Dr. Stefan Kniele vom Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern gibt Tipps, um gesund durch die Hitze zu kommen.

Knapp 40 Grad auch im Westen der Pfalz

Arzt warnt vor Hitzewelle: "Die Hitze kann lebensgefährlich sein"

Stand
INTERVIEW
Michelle Habermehl

Bis zu 40°C erwarten Wetterexperten in den nächsten Tagen in der Pfalz. Internist und Lungenfacharzt Stefan Kniele vom Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern gibt Tipps, um die Hitzewelle gut zu überstehen.

SWR Aktuell: Herr Dr. Kniele, erstmal ganz allgemein gefragt: Was macht die Hitze mit unserem Körper?

Stefan Kniele: Da gibt es natürlich verschiedene Typen. Der eine liebt die Hitze, der andere mag sie eher nicht. Das Problematische ist dann eben, dass die zunehmenden Temperaturen Auswirkungen auf unser Herz-Kreislauf-System haben. Wir wissen, dass sich die Blutgefäße unter der Wärme erweitern. Dazu kommt das Problem, dass auch der Blutdruck sinken kann. Wenn dann noch jemand entsprechende Vorerkrankungen hat, wie einen hohen Blutdruck und derjenige Medikamente einnimmt, dann kann sich so eine Absenkung des Blutdrucks schon relativ dramatisch auswirken.

Dann haben wir natürlich auch das Problem, wenn es um die Haut geht: Da wollen wir natürlich Sonnenbrände und Erwärmungen verhindern. Das kann aber zu einem Sonnenstich oder einem Hitzeschock führen, wenn man nicht aufpasst und da ist eben durchaus Lebensgefahr möglich.

"Wenn Sie zu wenig trinken, steigt die Niere aus."

SWR Aktuell: Welche Tipps haben Sie, um die Hitze gut zu überstehen?

Kniele: Das Beste ist natürlich, man meidet die Hitze. Das bedeutet, man sollte sich nicht einer direkten Sonneneinstrahlung aussetzen. Man kann auch zu Hause gute Vorkehrungen treffen. Eine gute Lüftungsstrategie, wenn Sie keine Klimaanlage haben, ist Gold wert. Also morgens früh, so früh, wie es eben geht, mal durchlüften und danach die Wohnung letztendlich abschotten. Sprich: Fenster schließen und abdunkeln soweit es möglich ist, um dann abends wieder, wenn es kühler wird, das Ganze zu wiederholen.

Andere Möglichkeiten: Wir fangen mal mit der Kleidung an, wir fangen mal damit an, was wir trinken und welche Menge. Nicht eiskalt trinken und auch nicht eiskalt duschen, weil dann der Körper eben gegenregulieren muss.

SWR Aktuell: Manche sagen ja, man soll so viel wie möglich trinken, aber zu viel trinken kann auch Nachteile haben, oder?

Kniele: Da sprechen Sie natürlich jetzt den Internisten und Mediziner an. Wir kennen die Patienten, die zu wenig trinken. Deren Niere droht dann sozusagen auszusteigen. Und dann haben wir die Patienten auf der anderen Seite, die eine Herzschwäche haben. Da sollte man auch nicht zu viel trinken. Und bei normaler Temperatur empfehlen wir eine Trinkmenge manchmal sogar nur von einem Liter, um eben eine Herzschwäche nicht zu verstärken.

Also ich glaube, nur eine kurze Rücksprache mit dem Hausarzt kann dazu dienen, dass man so die richtige Trinkmenge eigentlich genannt bekommt. Zwei bis drei Liter ist die Empfehlung für den Herzgesunden und für den Nierengesunden. Daran kann man sich ungefähr orientieren.

"Wir haben jedes Jahr mehr Hitzetote in Deutschland."

SWR Aktuell: Sie sind auch Schlafmediziner. Was können wir für einen besseren Schlaf bei Hitze tun?

Kniele: Normalerweise ist die Regel, dass der Schlafraum zwischen 16 und 20 Grad haben sollte. Das ist natürlich überhaupt gar nicht erreichbar bisweilen, sodass auch da gilt: Morgens ganz früh durchlüften, abends nochmal spät. Unter Umständen auch mal ein feuchtes Handtuch auf die Heizung legen, weil die Verdunstung dazu führt, dass Kälte entsteht.

Machbar, aber nicht von vielen gewünscht, ist natürlich das Bewegen von Luft. Also wir sprechen da von Ventilatoren, die natürlich den Raum nicht abkühlen, aber zumindest das Gefühl geben, dass die Außenhaut letztendlich etwas abkühlt. Das kann lindernd sein. Das kann die Lebensqualität steigern und die Schlafqualität natürlich verbessern. Was man vermeiden sollte, das betrifft die Nacht, so auch den Tag, sind natürlich alkoholische Getränke oder anregende Getränke, wie verschiedene Tees oder Kaffee.

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SWR Aktuell: Sie haben vorhin schon die Möglichkeit angesprochen, dass man, wenn vorhanden, Räume mit einer Klimaanlage kühlen kann. Die gelten ja auch als umstritten. Manche sagen, die können den Hals oder auch die Lunge schädigen. Wie stehen Sie zu dem Thema?

Kniele: Ein schwieriges Thema. Im Auto möchte keiner mehr auf seine Klimaanlage verzichten. Es gibt Länder, die schon länger Hitze ausgesetzt sind. Dort haben die Menschen grundsätzlich Klimaanlagen im Haus. Auch da ist keine erhöhte Rate von Erkältungskrankheiten zu verzeichnen. Es ist die Frage, wie man es gesundheitlich aushält und das ist schon ein gewisser Luxus. Ich glaube zumindest, dass die Menschen, die sich eine angeschafft haben, damit sehr zufrieden sind. Wenn Sie im Urlaub sind in warmen, südlichen Länder, sind Klimaanlagen auch in den Hotels einfach regelmäßig dabei. Ventilatoren können helfen, aber kühlen, wie gesagt, den Raum nicht in der Art ab, dass man das irgendwie spüren würde. Der Trend wird in Richtung Klimaanlage gehen. Also ich bin grundsätzlich nicht gegen Klimaanlagen, wenn es gut tut, wenn die Lebensqualität dadurch gesteigert wird.

SWR Aktuell: Wenn es heiß ist und ich merke, dass es mir nicht gut geht: Ab wann sollte ich den Arzt rufen?

Kniele: Also wenn wir von Sonnenstich sprächen, ist das für einen alten Patienten eigentlich schon ein Grund, den Hausarzt aufzusuchen, respektive ihn zu kontaktieren oder eben auch den Rettungsdienst. Das kann man aus der Ferne nicht immer so diagnostizieren. Symptome wie auftretende Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Verwirrtheit beispielsweise oder Benommenheit sind ein Grund, auch für die Angehörigen, dann eben auch mal zum Telefonhörer zu greifen und den Rettungsdienst zu informieren. Denn das einzige, was in dem Falle hilft, ist eben eine Abkühlung letztendlich und eine Infusionstherapie, falls ein Flüssigkeitsmangel vorliegt. Und das sind wirklich lebenswichtige Maßnahmen, die nicht zu unterschätzen sind.

Wir haben jedes Jahr und zunehmend eben auch Hitzetote in Deutschland. Und das bekommt man im Allgemeinen gar nicht so richtig mit, gerade in der älter werdenden Gesellschaft mit Einzelhaushalten läuft man da wirklich Gefahr, ganz schnell in so eine Situation zu kommen.

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