Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Uwe Jun hat Dreyer für ihren Rückzug einen guten Zeitpunkt gewählt. Knapp zwei Jahre vor der nächsten Landtagswahl in Rheinland-Pfalz sei ideal, damit ihr Nachfolger genug Zeit habe, sich in das Amt einzuführen, so Jun, der auch Professor an der Universität Trier ist.
Politikwissenschaftler Jun: "Schweitzer tritt in große Fußstapfen"
Schweitzer trete in "sehr große Fußstapfen", sagte Jun weiter. Es sei für ihn keine leichte Aufgabe, weil Dreyer sehr hohe Popularitätswerte habe. "Herr Schweitzer muss nun zeigen, dass er mit persönlicher Nähe die Sympathie der Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer gewinnt."
Auf das, was Dreyer künftig machen werde, dürfe man gespannt sein, sagte Jun. Sie sei sicherlich keine, die die Hände in den Schoß legen werde.
Pressekonferenz von SPD-Regierungschefin RLP-Ministerpräsidentin Malu Dreyer begründet Rücktritt: "Die Kraft geht aus"
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) will sich von ihrem Amt zurückziehen. Sozialminister Schweitzer soll ihr nachfolgen.
Ex-Regierungschefs Beck und Scharping würdigen Dreyer
Der frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) bezeichnete Dreyers Entscheidung als "nachvollziehbar und verständlich" - nicht zuletzt wegen ihrer "gesundheitlichen Situation". Er lobte zudem, dass Dreyer mit dem Vorschlag für ihre Nachfolge eine "einvernehmliche Zukunftsregelung" suche. Dafür gebühre ihr "höchster Respekt". Becks Vorgänger als rheinland-pfälzischer Ministerpräsident, Rudolf Scharping (SPD), nannte Dreyers Entscheidungen "so klar und konsequent wie die SPD in Rheinland-Pfalz".
Wissing (FDP) lobt Zusammenarbeit mit Dreyer
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte: "Ich habe sehr gerne und äußerst vertrauensvoll mit Malu Dreyer zusammengearbeitet. Sie ist eine charismatische, verlässliche und empathische Persönlichkeit mit klarer Haltung. Nicht zuletzt dank ihres Politikstils ist es uns gelungen, die erste Ampel in einem Bundesland erfolgreich zu gestalten."
Malu Dreyer sei eine bürgernahe Ministerpräsidentin, die politische Verantwortung auf vorbildliche Weise trage. Persönlichkeiten wie Malu Dreyer stärkten das Vertrauen der Menschen in die Demokratie.
Eder und Binz (Grüne) würdigen Dreyer als "verlässliche Partnerin"
Auch von den grünen Landesministerinnen Katrin Eder und Katharina Binz kam großes Lob für Dreyer: Die Sozialdemokratin habe das Land "mit Tatkraft, großem Engagement und viel Herz" geprägt, erklärten beide. Dreyer sei in den elfeinhalb Jahren ihrer Amtszeit für die Grünen "eine verlässliche Partnerin" gewesen. "Mit ihrer Art, das Verbindende herauszustellen, hat sie viele Einigungen auch in krisenhaften Zeiten möglich gemacht", so Klimaschutzministerin Eder und Familienministerin Binz.
Von der Opposition in Rheinland-Pfalz kamen auch kritische Stimmen, vor allem mit Blick auf den Umgang Dreyers mit der Ahrflut.
Streit (Freie Wähler): "Nach der Ahrflut nicht mehr Landesmutter"
Der Vorsitzende der Freie Wähler-Fraktion im Landtag, Joachim Streit, schrieb: "Nach der Ahrflut konnte Malu Dreyer nicht mehr als Landesmutter auftreten, es haben am Ende die Entschuldigung und die Reue für die Fehler gefehlt, die vor, während und nach der Flut passiert sind. Dadurch kam die gesamte Landesregierung nicht mehr aus dem Tief heraus."
Bollinger (AfD): Neuwahlen sind überfällig
Jan Bollinger, Fraktionsvorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag, sagte: "Im Sinne unserer Bürger sind jetzt Neuwahlen absolut überfällig. Das Versagen von Malu Dreyer während der Ahrflut und ihre Verweigerung einer Entschuldigung bei den Bürgern haben ihr eigenes, aber vor allem das Ansehen des Amtes schwer beschädigt."
