Eine Frau hält Euro-Scheine neben einer Gasflamme auf einem Küchenherd

FAQ zum jüngsten Entlastungsvorschlag

Einmalzahlung und Gaspreisbremse - Das sollten Sie wissen

Stand

Hohe Gaspreise setzen vielen Haushalten und Firmen zu. Eine Expertenkommission der Regierung hat jetzt vorgeschlagen, Gaskunden in zwei Schritten zu entlasten.

Doch was genau wurde in dem Bericht der Experten-Kommission vorgeschlagen? Was bedeutet das für mich als Verbraucher? Und wo sind die Haken? Wir klären auf.

Was sind Kernpunkte des Vorschlags? 

Die dramatisch gestiegenen Preise für Erdgas drohten in erheblichem Ausmaß die finanzielle Leistungsfähigkeit privater Haushalte und Unternehmen zu überfordern, heißt es in dem Bericht der Kommission mit Vertretern aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft.

Um private Gaskunden und kleine Firmen schnell zu entlasten, sollen sie im Dezember eine Einmalzahlung erhalten. Ab März soll es dann eine Preisbremse für private Haushalte und kleine Unternehmen geben. Zugleich aber sollen Sparanreize erhalten bleiben.

Was ist die Einmalzahlung im Dezember? 

Private Haushalte sollen als Gaskunden im Dezember eine Einmalzahlung bekommen - und zwar auf Basis des Verbrauchs. Zugrunde gelegt wird die Abschlagszahlung aus September 2022. "Diese Einmalzahlung dient als finanzielle Brücke bis zur regulären Einführung der Gaspreisbremse", steht im Bericht.

Wie komme ich als Gas-Kunde im Dezember an diese Einmalzahlung?

Das ist noch nicht so ganz klar, sagt Sabrina Fritz von der SWR-Wirtschaftsredaktion. Wenn ich direkt einen Gasvertrag habe, sollte der Gasanbieter im Dezember einfach kein Geld einziehen. Komplizierter ist es, wenn ich die Abschläge an den Vermieter zahle oder als Eigentümer per Hausgeld an die Hausverwaltung. Wie dann der Monat rausgerechnet werden soll, sei noch unklar.

Warum wurde der September als Referenzmonat gewählt?

Man habe bewusst einen Bezugspunkt in der Vergangenheit gewählt, damit Verbraucher ihren Konsum nun nicht hochtreiben, um mehr Unterstützung zu erhalten, erklärte dazu die "Wirtschaftsweise" und Co-Vorsitzende der Kommission, Veronika Grimm. 

Gibt es Ausnahmen vom September als Referenzmonat?

Was ist, wenn ich im September noch gar nicht geheizt habe oder im Urlaub war? Kann ich einen anderen Monat als Referenzmonat angeben? In dem Bericht der Kommission ist der September 2022 als Grundlage für die Abschlagzahlung angegeben. Ausnahmen sind in dem Bericht nicht definiert. Nach wie vor ist ja offen, ob die Bundesregierung den Vorschlag eins zu eins auch so übernimmt.

Wie rechnet sich das etwa auf ein Einfamilienhaus um?

Nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox liegt die durchschnittliche Abschlagszahlung für ein Einfamilienhaus derzeit bei rund 342 Euro. Übernehme der Staat eine Rate, würden die jährlichen Kosten von 4.108 Euro auf 3.766 Euro sinken, was einer Entlastung von rund 8 Prozent entspreche.

Warum gibt es keine Entlastungen für andere Energieträger wie Öl oder Holz?

Die einfache Antwort ist, dass Öl- und Holzpreise nicht so stark gestiegen sind wie Gas, sagt Sabrina Fritz von der SWR-Wirtschaftsredaktion. Clemens Fuest, Präsident des Münchner Ifo-Instituts, sagt dazu: "Der Anstieg der Gaspreise ist höher als bei Öl. Menschen mit einer Ölheizung bekommen nichts, das ist eine politische Entscheidung. Obwohl das oft Menschen mit weniger Geld sind. Vielleicht wird es nochmal ein Energiegeld für alle geben. Jetzt betrifft es erstmal die Hälfte der Haushalte."

Wie soll dann die Preisbremse für private Verbraucher im März aussehen? 

In einem zweiten Schritt soll ab Anfang März 2023 bis mindestens Ende April 2024 eine Gaspreisbremse greifen. Konkret soll es ein Grundkontingent von 12 Cent pro Kilowattstunde geben - und zwar für 80 Prozent des Verbrauchs, der der Abschlagszahlung aus dem September 2022 zugrunde gelegt wurde. Oberhalb dieses Kontingents sollen Marktpreise gelten - es könnte also für diesen Rest je nach Vertrag sehr teuer werden.

Laut Verivox würden bei einer Deckelung des Basisverbrauchs auf 80 Prozent bei einer Familie mit einem Gasverbrauch von 20.000 Kilowattstunden die Kosten um 33 Prozent sinken.

Was ist, wenn ich Fernwärme beziehe?

