Brauereigebäude mit Biergarten, im Vordergrund Eisenbahngleise, vor der Brauerei Straßenbahnwagen, im Hintergrund rechts Weinberge; um 1930

Knapp 350 Jahre alte Brautradition geht zu Ende

Letzter Tag für die Koblenzer Brauerei

Stand
Autor/in
Luca Both
Andreas Krisam

Die insolvente Koblenzer Brauerei hat am Mittwoch ihren Betrieb eingestellt. Damit geht ein Stück Brauereitradition im Koblenzer Stadtteil Stolzenfels zu Ende. Wir blicken zurück.

Die Geschichte der Koblenzer Brautraditon beginnt im Jahr 1689. In diesem Jahr wurde das "Alte Brauhaus" in der Koblenzer Altstadt nach Angaben der Koblenzer Brauerei eröffnet. Dieses hatte neben der Gastronomie auch eine Brauerei. Kurfürst Lothar von Metternich ermöglichte dies, indem er der Stadt Koblenz das Recht zur Herstellung von Bier gegeben hatte.

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Brauerei wandert aus der Altstadt nach Stolzenfels

Knapp 200 Jahre später wurde das Brauhaus von Josef Thillmann 1884 gekauft. Er verlagerte 1885 den Standort der Brauerei aus der Altstadt an den Königsbach in Koblenz-Stolzenfels, wo sich die Brauerei auch noch heute befindet. Dort gründete er die "Bierbrauerei Josef Thillmann". 1900 wurde die Brauerei dann zur "Königsbacher Brauerei AG" umgewandelt.

In den folgenden Jahrzehnten erwarb das Unternehmen nach Angaben des Instituts für Geschichtliche Landeskunde Rheinland-Pfalz verschiedene Brauereien aus der Region. Unter anderem die "Prümm’sche Brauerei" in Niedermendig, die "Nassauer Union-Brauerei" und die "J. Bubser Brauerei zur Nette" in Weißenthurm.

"Die Königsbacher Brauerei gehört genauso zu Koblenz wie Kaiser Wilhelm am Deutschen Eck."

Der Koblenzer Historiker Manfred Gniffke teilte dem SWR in einem Gespräch mit, dass die Königsbacher Brauerei und ihr Biergarten in den Jahrzehnten nach dem Weltkrieg das Familienausflugsziel der Koblenzer Familien an Sonntagen gewesen sei. "Die Königsbacher Brauerei gehört genauso zu Koblenz wie Kaiser Wilhelm am Deutschen Eck", sagt er. Ende der 1960er Jahre habe er dort auch anderthalb Jahre als Betriebselektriker gearbeitet. Er bezeichnete die Brauerei als Institution in Koblenz.

Brauerei-Ausschank Königsbach, Inhaber J. Classen und Albert Meud. Außenansicht; Biergarten; Innenansicht (Schankraum); um 1950
Die Königsbacher Brauerei um 1950

Modernisierung bringt Koblenz ein bekanntes Wahrzeichen

1970 wird im Rahmen eines Wiederaufbaus und der Modernisierung des Geländes am Königsbach das 72 Meter hohe Tankhochhaus mit einem Fassungsvermögen von 15 Millionen Litern gebaut. Dieses gehört nach Angaben der Brauerei zu den größten Europas.

Einer, der sich noch an die guten Zeiten der Koblenzer Brauerei am Königsbach erinnern kann, ist der langjährige Betriebsratsvorsitzende Gerd Rausch (69). Der gelernte Maler und Lackierer kam in den 1980er Jahren zur Brauerei. Damals haben laut Rausch noch mehr als 300 Frauen und Männer in der Brauerei gearbeitet: "Man hat gesagt: ,Hier hat man einen sicheren Arbeitsplatz, hier gehen wir in Rente!'"

Das Tankhochaus am Rhein im Jahr 2008 mit dem Schild der Königsbacher Brauerei
Königsbacher Brauerei am Rhein bei Koblenz im Jahr 2008.

Königsbacher Brauerei war beliebter Arbeitgeber

Wie Rausch berichtet, kamen die meisten Beschäftigten aus den Koblenzer Stadtteilen. Die Mitarbeitenden hätten sich alle gekannt und viele Menschen aus der Bevölkerung seien ebenfalls mit den Beschäftigten der Brauerei bekannt oder befreundet gewesen.

