Tag für Tag, 30 Jahre lang, haben sich die Gefängnistüren hinter Ludwig Schmidt geschlossen. Jeder Blick aus dem Fenster ging an Gitterstäben vorbei. Und doch hat sich der langjährige Anstaltsarzt niemals eingesperrt gefühlt, wie er sagt.
Nie Angst gehabt, im Knast in Zweibrücken zu arbeiten
Schmidt fühlte sich, wie er selbst sagt, nie unsicher oder hatte gar Angst während seiner Arbeit als Arzt in der JVA. Die Sicherheitsvorkehrungen in einer solchen Anstalt seien viel höher als draußen, in normalen Arztpraxen. Bevor die Patienten überhaupt zu ihm gelassen worden sind, seien sie überprüft worden. Und zudem sei er nie alleine mit ihnen gewesen. Er ist stolz darauf, dass er seinen Arbeitsbereich so gestalten konnte, dass er sich nicht von einer normalen Arztpraxis unterschied. Auch sei die medizinische Versorgung drinnen genauso gut wie draußen, vielleicht sogar manchmal etwas besser.
Bewusst dafür entschieden, als Arzt im Gefängnis zu arbeiten
Auch die Entscheidung damals, die Arztstelle in der JVA anzutreten, ist Schmidt nicht schwer gefallen, wie er erzählt. Nach seiner Facharztausbildung habe er sich aus persönlichen und praktischen Gründen dafür entschieden.
Doch trotz der Vorteile sei die Arbeit als Arzt in einem Gefängnis nicht für jeden geeignet. Charakterlich sollte man laut Schmidt nicht der ängstliche, dünnhäutige Typ sein, sonst sei man in einer Justizvollzugsanstalt falsch aufgehoben. Auch sollte man sich für die unterschiedlichsten Charaktere und Geschichten interessieren und ohne Vorurteile alle Menschen gleich behandeln können. Das habe auch Schmidt in seiner langen Zeit als Anstaltsarzt gelernt.
Viele persönliche Schicksale beschäftigen den Arzt bis heute
Die Arbeit mit Gefängnisinsassen sei anders als mit normalen Patienten draußen, erklärt Schmidt. Der größte Unterschied bestehe darin, dass sich die Insassen ihren Arzt nicht frei auswählen können. Im Laufe seines Arbeitslebens hat Ludwig Schmidt viele Menschen kommen und gehen sehen. Dabei sind Schicksale und Geschichten geblieben, die ihn bis heute beschäftigen. Wie das einer jungen Frau aus dem Sinti- und Roma-Milieu.
Die junge Frau war bereits im Alter von 16 Jahren schon mehrfach wegen Diebstahls verurteilt und im Gefängnis gewesen, erzählt Ludwig Schmidt. Irgendwann habe sie Vertrauen zu ihrem Arzt aufgebaut und ihm ihre Geschichte anvertraut. Sie erzählte Schmidt, dass sie ab einem Alter von neun Jahren jeden Tag Diebesgut in einer bestimmten Höhe mit nach Hause bringen musste. Schaffte sie es nicht, sei sie mit dem Schürhaken verprügelt worden. Diese Geschichte ist dem Arzt bis heute im Gedächtnis geblieben. Durch solche Schicksale hat der Arzt gelernt, sich besser in seine Patienten einfühlen zu können.
Kein Unterschied, ob Patient Geistlicher oder Straftäter ist
Ludwig Schmidt hat eigenen Angaben nach nie einen Unterschied zwischen seinen Patienten gemacht, unabhängig davon, was sie verbrochen hatten.
Er heiße nicht gut, was die Inhaftierten getan haben. Als Arzt spiele das aber für ihn keine Rolle.
"Man muss einsehen, dass man nicht alle retten kann."
Ludwig Schmidt habe gelernt, dass man als Gefängnisarzt nicht alle Probleme lösen und jedem Insassen dauerhaft helfen könne. Aber 30 Jahre lang habe er versucht, wie er sagt, den Menschen zu helfen sich wieder einzugliedern in die Gesellschaft und sie unterstützt, um nicht mehr rückfällig zu werden. Kein einfacher Job, aber für ihn sei es der Richtige gewesen.