Pro-Auto-Plan der FDP: Kritik vom Städte- und Gemeindebund

Stand
Autor/in
Arne Wiechern

Viele Innenstädte leiden darunter, dass immer mehr Geschäfte leer stehen. Das will die FDP mit einem Pro-Auto-Plan ändern: Parken soll kostenlos werden – oder es könnte ein deutschlandweites „Flatrate-Parken“ nach dem Vorbild des 49-Euro-Bahntickets geben. Außerdem will die Partei, dass weniger Fahrradstraßen und Fußgängerzonen eingerichtet werden. Warum der Deutsche Städte- und Gemeindebund den FDP-Plan kritisch sieht, erklärt Hauptgeschäftsführer André Berghegger im SWR-Aktuell-Gespräch mit Arne Wiechern.

SWR Aktuell: Viele Städte im Südwesten wie Mannheim, Stuttgart, Freiburg, Trier oder Mainz haben ja in den vergangenen Jahren allerhand Konzepte entwickelt, um den Autoverkehr aus der City rauszubekommen. Wie wirken da die Vorschläge der FDP auf Sie?

André Berghegger: Zunächst einmal ist es wunderbar, dass sich viele Leute um die Attraktivität unserer Ortskerne und Innenstädte Gedanken machen. Aber es wird keine Lösung geben, die einheitlich ist, die von Norden nach Süden, von Westen nach Osten für alle gilt. Es wird immer ein Mix sein, ein Miteinander der verschiedenen Verkehrsarten, ein Miteinander der verschiedenen Nutzergruppen. Und deswegen wäre das gut – und ist es gut, dass solche Entscheidungen vor Ort getroffen werden und nicht an anderen Stellen

SWR Aktuell: Viele Innenstädte veröden, das ist ja leider eine Tatsache. Geschäfte in die Städte zurück zu locken, ist ja kein leichtes Unterfangen. Das große Kaufhaussterben haben wir auch schon erlebt. Dem Einzelhandel geht es in vielen Regionen einfach nicht gut. Inwiefern spielt es denn da überhaupt eine Rolle, wie es offenbar die FDP meint, wie gut erreichbar so eine Innenstadt mit dem Auto ist?

Berghegger: Es wird natürlich unterschiedlichste Argumente geben. Die Gesellschaft entwickelt sich weiter. Wenn Sie den Einzelhandel ansprechen: Der ist natürlich nach wie vor Frequenzbringer in den Innenstädten, gar keine Frage. Deswegen ist insbesondere der Handel an einer hohen Frequenz, durch welche Verkehrsmöglichkeiten auch immer, interessiert. Aber denken Sie auch an die Gastronomie, an Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Bildungseinrichtungen. Und nicht zuletzt wollen wir ja in einem Mix auch Wohnraum in der Innenstadt haben. Deswegen spielt die Erreichbarkeit sowohl durch öffentliche Verkehrsmittel als auch durch den Individualverkehr immer eine große Rolle.

SWR Aktuell: Mehr Autos, weniger Radwege. Das bedeutet dann ja auch zwangsläufig mehr Verkehr, mehr Lärm, mehr Belastung für die Umwelt. Kann das denn wirklich im Sinne der Bewohner sein?

Berghegger: Nein. Natürlich müssen wir immer eine angemessene, ausgewogene Lösung haben. Welche Lösung passt also in welcher Innenstadt? Welche Lösung passt in welchem Ortskern? Wir müssen das Miteinander der verschiedenen  Nutzergruppen diskutieren und natürlich ein angemessenes Verhältnis machen. Beispielsweise könnten wir den ÖPNV vor Ort, wenn es passt, ausbauen und dann eventuell über eine Begrenzung der Parkräume in der Innenstadt nachdenken. Das passt aber auch nicht überall. Zunächst ist wichtig, erst das Angebot, die Alternative zu schaffen. Und dann kann man über andere Veränderungen nachdenken.

SWR Aktuell: Aber trotzdem ist der Platz in so einer Innenstadt ja einfach mal begrenzt. Eine Straße ist so breit, wie sie breit ist. Häuser kann man nicht einfach verrücken. Wenn eine Straßenbahnstrecke in der Mitte ist, noch irgendwie Parkstreifen an die Seiten zu packen, wird doch ein bisschen schwierig…

Berghegger: Deswegen: Miteinander reden! Es muss ja auch keine Straßenbahn sein. Die Busverbindungen müssen regelmäßig kommen, die sind natürlich vom Land in die Stadt ganz wichtig. Und das ist noch nicht überall so ausgebaut, wie es den Menschen dient. Die Menschen sind ja bequem: Sie sind kennen sich mit ihren Gewohnheiten aus, verändern sich ungern. Und deswegen muss man erst das Angebot schaffen, ein wirklich attraktives Angebot schaffen vor Ort, damit die Gewohnheiten sich verändern. Und dann steigen, glaube ich, die Menschen auch um auf den ÖPNV. Bauen Sie attraktive Park-and-Ride-Parkplätze, dass man umsteigen kann auf den ÖPNV von der Stadtgrenze in die Innenstadt. Es muss attraktiv sein, es muss regelmäßig sein - und dann verändern Menschen, glaube ich, auch ihre Gewohnheiten.

SWR Aktuell: Aber das ist ja genau das, was die FDP nicht will. Sie sagt ja, der Autoverkehr soll in die Stadt zurück. Das ist ja genau das Gegenteil von einem Park-and-Ride-System am Stadtrand…

Berghegger: Die FDP hat ihren Präsidiumsbeschluss „Fahrplan Zukunft - eine Politik für das Auto“ gefasst, und hat sich nur mit Punkten für das Auto befasst. Wir sind ja auch in diesen Punkten, die Sie angesprochen haben, anderer Meinung. Die Kenntnisse über die Situation vor Ort haben die Kommunen. Das müssen nicht andere Institutionen und schon gar nicht der Bund entscheiden. Wenn man vor Ort helfen will, dann kann uns der Bund oder andere Ebenen in ganz konkret helfen – zwei Beispiele: Eine verlässliche Finanzierung des Ausbaus des ÖPNV. Dann kann vor Ort entschieden werden, wie diese Mittel eingesetzt werden, was in diese Stadt genau passt. Und das zweite wäre, dass eine verlässliche Städtebauförderung fortgesetzt wird. Dann kann man auch viel für die Attraktivität der Innenstadt im Sinne eines Nutzungsmix‘ dort vor Ort gestalten: Nicht einseitig auf das Auto setzen, sondern auf alle Fortbewegungsarten, die wir haben - aber bitte vor Ort entscheiden.

Stand
Autor/in
Arne Wiechern