Jeden Tag werden momentan in den Tierheimen im Norden von Rheinland-Pfalz Hunde, Katzen und Kleintiere von ihren Besitzern abgegeben. Jetzt ist die Lage so dramatisch, dass etwa das Tierheim in Koblenz Alarm schlägt, es sei am Limit. Dessen Leiterin Kirstin Höfer hat deswegen einen bundesweiten Brandbrief von Tierheimleiterinnen und -leitern mit unterzeichnet.
Die Koblenzer Tierheimleiterin hat die Erfahrung gemacht, dass es oft Menschen sind, die sich während der Corona-Pandemie einen Hund zugelegt haben und ihn jetzt wieder loswerden möchten.
Doch es kann auch andere Gründe für die Abgabe eines Tieres geben: Mitte Februar verendete ein Hund qualvoll vor dem Tierheim in Montabaur, der angeleint am Zaun in der Kälte zurückgelassen wurde. Die Mitarbeitenden vermuten damals, dass möglicherweise die gestiegenen Kosten für die Tierhaltung ein Grund gewesen sein könnten.
Tierheim in Remagen musste sehr teure Bauchtumor-OP bei Hund finanzieren
Ein Tier zu besitzen ist nicht nur durch die Inflation teurer geworden. Seit 2022 haben die Tierärzte zudem eine neue Gebührenordnung. Viele Halter könnten sich deshalb die Behandlung ihrer Tiere nicht mehr leisten, sagte im Februar etwa Claus Krah, der Vorsitzende des Tierheim und Tierschutzvereins Kreis Ahrweiler e.V. in Remagen.
Er erinnerte sich beispielsweise an einen Labrador, der abgegeben wurde - und zwar mit der Begründung, er hab den Enkel gebissen: "Im Tierheim haben wir einen Bauchtumor festgestellt, den wir für zweieinhalb Tausend Euro operieren lassen mussten. Ich denke, das wussten die Besitzer", so Krah.
Hilfsangebote für Tierhalter in finanzieller Not im Norden von Rheinland-Pfalz
Statt das eigene Tier aber schnell abzugeben, gibt es andere Möglichkeiten, im Norden von Rheinland-Pfalz Hilfe zu finden. Die Tierhilfe Rhein-Hunsrück e.V. übernimmt beispielsweise in ausgewählten Fällen die Kosten des Tierarztes und bietet den Haltern an, diese danach in Raten zurückzuzahlen. "Das läuft auf Vertrauensbasis", sagt Anne Stumm von der Tierhilfe Rhein-Hunsrück. In rund 80 Prozent der Fälle werde alles zurückgezahlt. Vereinzelt machten zudem auch Tierärzte eine Ratenzahlung möglich.
Stiftungen und Vereine übernehmen Operationskosten für Tiere
Wenn das eigene Geld für den Tierarzt nicht ausreicht, gibt es zudem Stiftungen und Vereine, die die Kosten für Operationen und Medikamente übernehmen. Das Tierheim Remagen vermittelt Bedürftige regelmäßig an die Schneider-Menden-Stiftung Mensch und Tier in Bonn. "Dafür muss man sich nackig machen und die finanzielle Situation offen legen", sagt Claus Krah.
Während die Schneider-Menden-Stiftung für Menschen in der Nähe zu Nordrhein-Westfalen in Frage kommt, hilft der Verein Sozialfelle e.V. bundesweit. Auch hier muss man anhand von Bescheiden die Bedürftigkeit nachweisen. Grundsätzlich berechtigt sind Alleinstehende, Rentner, Obdachlose, Familien, Menschen mit Behinderung und Auszubildende.
Individuelle Hilfe über Spendenaufrufe für Tierhalter
Mit Aufrufen über soziale Medien und Anzeigen in kostenlosen Wochenzeitungen konnte die Andernacher Tafel für Tiere nach eigenen Angaben bereits mehreren Tierhaltern helfen. Mit dem Geld, das für Einzelfälle gesammelt wird, werden Zuschüsse oder ganze Behandlungen bezahlt.
Die Tafel selbst übernimmt zum Teil Untersuchungen, sodass eine Diagnose gestellt werden kann. "Wenn wir Klarheit über die Krankheit haben, überlegen wir mit dem Besitzer gemeinsam, wie es weitergehen kann", sagt Iris Abels von der Andernacher Tafel für Tiere.
Tierschutzbund RLP rät: Zuschüsse für Kastration von Katzen mitnehmen
Wer knapp bei Kasse ist, sollte auch nach Sonderaktionen Ausschau halten. Jedes Jahr organisiert der Tierschutzbund Rheinland-Pfalz beispielsweise eine Kastrationswoche für Katzen. Daran beteiligen sich im Norden von Rheinland-Pfalz unter anderem die Tierheime in Remagen und Montabaur. "Wer in diesem Zeitraum die Rechnung bringt, erhält einen Zuschuss von 35 Euro", sagt Nicole Henning-Lucaß, Leiterin des Tierheims Montabaur.
Tierheim Montabaur: Manchmal sollte man sein Tier doch lieber abgeben
Die Leiterin des Tierheims Montabaur, Nicole Henning-Lucaß, blickt jedoch auch kritisch auf individuelle finanzielle Hilfe. Wer sich Tierarztkosten kaum leisten könne, gehe seltener zum Tierarzt oder verzichte auf Schutzimpfungen, sagt Nicole Henning-Lucaß. Schwere Krankheiten würden dadurch wahrscheinlicher. "Die Kosten einmalig zu übernehmen, ist keine Lösung, sondern kann das Tierleid sogar fördern", so Henning-Lucaß.
Gestiegene Lebenshaltungs- und Tierarztkosten Tafeln für Tiere in Andernach und Kastellaun erleben Ansturm
Die beiden Tafeln für Tiere im Norden von Rheinland-Pfalz werden derzeit von besonders vielen Menschen aufgesucht. Mitunter kann weniger Futter als sonst ausgegeben werden.
Sie rät daher manchmal doch dazu, das Tier abzugeben. Ob hierfür Gebühren verlangt werden, werde in Montabaur in jedem Fall einzeln entschieden. Nach dem Fall des qualvoll gestorbenen Hundes Mitte Februar denkt das Tierheim nun über eine Art Babyklappe nach. Dort könnten Tiere anonym abgegeben werden.
Tierheime und Tierschützer auch im Norden von RLP beraten in jedem Einzelfall
Wer sein Tier hingegen persönlich abgibt, kann den Tierheimen und Tierschutzorganisationen wertvolle Informationen über das Tier mitteilen. Diese helfen bei der weiteren Vermittlung. Das erfordere zwar mehr Mut. Im Gespräch ließen sich jedoch die besseren Lösungen finden, versichern die Tierschützer.