SWR Aktuell Service: Tipps zur Berufsunfähigkeits-Versicherung

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Autor/in
Andreas Böhnisch

Wer jung ist, sich fit fühlt und einen guten Job hat, denkt nicht daran, dass es sehr plötzlich vorbei sein kann mit Job und Einkommen. Ein Unfall, eine Krankheit- und man ist nicht mehr in der Lage, zur arbeiten und Geld zu verdienen. Für solch einen Fall gibt es Berufsunfähigkeitsversicherungen. Die sind zwar kein Schnäppchen, aber sie sind wichtig. Warum, das erklärt Saidi Sulilatu vom Geldratgeber "Finanztip" im Gespräch mit SWR-Aktuell-Moderator Andreas Böhnisch.

SWR Aktuell: Berufsunfähigkeitsversicherungen sind nicht nur teuer, sondern auch ausgesprochen schwer zu bekommen, und zwar vor allem für Menschen mit einer Vorerkrankung. Was wird denn da alles geprüft beim Antrag auf eine BU?

Saidi Sululatu: Da muss ich einen Fragebogen mit relativ ausführlichen Gesundheitsfragen ausfüllen, die meinen Gesundheitszustand nicht nur aktuell, sondern für die letzten Jahre abprüfen. Grundsätzlich kann man sagen, ich muss alle Erkrankungen angeben, die signifikant waren. Das heißt in aller Regel, wo ich irgendwie in Behandlung war, beim Arzt oder bei einem Therapeuten. Bei ambulanten Behandlungen geht es in aller Regel die letzten fünf Jahre zurück, und bei stationären Krankenhausaufenthalten in aller Regel die letzten zehn Jahre.

SWR Aktuell: Seit Beginn der Coronapandemie häufen sich Fälle von Long Covid. Haben solche Symptome auch Einfluss darauf, ob man eine BU bekommt?

Sulilatu: In aller Regel tatsächlich ja. Long Covid ist meistens mit durchaus erheblichen Gesundheitsproblemen verbunden. Und das muss ich definitiv angeben. Das kann halt dann dazu führen, dass ich zum Beispiel einen Leistungsausschluss bekomme für Long Covid, aber noch wahrscheinlicher auch einen Zuschlag. Ich muss also mehr bezahlen als ein üblicher Fall ohne Long Covid. Das hat aber den Vorteil, dass es, wenn ich mehr bezahle, zumindest auch versichert ist. Denn Covid oder Long Covid kann auch tatsächlich zu einer Berufsunfähigkeit führen. Und dann will ich das schon versichert haben. Im schlimmsten Fall bekomme ich leider zumindest bei dem bei dem jeweiligen Versicherer keine Berufsunfähigkeitsversicherung und muss es dann woanders versuchen. Da sind die Versicherer relativ unterschiedlich, wie sie mit den konkreten Ausprägungen von Long Covid umgehen.

SWR Aktuell: Und was ist mit psychischen Krankheiten wie Depression oder Burn-out?

Sulilatu: Das ist das größte Problem beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung, wenn ich in den letzten Jahren in einer Psychotherapie war. Man muss sich vor Augen halten, dass gerade psychische Krankheiten der häufigste Grund für Berufsunfähigkeit sind. Das heißt, das Wahrscheinlichste bei der Frage, ob ich die Versicherung tatsächlich brauche, ist zu großer Stress im Job, Burn-out und sowas. Und wenn ich da schon eben vorerkrankt bin, dann ist es sehr, sehr schwierig, überhaupt eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu bekommen. In dem Fall wird mir wahrscheinlich keine andere Wahl bleiben, als noch zu warten, wenn ich jetzt nichts bekomme. Warten, bis die entsprechende Episode oder die entsprechende Behandlung mindestens fünf Jahre her ist - und es dann erneut zu versuchen

SWR Aktuell: Würden Sie denn auf jeden Fall empfehlen, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen?

Sulilatu: Ja, auf jeden Fall. Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist neben der privaten Haftpflichtversicherung wahrscheinlich eine der wichtigsten Versicherungen für jeden, der ein Einkommen erzielt, also für jeden Arbeitstätigen, egal ob angestellt oder selbständig. Sie ersetzt letztendlich meine Arbeitskraft. Ich kann mir ja ausrechnen: Wieviel werde ich wahrscheinlich bis zum Rest meines Lebens noch verdienen? In vielen Fällen ja geht das an die eine Million ran oder noch darüber. Und das ist auch der Wert dessen, was ich da dann versichere. Denn wenn ich berufsunfähig werde, meinen Job nicht mehr ausüben kann, dann bin ich ja grundsätzlich in Gefahr, zum Sozialfall zu werden, also nur noch Sozialleistungen zu bekommen. Und wenn ich annähernd meinen Lebensstand halten möchte, dann ist die Berufsunfähigkeitsversicherung die elementare Stütze. Und selbst wenn ich bestimmte Ausschlüsse bekomme in meinem Vertrag, sollte man sie trotzdem abschließen. Ich kann schließlich aus einem anderen Grund berufsunfähig werden, kann einen Ausschluss für den Rücken haben und trotzdem dann wegen psychischer Gründe berufsunfähig werden. Und das ist dann trotzdem versichert.

SWR Aktuell: Und wie teuer darf die Versicherung sein?

Sulilatu: Das ist sehr abhängig davon, wie mein aktueller Beruf aussieht. Das ist klar alle Bürojobs sind natürlich deutlich günstiger zu versichern. Da würde ich sagen, ein typischer Beitrag beträgt vielleicht 70, 80 Euro je nach Höhe dessen, was ich absichern möchte, vielleicht 2000 Euro oder Ahnliches. Dagegen wird es für Handwerker, für die eine Berufsunfähigkeitsversicherung natürlich sehr wichtig ist. schon richtig teuer in vielen Fällen. Das ist ganz klar, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung die teuerste private Versicherung ist, sie wird bei Handwerkern in vielen Fällen einen dreistelligen Beitrag im Monat kosten.

SWR Aktuell: In jedem Fall ist es wahrscheinlich sinnvoll, sich vorher beraten zu lassen. An wen kann man sich wenden?

Sulilatu: Ich sollte beim Abschluss eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu einem guten Versicherungsmakler gehen - vor allen Dingen auch aus dem Grund, dass gerade wenn ich ihm Vorerkrankungen mitbringe, ein Makler eine sogenannte anonyme Risikovoranfrage machen kann. Das heißt, er kann bei mehreren Versicherern anfragen mit meinem jeweiligen Gesundheitszustand, ohne dass mein Name dort gespeichert wird und ich nicht als Risikofall gelte, und dann den besten Vertrag für mich heraussuchen. Da gilt es eben, sich an einen seriösen Makler zu wenden. Und wir bei Finanztip empfehlen da verschiedene gut ausgebildete Makler.

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Andreas Böhnisch