Bei der letzten Sitzung vor der Sommerpause tagte das rheinland-pfälzische Kabinett am Dienstagvormittag im Weingut Kloster Marienthal in Dernau. Für Malu Dreyer war es der letzte volle Tag als Ministerpräsidentin, heute soll Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD) als ihr Nachfolger gewählt werden.
Neben den Ministerinnen und Ministern waren auch viele Politikerinnen und Politiker aus dem Ahrtal vor Ort - darunter Landrätin Cornelia Weigand (parteilos) und viele Bürgermeister. Dreyer dankte den Kommunalpolitikern: "Dass viele große Schritte schon gegangen worden sind, hat ganz viel mit ihnen zu tun", so die SPD-Politikerin.
Presse wurde auf Abstand gehalten
Auch wenn sie am Mittwoch nicht mehr Ministerpräsidentin sei, "es war mir sehr wichtig, heute hier noch mal Präsenz zu zeigen", sagte Malu Dreyer in Dernau. Aber zur Kritik, die Menschen vor Ort über den Umgang ihrer Regierung mit der Flutkatastrophe äußerten, verlor die Ministerpräsidentin kein Wort. Die Presse wurde in Dernau auf Abstand gehalten.
Bis zuletzt gab es Kritik aus dem Ahrtal, dass Ministerpräsidentin Dreyer sich nicht für Versäumnisse der Landesregierung entschuldigt hat.
SWR-Umfrage: Menschen unzufrieden mit Krisenmanagement
Nachfragen zur repräsentativen SWR-Umfrage drei Jahre nach der Flutkatastrophe waren unerwünscht. Laut der Umfrage sind die meisten Menschen im Ahrtal und in der Region Trier unzufrieden mit dem Krisenmanagement der Landesregierung. 71 Prozent der Befragten gaben an, weniger oder gar nicht zufrieden zu sein.
Auch beim Wiederaufbau stellen die Befragten der Landesregierung mehrheitlich ein schlechtes Zeugnis aus: Sie werde ihrer Verantwortung nicht gerecht.
Schweitzer kann Ergebnisse der SWR-Umfrage nachvollziehen
Auch wenn Ministerpräsidentin Dreyer die Umfrage nicht kommentieren wollte, später äußerte sich immerhin ihr designierter Nachfolger, Alexander Schweitzer. Vom SWR angesprochen auf die Ergebnisse, sagte Schweitzer: "Offengestanden kann ich das verstehen."
Wenn man in der Region lebe, sehe man nicht so euphorisch auf die Entwicklung. Das könne er absolut nachvollziehen. "Dennoch gibt es in jeder Ecke im Ahrtal gute Beispiele, dass wir vorangekommen sind." Er werde sich in Zukunft sehr stark dem Wiederaufbau widmen, so Schweitzer.
Verkehrsministerin Schmitt: Kommunikation überdenken
Am Rande der Kabinettssitzung in Dernau äußerte sich auch die rheinland-pfälzische Verkehrsministerin Daniela Schmitt (FDP) zur SWR-Umfrage. Schmitt sagte, sie könne nachvollziehen, dass es den Menschen nicht schnell genug gehe.
Es stimme sie nachdenklich, dass Menschen sich nicht besser vorbereitet fühlten auf Katastrophen der Zukunft. Die Kommunikation müsse man deshalb überdenken.
Nach Ansicht von Innenminister Michael Ebling (SPD) belegt die Umfrage, dass die Landesregierung "noch eine Menge Arbeit vor der Brust hat". Das bisherige Tempo beim Wiederaufbau müsse gehalten werden.
Die Menschen seien sensibler geworden im Hinblick auf Hochwasserereignisse oder auf Veränderungen, die der Klimawandel mit sich bringe. Das Land werde den Katastrophenschutz neu aufstellen und die Schwerpunkte neu setzen.
Kommentar "Dreyer konnte den Makel nicht auslöschen"
Für ihre letzte Kabinettssitzung als Ministerpräsidentin ist Malu Dreyer ins Ahrtal gekommen. Die Flutkatastrophe jährt sich in dieser Woche zum dritten Mal. Es war eine letzte Chance, auf die Menschen zuzugehen. Ein Kommentar von Renata Sappert, SWR-Studio Koblenz.
Minister besuchen Wiederaufbauprojekte im Ahrtal
Dreyers designierter Nachfolger, Digitalisierungsminister Alexander Schweitzer (SPD), sowie weitere Minister haben sich am Dienstagnachmittag noch Wiederaufbauprojekte im Landkreis Ahrweiler angeschaut und mit Bürgerinnen und Bürgern gesprochen.
Der künftige Ministerpräsident Schweitzer war beispielsweise in Lind und in Sinzig. Dort besichtigte er unter anderem die sanierten Räumlichkeiten der St. Raphael Caritas Alten- und Behindertenhilfe. Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) besuchte eine Anlage zur Herstellung von Flüssigboden zum Einsatz im Wiederaufbau von Leitungs- und Kanaltrassen.
Innenminister Michael Ebling und Bildungsministerin Stefanie Hubig (beide SPD) haben Landrätin Weigand insgesamt 18 Förderbescheide in Höhe von rund 104 Millionen Euro aus dem Sondervermögen "Aufbauhilfe 2021“ überreicht. Gefördert wird die Wiederherstellung der Schulen in Trägerschaft des Landkreises.