Der Rücktritt sei überfällig, reiche aber nicht aus: die Ampel habe das Vertrauen der Bürger auch in Rheinland-Pfalz verloren. Rheinland-Pfalz brauche Neuwahlen und "kein SPD-typisches Pöstchengeschacher", so Bollinger.
Baldauf (CDU): "Schlussstrich unter Stillstandspolitik"
Der CDU-Landesvorsitzende Christian Baldauf sagte, ein solcher Rückzug nach jahrelangem Regieren verdiene Respekt. "Doch es ist zugleich der Schlussstrich unter eine jahrelange Stillstandspolitik in Rheinland-Pfalz. Bei zentralen politischen Themen blieb die Dreyer-Ampel untätig. Nun sollen Alexander Schweitzer und Sabine Bätzing-Lichtenthäler ran, zwei langjährige Vertraute Dreyers. Ein echter, ein ehrlicher Neuanfang der SPD, die in diesem Bundesland zahlreiche Pleiten zu verantworten hat, ist das beileibe nicht", so Baldauf weiter.
Schnieder gegen vorgezogene Neuwahlen
Gordon Schnieder, Baldaufs designierter Nachfolger im Amt des CDU-Landeschefs, wandte sich gegen vorgezogene Neuwahlen. Ob er gegen den neuen Regierungschef bei der Landtagswahl 2026 antreten wird, ließ Schnieder offen. Die Christdemokraten würden bei der Verkündung ihres Spitzenkandidaten am Zeitplan festhalten.
Der Stillstand im Land müsse jedoch beendet werden, mahnte Schnieder. Er betonte, dass die CDU dafür als verlässlicher Partner zur Verfügung stehe.
Auch aus Berlin und aus dem Nachbarland Baden-Württemberg gab es politische Reaktionen zu Dreyers Rücktritt.
Scholz (SPD) lobt Dreyer als "verlässlich und volksnah"
So reagierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf Dreyers Ankündigung: Der Kanzler habe Dreyers Entscheidung "mit sehr großem Respekt" zur Kenntnis genommen, sagte die Vizesprecherin der Bundesregierung, Christiane Hoffmann. "Er schätzt sie sehr als verlässliche und volksnahe Politikerin, die sich nicht ohne Grund hoher Beliebtheit erfreut."
Baden-Württembergs SPD-Chef Stoch würdigt Dreyer
Der baden-württembergische SPD-Landeschef Andreas Stoch sagte, Dreyer sei eine hervorragende Ministerpräsidentin, mit der er vertrauensvoll zusammengearbeitet habe. Auch ihren potentiellen Nachfolger lobte Stoch. Alexander Schweitzer sei ein charismatischer und kompetenter Politiker.
Esken würdigt Dreyers Einsatz für die SPD
Die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken würdigte Malu Dreyer als "eine der erfolgreichsten Ministerpräsidentinnen Deutschlands". Dreyer vereine Kompetenz, Führungsstärke und das Vertrauen der Menschen, das weit über ihr Bundesland hinausstrahle, erklärte Esken am Mittwoch im Berlin. Die Menschen hätten bei Dreyer immer an erster Stelle gestanden.
Vertreter der Kirchen zollen Dreyer "großen Respekt"
Führende Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche zollten Dreyer Respekt. "Die Entscheidung von Malu Dreyer hat mich überrascht, ruft in mir aber großen Respekt hervor", sagte der Limburger Bischof und Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing. Dreyer sei immer ansprechbar für die Kirche gewesen.
Auch der katholische Bischof von Trier, Stephan Ackermann, lobte die Zusammenarbeit mit Dreyer. Sie sei menschlich unkompliziert und immer von gegenseitiger Wertschätzung und Achtung geprägt gewesen.
Ähnlich äußerte sich der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel. Er habe "mit großem Respekt und hohem Verständnis" von der Ankündigung des Rücktritts gelesen. Latzel hob Dreyers Menschenfreundlichkeit und ihr soziales Engagement hervor.