Die Wahl von Helge Schwab ist durchaus eine Überraschung. Der 52-Jährige aus dem Kreis Kusel trat bisher eher selten in den Vordergrund. Er war bislang stellvertretender Fraktionschef. Einer seiner Schwerpunkte ist die Bildungspolitik. Schwab erklärte, es habe keine Kampfkandidatur gegeben. Er sei in der Fraktionssitzung am Freitagmorgen für das Amt des Vorsitzenden vorgeschlagen worden.
Demnach war Stephan Wefelscheid zuvor mit seiner Kandidatur für das Amt bei der Wahl gescheitert. Der bisherige parlamentarische Geschäftsführer galt als Favorit für den Posten des Fraktionschefs. Wefelscheid ist auch Landesvorsitzender der Freien Wähler.
Schwab gibt eine Regierungsbeteiligung als Ziel aus
Schwab bestritt jedoch, dass die Fraktion zerstritten sei. Die Fraktionsmitglieder hätten die ganze Zeit als Team zusammengearbeitet. Er gehe davon aus, dass das auch so bleiben werde. Seine Motivation für das Amt des Vorsitzenden sei, "der Wiedereinzug in den Landtag 2026. Und wir streben eine Regierungsbeteiligung an", so Schwab. Seinen Führungsstil bezeichnete der ehemalige Bundeswehroffizier als kooperativ.
Wefelscheid zeigt sich enttäuscht über Wahl-Niederlage
Wefelscheid zeigte sich nach der Wahl enttäuscht. Er glaube, dass er sowohl als Parteivorsitzender als auch als Obmann im Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe keinen schlechten Job gemacht habe, sagte er dem SWR: "Insofern glaube ich schon, ich hätte es verdient gehabt, die Fraktion zu übernehmen. Die Fraktion hat das anders gesehen."
Er gehe nicht davon aus, dass die Wahl-Niederlage Einfluss auf die Partei und seinen Status als Landesparteivorsitzender der Freien Wähler habe, so Wefelscheid. Zur Wahl für das Amt des parlamentarischen Geschäftsführers trat er nicht erneut an. Den Posten übernimmt nun die Abgeordnete Lisa-Marie Jeckel.
Kritik an Wefelscheid aus Partei und Fraktion
Landeschef Wefelscheid war bekannt geworden als Obmann im Flut-Untersuchungsausschuss. Zuletzt gab es jedoch Kritik aus den Reihen der anderen Abgeordneten an seinem Umgangsstil innerhalb der Fraktion.
Schon beim Bundesparteitag der Freien Wähler in Bitburg im Februar hatten vier Fraktionsmitglieder gegen einen Antrag von Wefelscheid zur Abgrenzung von der AfD gestimmt, darunter auch Schwab und Jeckel. Der Antrag wurde aber mit großer Mehrheit von den Mitgliedern der Freien Wähler unterstützt.
Zerwürfnis in RLP-Landtagsfraktion? Kooperationsverbot beschlossen: Freie Wähler grenzen sich von AfD ab
Die Freien Wähler haben auf ihrem Bundesparteitag in Bitburg beschlossen, dass es keine Kooperationen mit der AfD geben darf. Gegenstimmen kamen überraschend von Mitgliedern der rheinland-pfälzischen Landtagsfraktion.
Aber auch in der Partei gab es offenbar Widerstand gegen die Kandidatur von Wefelscheid als Fraktionschef. Teile der Partei wollten wohl lieber, dass Streit bleibt. Die Freien Wähler in der Vulkaneifel zum Beispiel hatten in einer Pressemitteilung öffentlich gefordert, dass Streit seinen Fraktionsvorsitz beibehalten soll - neben seinem Mandat im Europaparlament.
Freie Wählergruppen soll durch Schwab gewonnen werden
Der scheidende Fraktionschef Joachim Streit befürwortet, dass Landes- und Fraktionsvorsitz getrennt bleiben und nun ein Pfälzer einen Spitzenposten bei den Freien Wählern übernimmt. Bisher sei hier der Norden des Landes stärker vertreten. Als Chef des Landesverbands Freier Wählergruppen (FWG) könne Helge Schwab das "Scharnier bilden", um mehr dieser Gruppen in die Partei der Freien Wähler zu integrieren.
Streit stärkte auch Stephan Wefelscheid den Rücken. Der Landesvorsitzende sei "die Zukunft der Partei".
Streit gibt sein Landtagsmandat ab
Wegen seines Wechsels ins Europaparlament legt Streit Mitte Juli sein Mandat als Abgeordneter des rheinland-pfälzischen Parlaments nieder. Als erster Nachrücker gilt Bernhard Alscher, der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Birkenfeld. Er wird nun angefragt, ob er das freiwerdende Landtagsmandat annimmt. Streit bleibt bis zum Ausscheiden aus dem Landtag im Amt.