Affe im Käfig wegen Tierversuch

Forschung an künstlichem Tiergewebe

Wie die Hochschule Kaiserslautern Tierversuche unnötig machen will

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Autor/in
Helen Roth
Helen Roth

Tierversuche sind im medizinischen Bereich oft noch unverzichtbar. Forschende der Hochschule Kaiserslautern wollen das ändern. Dort soll künftig ein künstliches Darmgewebe wachsen.

Um biologisches Gewebe künstlich herstellen zu können, füllen die Forschenden der Hochschule Kaiserslautern ein Hydrogel, ein Gelatine-ähnliches Produkt, mit lebenden Zellen in einen kleinen Container. Dieser ist gerade mal wenige Millimeter groß.

Gewebe kommt von Mäusen

Dort sollen die Nerven- und Muskelzellen, die derzeit aus dem Darm von Mäusen gewonnen werden, zu neuem, funktionierenden Gewebe zusammenwachsen. "Gelingen tut uns das, indem wir mit einer eigens entwickelten Apparatur mit elektrischen und magnetischen Feldern das Wachstum und die Ausrichtung der Zellen steuern", erklärt Sven Urschel, Professor für Elektrotechnische Systeme der Mechatronik an der Hochschule Kaiserslautern.

Doktorand Wei Zhang und Prof. Dr.-Ing. Sven Urschel forschen an der Hochschule Kaiserslautern an der Züchtung von künstlichem Tiergewebe.
Doktorand Wei Zhang und Prof. Dr.-Ing. Sven Urschel forschen an der Hochschule Kaiserslautern an der Züchtung von künstlichem Tiergewebe.

Das künstliche Gewebe wächst durch einen sogenannten "Aktor"

Die Kaiserslauterer Arbeitsgruppe "Elektrische Systeme der Mechatronik" hat hierzu einen sogenannten "Aktor" entwickelt. Unter dem Begriff versteht man ein Gerät, das elektrische Signale in mechanische Bewegungen umwandelt, erklärt Urschel. Vereinfacht gesprochen sei es so, dass die Muskel- und Nervenzellen durch die mechanische Bewegung gereizt werden und damit wachsen.

Hinter der womöglich bahnbrechenden Forschung steht ein Projekt, in dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Bereichen Biologie, Medizin und dem Ingenieurwesen zusammen arbeiten. Insgesamt sind damit neun Arbeitsgruppen an dem interdisziplinären Projekt beteiligt.

Aktor: ein Gerät, das Nerven- und Muskelzellen zum Wachsen motiviert
Mit Hilfe eines sogenannten Aktors, den die Forschungsgruppe der Hochschule Kaiserslautern entwickelt hat, solchen die Nerven- und Muskelzellen in der richtigen Form wachsen.

Hochschule Kaiserslautern braucht noch zehn Jahre

Gefördert wird das Projekt von der Carl-Zeiss-Stiftung, sagt Sven Urschel. "Wir stehen noch am Anfang unserer Forschung", erklärt Urschel. "Aber langfristig soll das im Labor gezüchtete Gewebe für Medikamententests eingesetzt werden und damit Tierversuche stoppen." Bis es so weit ist, wird es noch gut zehn Jahre dauern, schätzt der Wissenschaftler.

Bald auch Transplantation mit Gewebe aus Kaiserslautern?

Insgesamt eine Millionen Euro hat die Stiftung über drei Jahre hinweg bereitgestellt. Zum Ende des Jahres läuft das Projekt aus. Urschel ist jedoch optimistisch, dass weiterhin Gelder für das Forschungsprojekt zu künstlichen Tiergewebe fließen werden. "Wir haben noch viele Ideen", sagt der Wissenschaftler. "Unsere Forschung könnte nicht nur Tierversuche stoppen, in der Zukunft könnte auch Darmgewebe produziert werden, das transplantiert werden kann."

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