Man hat gesagt: ,Hier hat man einen sicheren Arbeitsplatz, hier gehen wir in Rente!'

Zu seiner Zeit seien die Kolleginnen und Kollegen sehr vertraut miteinander umgegangen, schwelgt Rausch in Erinnerungen. Mit Stolz hätten sich die Angestellten als "Königsbacher" bezeichnet. Nicht nur, weil sie gutes Geld verdient hätten, sondern auch wegen der guten Arbeitsbedingungen. Zum guten Miteinander habe auch die gute Werksküche beigetragen.

Freizeitaktivitäten schweißten Mitarbeiter zusammen

Oder die vielen Freizeitmöglichkeiten, wie etwa eine eigene Fußballmannschaft, die auf hohem Niveau (Landesliga) gekickt habe. Oder eine Eisstockmannschaft (Curling), die 1. Bundesliga spielte. Auch Skat wurde gekloppt: immer einen Tag vor dem Buß- und Bettag beim legendären Königsbacher Skatturnier. "Das hat zusammengeschweißt. Es war für jede Couleur etwas vorhanden", sagt Rausch.

Innenansicht Bierproduktion Koblenzer Brauerei
Die Brauerei von Innen zu ihren Produktionszeiten

Ab 1992 war die Königsbacher Brauerei ein Teil des Unternehmensverbundes der Karlsberg Brauerei. 2010 verkaufte dann der Verbund die Vertriebs- und Markenrechte der Biermarken "Königsbacher" und "Nette Edel-Pils" an die Bitburger Holding. Die Biere wurden dennoch weiter in der gewohnten Braustätte, welche zu Karlsberg gehörte, produziert.

2012 entsteht die Koblenzer Brauerei

Zwei Jahre später wurde die Braustätte am Königsbach von der Karlsberg Brauerei an lokale Unternehmer verkauft. Dies führte zu einer Neugründung der heute bekannten Koblenzer Brauerei. Seitdem gibt es die Marke "Koblenzer" und deren regional bekannten Getränke, wie zum Beispiel "Kellerbräu".

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2018 wurde das Brauereigelände von einem bayerischen Investor gekauft. Dieser plant unter dem Namen "Wohnen an der Königsbach" ein "pulsierendes neues Stadtviertel" zu schaffen. Neben einem Studentencampus, einem Technologiezentrum und attraktiven Wohnungen soll das Tankhochhaus zu einem Hotel umgestaltet werden.

Grafik: Die Gebäude der Koblenzer Brauerei haben über ihren Innenhof ein gewölbtes Glasdach.
Entwurf der Planungen für das alte Gelände der Koblenzer Brauerei

Im November 2023 meldete die Koblenzer Brauerei beim Amtsgericht in Koblenz Insolvenz an. Am 29. Januar gab der Insolvenzverwalter die Schließung der Brauerei bekannt, da kein neuer Investor gefunden werden konnte. Ein Grund dafür sei der immense Investitionsstau in der Brauerei gewesen. So seien vielen Anlagen in desolatem Zustand gewesen.

Koblenzer Brauerei hatte noch 40 Beschäftigte

Mehr als 1.500 Menschen haben nach Angaben der Koblenzer Brauerei in den besten Zeiten in der ehemaligen Königsbacher Brauerei gearbeitet. Zuletzt waren es immerhin noch rund 40 Beschäftigte, welche sich nun bei der Arbeitsagentur arbeitslos melden müssen.

Auch wenn das Ende der Brauerei nicht mehr überraschend kam, die Enttäuschung bei den Mitarbeitern war groß. Der langjährige Betriebsratsvorsitzende Gerd Rausch erklärte im SWR-Gespräch, er hätte sich gewünscht, dass die vielen verschiedenen Firmeninhaber sich mal vor die Arbeitenden gestellt hätten. Es habe nie jemand das gute Miteinander und die engagierte Belegschaft gelobt. Rausch ist sich sicher, dass der Niedergang der Brauerei viele Ursachen hat, "aber es lag und liegt nicht an der Belegschaft".

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Andreas Krisam