Der Felsbrocken ist vermutlich aus einer Höhe von 40 Metern den Hang hinabgestürzt und wiegt schätzungsweise zwischen sechs und acht Tonnen. Laut Ortsbürgermeisterin Marie-Theres Schmidt (parteilos) hat er einen Fangzaun übersprungen und bei seinem Aufprall auf dem Boden ein tiefes Loch hinterlassen. Erst an der Gartenmauer kam er zum Liegen. Kurz dahinter verläuft eine Straße.
Fels stürzt neben Wohnhaus in Garten
Schmidt zeigt sich nach dem Vorfall besorgt: "Wir hatten ja erst im September ein Starkregenereignis hier und als ich diesen Felsbrocken gesehen habe, war ich schon ziemlich erschrocken." Verletzt worden sei glücklicherweise niemand und auch der Schaden halte sich noch in Grenzen. "20 Meter weiter links hätte das ganz anders ausgesehen", sagt Schmidt mit dem Verweis auf das Wohnhaus, zu dem der Garten gehört.
Am Mittwoch wurde die Absturzstelle laut der Ortsbürgermeisterin begutachtet, unter anderem kam auch eine Drohne zum Einsatz. Wie das Landesamt für Geologie und Bergbau im Nachgang berichtet, wurden rund um den Abbruchbereich weitere größere Felsblöcke entdeckt, die absturzgefährdet sind.
Um zu verhindern, dass Felsen auf die Straße fallen, wurde demnach die Errichtung eines mobilen Steinschlag-Schutzzauns durch eine Fachfirma veranlasst. Außerdem haben die Geologen der Gemeinde empfohlen, einen neuen, stabileren Fangzaun aufzustellen, um die Sicherheit der Bürger dauerhaft zu gewährleisten. Kostenpunkt: rund eine viertel Million Euro.
Schneefall: Zahlreiche Bäume umgestürzt
Dabei ist der Felsbrocken nicht das einzige Sorgenkind der Ortsbürgermeisterin. Demnach seien auch rund 180 Bäume durch den Schnee umgefallen - unter anderem sei deshalb auch der Lahnhöhenweg derzeit gesperrt. Nicht zuletzt muss Balduinstein auch noch mit den Nachwirkungen der starken Regenfälle im September kämpfen: "Im Moment sind wir wirklich stark erschüttert von Naturereignissen", so Schmidt.
Video zeigt Wassermassen Unwetter an der Lahn: Straße in Balduinstein wird zum Fluss
In Balduinstein an der Lahn kämpfen die Anwohner weiter mit den Folgen des Unwetters. Videoaufnahmen von Anwohnern zeigen unterdessen, wie schnell die Wassermassen am Dienstagabend in dem Ort durch die Straßen strömten.
Bei dem Unwetter im September wurden große Teile von Balduinstein durch Schlammmassen verwüstet, Straßen wurden regelrecht zu Flüssen. Ein Haus ist laut Schmidt immer noch unbewohnbar. Tiefe Furchen im Hang - sogenannte Muren - zeigen, wo das Wasser sich seinen Weg nach unten gebahnt und Geröll und Äste mitgerissen hat. Was damit passieren soll, ist noch unklar.
Balduinstein kämpft mit Nachwirkungen von Unwetter
Kurz nach dem Starkregen habe es mehrere Begehungen mit Sachverständigen gegeben - drei Monate später sei aber immer noch nichts passiert. "Es müssen auf jeden Fall Konzepte erstellt werden, wie diese Muren verschlossen werden - und aus meiner Sicht ist das Sache des Landes", betont Schmidt.
Die Ortsbürgermeisterin fühlt sich nach eigenen Worten im Stich gelassen. "Wir sind eine Gemeinde mit 600 Einwohnern und haben keine großen Einnahmen, sodass solche Maßnahmen, die ins Sechsstellige gehen, für uns sehr schwer umsetzbar sind." Sie hofft deshalb auf Unterstützung bei der Bewältigung der Unwetter-Folgen.
Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord erklärte auf SWR-Anfrage, dass sie aktuell keine Maßnahmen am Hang plant. Demnach sei zunächst die Gemeinde am Zug, sich um die Außengebietsentwässerung zu kümmern. "Würde man zum jetzigen Zeitpunkt Verfüllungen vornehmen, könnten diese bei einem erneuten Starkregenereignis wieder ausgespült ...werden", heißt es von der SGD.
Maßnahmen zum Schutz vor Starkregen in Planung
Marie-Theres Schmidt kann nicht verstehen, warum nicht zumindest schon an Konzepten dafür gearbeitet wird. Die Gemeinde selbst sei schon aktiv geworden und habe eine Machbarkeitsstudie zur Außengebietsentwässerung in Auftrag gegeben. Ziel ist es, Maßnahmen zu finden, um zukünftigen Starkregen-Ereignissen besser zu begegnen. Je nach Lösung - zum Beispiel Flutgräben oder Heckenpflanzungen - hofft Schmidt darauf, dass diese bis zum nächsten Frühjahr umgesetzt werden können.
Wie lang es dann noch dauert, bis die Rillen im Schieferhang verschlossen werden, ist unklar. Das führt zu Frust: "Die Leute fragen mich, wann endlich was passiert und ich kann ihnen keine Antwort darauf geben." Zum Teil seien Bürger, die unterhalb der Muren leben, auch schon selbst aktiv geworden, um sich zu schützen. "Wenn du so eine Rinne hast, die auf deine Haustür zuläuft, dann wirst du nervös", so Schmidt.