Irischer Investor an der Tagesklinik in Oberwesel

Umstrittenes Medizinisches Versorgungszentrum in Oberwesel soll im Sommer eröffnen

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Autor/in
Constantin Pläcking
SWR-Reporter Constantin Pläcking aus dem Studio Koblenz.

Vor knapp einem Jahr kaufte die irische Praxiskette Centric Health die Loreley Tagesklinik in Oberwesel. Jetzt steht fest: Im Juli soll das umstrittene MVZ in Oberwesel eröffnen.

Der Kauf der Loreley Tagesklinik in Oberwesel durch die irische Praxiskette Centric Health ist nach wie vor umstritten. Einige Akteure vor Ort atmeten auf, da mittelfristig der Bestand der Klinik gesichert schien. Andere wiesen darauf hin: Centric Health hat in Rheinland-Pfalz weitere Pläne, als nur ein Krankenhaus zu betreiben. Die Klinik sei die Eintrittskarte in einen weit lukrativeren Markt: den der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ).

Krankenhausgesellschaft: Umstrittenes MVZ soll im Juli eröffnen

Der Geschäftsführer der kommunalen Krankenhausgesellschaft in Oberwesel hat gegenüber dem SWR jetzt angekündigt, dass Anfang Juli ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) der Centric Health in Oberwesel eröffnen soll. Es seien bereits drei Verträge mit Allgemeinmedizinern abgeschlossen worden, sagt Michael Brahm, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft. Inzwischen hat der irische Investor auch an anderen Standorten investiert. Centric Health hat bereits eine MVZ-Kette aus dem Kreis Bad Kreuznach gekauft.

Hinter Centric Health steht die Luxemburger Rothschild-Bank

Dass der irische Praxiskonzern Centric Health so liquide ist, dass er Krankenhäuser und Arztpraxen in Deutschland kaufen kann, das liegt an der Private-Equity-Gesellschaft Five Arrows, die zur Luxemburger Rothschild-Bank gehören.

Die Krankenhausgesellschaft in Oberwesel freut es: Die Investitionen seien nötig und Centric Health habe aller Erwartungen erfüllt, sagt Michael Brahm. Ohne Centric Health gebe es jetzt keine Klinik mehr in Oberwesel.

Michael Brahm ist der Geschäftsführer der kommunalen Krankenhausgesellschaft in Oberwesel.
Michael Brahm ist der Geschäftsführer der kommunalen Krankenhausgesellschaft in Oberwesel.

Hausärzte in Oberwesel kritisieren Verkauf weiterhin

Niedergelassene Hausärzte in Oberwesel kritisieren weiterhin, dass die Klinik an Centric Health verkauft wurde. Hausarzt Axel Strähnz befürchtet, dass die Versorgungsqualität in den Centric Health-MVZ leiden könnte, weil hinter Centric Health ein Private-Equity Investor mit einer Renditeerwartung stehe. Die Mehreinnahmen müssten irgendwo herkommen. "In einem pauschalen System kann ich nur mehr Geld verdienen, wenn ich mehr Pauschalen einnehme", so Strähnz. Oder es sei eben durch Zusatzleistungen (IGeL) möglich, die von der Krankenkasse nicht bezahlt werden, sondern privat vom Patienten.

Centric Health Deutschland weist das zurück. Für sie würden die gleichen Regeln, Abrechnungssystematiken und Vergütungsstruktur wie für alle anderen auch gelten. In Irland würde sich Centric Health seit 2003 im Hausarztbereich engagieren und die ärztliche Entscheidungsfreiheit sei auch dort zu 100% gewährleistet. Ihr Engagement sei außerdem auf Langfristigkeit ausgelegt.

Kassenärztliche Vereinigung sieht Geschäftsmodell kritisch

Auch die Kassenärztliche Vereinigung (KV-RLP) Rheinland-Pfalz sieht Vorgänge wie den Aufkauf von Praxen durch Centric Health kritisch. "Als KV schlagen bei uns zwei Herzen in einer Brust", sagt Dr. Andreas Bartels, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KV aus Mainz. Auf der einen Seite setze er sich für die gesundheitliche Versorgung ein – und diese erfüllten die Medizinischen Versorgungszentren. "Das Kapital ist da, es wird investiert – das ist erstmal gut."

Auf der anderen Seite laute die Prämisse der KV: "Die inhabergeführte Praxis ist das ,Non-Plus-Ultra'! Hier entstehen langfristige Bindungen." Bei MVZ mit externen Geldgebern sei zu befürchten, dass die Zentren nach fünf Jahren wieder verkauft werden, "und wir dann vor den gleichen Versorgungsproblemen stehen wie jetzt", so Bartels. Er fordert deswegen auch Bürokratieabbau und die Abschaffung der Bedarfsplanung.

Landrat Volker Boch will Inhabergeführte Praxen im Kreis halten

Dass etwas bei der Hausarztversorgung passieren muss, sagt auch die Politik. Im gesamten Rhein-Hunsrück-Kreis sei die medizinische Versorgung problematisch, so Landrat Volker Boch (parteilos). Und MVZ könnten auch helfen, diese zu sichern. Aber: "Mir wäre es schon lieber, wenn wir gar nicht die Sitaution hätten, dass wir über den Einstieg von Private Equity in den Gesundheitsmarkt reden müssten", so Boch.

Unser Ziel muss sein, dass die Zahl der normalen niedergelassenen Ärzte stabil bleibt.

Die Situation sei aber anders. "Unser Ziel muss sein, dass die Zahl der normalen niedergelassenen Ärzte stabil bleibt." Deswegen habe der Kreis auch mehrere Stipendien für Mediziner ausgeschrieben.

Centric Health betreibt in Rheinland-Pfalz bereits mehrere MVZ

Nach eigenen Angaben betreibt Centric Health bereits drei Hausarzt-MVZ im südlichen Rheinland-Pfalz, eine MVZ-Kette aus dem Kreis Bad Kreuznach wurde ebenso gekauft. Weitere sind in Planung, so Centric Health Deutschland. Beispielsweise in Bad Ems.

Wie viele und welche MVZ von Investoren betrieben werden, ist allerdings intransparent. Weder die Kassenärztliche Vereinigung noch das Landesgesundheitsministerium haben belastbaren Zahlen.

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