Eine Akte zum Untersuchungsausschuss Flutkatastrophe. Alle Erkenntnisse aus dem Ausschuss sind nun in einem bericht zusammengetragen, der online für jeden einsehbar ist.

Beweise, Erkenntnisse, Stellungnahmen

U-Ausschuss zur Flutkatastrophe - Bericht ab Freitag für jeden online verfügbar

Stand

Rund 2.100 Seiten dick ist der Abschlussbericht des U-Ausschusses zur Flutkatastrophe. Am Freitag wird er nun veröffentlicht. Bei einem Mann ist der Bericht schon fest zur Lektüre eingeplant.

Der Untersuchungsausschuss hatte am 11. Juli seinen Abschlussbericht beschlossen und damit einen Schlusspunkt unter seine Arbeit gesetzt. Nun wird das rund 2.100 Seiten dicke Papier der breiten Öffentlichkeit in elektronischer Form zur Verfügung gestellt. Laut Ankündigung der Landtagsverwaltung soll der Bericht am morgigen Freitag gegen 8 Uhr online gestellt werden. Dann finden Sie hier auch den entsprechenden Link. Ein Zugang ist auch möglich über das Offene Parlamentarische Auskunftssystem des Landtags (OPAL).

Das enthält der Abschlussbericht

In dem Papier ist zusammengefasst, was in dem gesamten Verfahren zusammengetragen wurde. Es geht um die gesammelten Beweise, deren Würdigung sowie die Ergebnisse der Untersuchung zu den Ereignissen in und nach der Flutnacht im Juli 2021. Damals kamen im Ahrtal mindestens 135 Menschen ums Leben und das Wasser zerstörte hunderte Gebäude und viel Infrastruktur.

Der Ausschuss hat 294 Stunden lang getagt, manchmal bis zu 16 Stunden an einem Stück. Es wurden 226 Zeugen vernommen und 23 Sachverständige angehört, manche mehrfach - immer mit dem Ziel herauszufinden, welche Versäumnisse es bei der Flutkatastrophe im Juli 2021 gab und wer dafür verantwortlich ist.

Der Bericht enthält daneben auch eine gemeinsame Stellungnahme der Ampelfraktionen sowie drei so genannte Sondervoten der Oppositionsfraktionen CDU, Freie Wähler (FW) und AfD. Darin gewichten die Fraktionen Beweise und Erkenntnisse und ziehen ihre Schlüsse daraus.

Inhaltlich dürfte der Abschlussbericht keine Überraschungen enthalten, da er in erster Linie die bereits bekannten Erkenntnisse aus den Ausschusssitzungen abbildet. Auch die Rücktrittsforderungen der Opposition sind bekannt. Spannend wird sein, wie unterschiedlich Ampelfraktionen und Opposition bestimmte Erkenntnisse und Aussagen werten.

Die Stellungnahmen von CDU, Freien Wählern und AfD

Zwei Politiker haben im Zuge der politischen Aufarbeitung der Flutkatastrophe ihren Hut bereits nehmen müssen: Die frühere RLP-Umweltministerin und spätere Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) sowie der damalige Innenminister Roger Lewentz von der SPD.

Die Oppositionsfraktionen fordern nach wie vor zwei Rücktritte: Zum einen von Umweltstaatssekretär Erwin Manz (Grüne), zum anderen von Thomas Linnertz, Präsident der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD). Es ist zu erwarten, dass sie dieser Forderung in ihren Sondervoten Nachdruck verleihen werden.

Stephan Wefelscheid (FW) begründete die Rücktrittsforderung nach Beschluss des Abschlussberichtes Mitte Juli so: Umweltsstaatssekretär Manz habe es nicht geschafft, dass die Pegelprognosen und Warnungen die Menschen auch erreichten. Linnertz wiederum habe bis zum Schluss nicht erkannt, dass er die Einsatzleitung innegehabt habe.

Zeugenaussagen im U-Ausschuss Polizeikräfte kommunizierten schon am Abend katastrophale Lage im Ahrtal klar und deutlich

Am Flutabend hat eine Hubschrauberbesatzung das Lagezentrum des Innenministeriums über die dramatische Situation im Ahrtal informiert. Das berichteten der Pilot und der Flugtechniker im Untersuchungsausschuss des Landtags.

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Ob CDU, AfD und FW mit ihrer Forderung bei der Landesregierung unter dem neuen Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer (SPD) nun durchdringen, ist offen.

Die Stellungnahme der Ampelkoalition

Im SWR-Sommerinterview danach gefragt, sagte Schweitzer: "Die Forderung aus Reihen der Abgeordneten bezieht sich sehr stark auf den Untersuchungsbericht, der ist aber noch gar nicht bekannt. Ich kenne ihn nicht, der ist erst beschlossen worden." Und weiter: "Ich habe mir vorgenommen, den Bericht erst einmal zu lesen."

Schon während des Ausschusses sah die Ampel die entscheidenden Versäumnisse beim damaligen Landrat Jürgen Pföhler von der CDU, Rücktrittsforderungen gegen Manz und Linnertz erteilte sie eine Absage.

Es ist zu erwarten, dass auch die Regierungsfraktionen in ihrer Stellungnahme bei dieser Linie bleiben werden - so wie die Opposition wie schon im laufenden Verfahren auch der Landesregierung Versagen vorwerfen wird. Ob am Ende aber der neue Ministerpräsident Schweitzer nicht vielleicht doch zu einer anderen Beurteilung der Verantwortung von Manz und Linnertz kommt, wird sich zeigen, wenn der das umfangreiche Werk gelesen hat.

2.100 Seiten - und wer liest das noch?

Der Bericht ist ab Freitag jedem zugänglich und in der ersten Landtagssitzung nach der Sommerpause soll er diskutiert werden. Die findet am 18./19. September statt, bis dahin sollten die Abgeordneten also genug Zeit haben, sich gründlich einzulesen.

Darüber hinaus warten viele Bürger und Bürgerinnen im Ahrtal gespannt auf diesen Bericht - genauso wie ihre gewählten Vertreter. Die Landrätin des Kreises Ahrweiler, Cornelia Weigand (parteilos), erklärte, sie erwarte vom Bericht neue Erkenntnisse über die Ereignisse und Abläufe in der Katastrophennacht. Der Erste Beigeordnete der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, Peter Diewald (CDU), hofft, dass man mit Hilfe des Berichts zum einen versteht, was damals passierte und dass man zum anderen Lehren für die Zukunft aus dem Material zieht. "Das würde dann sicher auch bei der Verarbeitung der Ereignisse helfen. Inwieweit dies aber gelingt und sich nun noch neue Erkenntnisse im Abschlussbericht befinden, wird man erst nach dessen Sichtung sagen können", so Diewald in einer Stellungnahme.

So sehen die Menschen im Ahrtal die Verantwortlichkeiten

In einer SWR-Umfrage Anfang Juli zeigte sich, dass die Befragten die Verantwortung für mögliche Versäumnisse hauptsächlich bei der Landesregierung sehen - 39 Prozent der Befragten äußerten sich entsprechend. Mit 31 Prozent gaben die Befragten an, die Landkreise in der Verantwortung zu sehen. Allerdings: Im Landkreis Ahrweiler verorten die Menschen die Verantwortung stärker auf der regionalen Ebene: Fast jeder Zweite (48 Prozent) meint, dass insbesondere die Kreisverwaltung für Versäumnisse verantwortlich sei.

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