Für Fernwärmekunden soll eine Wärmepreisbremse kommen. Analog zum Gaspreis soll es hier einen garantierten Bruttopreis von 9,5 Cent pro Kilowattstunde Fernwärme geben, wiederum für ein Grundkontingent von 80 Prozent des Verbrauchs.

Warum ist die Entlastung nicht höher?

Die kompletten Preissteigerungen der letzten Monate sollen und können nicht abgefedert werden, macht die Kommission klar. Die Großhandelspreise beim Gas seien immens gestiegen. Eine Kilowattstunde Gas kostet laut Kommissionsbericht im Mittel derzeit 28,3 Cent für Neukunden - vor einem Jahr waren es 6,8 Cent.

Industriepräsident Siegfried Russwurm als Co-Vorsitzender sprach in diesem Zusammenhang von einem "new normal". Dieses werde deutlich über dem Preisniveau vor dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, aber auch deutlich unter den aktuellen Preisen liegen.

Klares Ziel: Es soll weiter Anreize zum Sparen gegeben werden. Wer im Winter weniger heizt, zahlt weniger. Die Kommission hält es für erforderlich, dass in Deutschland mindestens 20 Prozent Gas eingespart wird. 

"Prinzip Gießkanne": Ist das Entlastungs-Modell gerecht?

Der Mieterbund kommentierte, das geplante Grundkontingent werde Mieterhaushalte spürbar entlasten. Dass die Deckelung aus organisatorischen Gründen erst ab März 2023 greifen könne, sei aber ein Wermutstropfen.

Die Vorschläge stießen auf Kritik, vor allem weil sie nach dem "Prinzip Gießkanne". funktionierten. Kommissionsmitglied und ver.di-Chef Frank Werneke kritisierte, das vorgeschlagene Modell der Gasreisbremse sei nicht ausreichend sozial ausbalanciert. "Durch das Modell wird eine Zwei-Zimmer-Wohnung genauso behandelt wie eine Villa mit Pool."

Auch in Rheinland-Pfalz fallen die Reaktionen unterschiedlich aus:

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Die Kommission hält dagegen: Es sei angestrebt worden, das Instrument nach finanzieller Stärke auszugestalten. Das gehe aber nicht. Die Versorger wüssten nicht, ob hinter einem Anschluss eine Villa oder ein Mehrfamilienhaus sei.

Zudem habe man unter großem zeitlichen Druck gearbeitet, heißt es in der Kommission "Wenn wir schnell sein wollten, mussten wir jetzt Gießkanne anwenden", sagte der Co-Vorsitzende Michael Vassiliadis, Chef der Energiegewerkschaft IG BCE.

Was ist für die Industrie geplant? 

Auch für die Industrie gilt: Entlasten und zugleich weiterhin Sparanreize setzen. Die Gaspreisbremse für Industrieverbraucher soll zum 1. Januar in Kraft treten. Das subventionierte Kontingent solle 70 Prozent des Verbrauches des Jahres 2021 betragen - und zwar zu einem Beschaffungspreis von 7 Cent pro Kilowattstunde.

Dazu kommen unter anderem noch Abgaben, Umlagen und Steuern, so dass am Ende wie bei den privaten Haushalten ein Endkundenpreis von 12 Cent erreicht werden soll. Eine Mengen-Obergrenze soll es nicht geben.

Für wen soll es Härtefall-Regelungen geben? 

Von Anfang Januar bis Ende Februar soll es Hilfsfonds zum Schutz von Mietern und Eigentümern geben, wie die Kommission schreibt. Zum einen soll es eine zinslose Liquiditätshilfe für die Vermieter und Wohnungsunternehmen geben, die für ihre Mieter bei extremen Preissteigerungen für Gas und Fernwärme in Vorleistung gehen wollen - sowie zum anderen für Mieter, die trotz der Entlastungen durch die steigenden Kosten weiterhin finanziell stark überfordert sind. 

Der Hilfsfonds soll auch gelten für Mieter und Eigentümer, die schon länger von Preissteigerungen betroffen sind. Diese Hilfen sollen so lange bestehen, bis die von der Bundesregierung geplante Ausweitung des Wohngelds wirkt. Einen Hilfsfonds schlägt die Kommission auch für soziale Dienstleister wie Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen vor. 

Auch für die Industrie sind Härtefall-Regelungen im Bericht der Kommission vorgesehen, genannt werden Liquiditätshilfen, Bürgschaften, Zuschüsse und Kredite. 

Wie geht es jetzt weiter?

Nun ist die Bundesregierung dran. Offen ist, ob sie den Vorschlag eins zu eins übernehmen wird. Auch die EU-Kommission dürfte aus wettbewerbsrechtlichen Gründen ein wichtiges Wort mitreden.

Die Experten-Kommission selbst arbeitet weiter an einem Abschlussbericht, unter anderem sollen noch offene Fragen geklärt werden. Die endgültigen Arbeitsergebnisse sollen bis Ende des Monats vorliegen. 

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