zu vermitteln, erzählt Strube.

Dabei seien manche Hunde nicht einmal von der Straße, sondern würden extra für den Verkauf gezüchtet - und das unter nicht artgerechten Bedingungen. "Du kannst viel mehr Geld damit verdienen, wenn du Hunde so produzierst und über Social Media vertickst, als wenn du tatsächlich Straßenhunde einfängst und zur Tötungsstation bringst", sagt Jens Strube.

Influencer fallen auf die Tricks der Hundehändler rein

Durch Mitleid erregende Bilder und Videos im Internet funktioniere das eben sehr gut. Und dass Influencerinnen und Influencer diese auch noch weiter verbreiten würden, verschärfe das Problem.

"Eigentlich kann man nur versuchen, die Leute aufzuklären, dass die nicht darauf reinfallen", so Strube. Sie müssten sich im Vorhinein einfach viel besser informieren und sich die Adoption eines Hundes gut überlegen. Natürlich gebe es im Ausland zweifellos viel Hundeleid. Aber dass viele dieser Hunde letztendlich in Tierheimen in Rheinhessen landen, sei auch keine Lösung.

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