Kliniksterben: Krankenhaus in Boppard vorerst gerettet

Stand
Autor/in
Arne Wiechern
Arne Wiechern steht im Gang eines SWR-Gebäudes.

Schon seit Jahren hören wir immer wieder von kleinen Krankenhäusern, die Probleme haben. Fast immer geht es ums Geld. Weniger Einnahmen als Ausgaben. Schließung, Insolvenz oder Rettung mit Steuergeld sind oft die Möglichkeiten, die dann bleiben. Für die letztgenannte Möglichkeit hat sich die Kommunalpolitik im Falle des Krankenhauses in Boppard in Rheinland-Pfalz entschieden. Warum, das erklärt Bürgermeister Jörg Haseneier im SWR-Aktuell-Gespräch mit Arne Wiechern.

SWR Aktuell: Wie erleichtert sind Sie denn, dass es nun eine Einigung gegeben hat?

Jörg Haseneier: Ich glaube, wir sind alle hier in der Region bei uns jetzt einmal erleichtert. Seit Februar führen wir wirklich ganz intensive Verhandlungen und Gespräche und versuchen immer wieder dazu beizutragen, dass der Standort gehalten werden kann. Und ich glaube, das ist uns jetzt ganz gut gelungen. Deswegen sind wir zunächst einmal froh, dass wieder ein bisschen über die Zukunft des Krankenhauses gesprochen werden kann und nicht immer nur über die Schließung.

SWR Aktuell: Diese sogenannte Galgenfrist, bis zu der aus der Kommunalkasse das entsprechende Geld kommen sollte, lief eigentlich bis heute, bis zum 12.08.. Warum musste es da erst diese Zuspitzung geben, fast schon einen Showdown. Wäre es nicht einfacher gewesen, man hätte sich frühzeitig und entspannter auf etwas geeinigt?

Haseneier:Wissen Sie, das ist manchmal so, manchmal braucht man ein bisschen mehr Zeit, um gutes Ergebnis hinzubekommen. Ich habe es ja am Anfang mal immer ein bisschen bemängelt, dass ich gesagt habe: Warum schaffen wir es einfach nicht in einer kommunalen Familie, dass wir uns einfach einen Tisch setzen und darüber einmal sprechen? Das ist leider so nicht erfolgt. Vielleicht liegt es auch daran, muss man vielleicht auch ehrlicherweise sagen, dass wir, der Rhein-Hunsrück-Kreis und die Stadt Boppard, nicht Gesellschafter sind. Wir sind überhaupt normalerweise an diesem Verfahren überhaupt nicht beteiligt. Und deswegen ist es vielleicht auch etwas schwieriger geworden, überhaupt zueinander zu finden. Aber ich glaube, jetzt haben wir einen Weg gefunden, auch zusammen mit der Stiftung, die auch ganz hervorragend mitgearbeitet hat mit uns – so dass wir jetzt innerhalb der kommunalen Familie mit der Stiftung im Rhein-Hunsrück-Kreis auf jeden Fall stehen, und natürlich jetzt abwarten: Was kommt aus Koblenz?

SWR Aktuell: Diese aktuelle Einigung ist ja nun nichts für die Ewigkeit. Sie reicht bis Ende nächsten Jahres. Also wird genau genommen doch direkt weitergezittert in Boppard…

Haseneier: Wir haben jetzt ja mal anderthalb Jahre Zeit gewonnen. Aber diese Zeit wollen wir nicht einfach verstreichen lassen, sondern wir haben natürlich auch Bedingungen gesetzt für diese finanzielle Unterstützung. Die Hauptbedingung ist ja, dass wir ein Zukunftskonzept fordern. Es muss ein tragbares Zukunftskonzept hergestellt werden, damit es eben über 2025 hinausgeht. Und da haben wir ja immer wieder gesagt: mit Koblenz, mit dem GKM, da möchten wir am liebsten mit dabei bleiben. Das ist ja auch jahrelang so gelaufen. Es war ja ursprünglich gar nicht das Bopparder Krankenhaus im GKM Verbund mit beinhaltet. Aber es kam ja hinzu, und es muss ja auch Vorteile gegeben haben die letzten Jahre. Es kann ja nicht von Anfang an immer nur alles schlecht gewesen sein. Und da muss man auch wieder darauf aufbauen, dass wir das gemeinschaftlich wieder hinbekommen. Und sehen Sie mal: Wenn Boppard wegfällt, gibt es zwischen Koblenz und Bingen kein Krankenhaus mehr.

SWR Aktuell: Von Ihnen ist ja auch die Redewendung überliefert „hier geht es nicht um eine Kette von Imbissbuden, von denen eine schließen muss, weil er nicht genug Würstchen gegessen werden.“ Natürlich, es geht eben um die medizinische Versorgung in der Region. Wie dramatisch wäre es denn, wenn es dieses Krankenhaus in Boppard nicht mehr gäbe. Sie haben schon gesagt, die Wege werden weiter. Aber wird es auch richtig gefährlich für die Menschen vor Ort?

Haseneier: Ich hatte mir auch noch eine weitere Äußerung erlaubt, nachdem ich mit Menschen gesprochen habe. Ich habe beispielsweise feststellen müssen, dass Sie zwar bei uns noch in den Krankenwagen kommen, aber nicht mehr wissen, wann Sie rauskommen. Sie finden mittlerweile kaum noch Betten, wenn Sie beispielsweise einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall haben. Wir haben mittlerweile auch den Fall, dass Personen, die in Koblenz zusammenbrechen, dann nach Andernach gefahren werden müssen weil es auch in Koblenz keine Betten gibt. Wir haben wirklich derzeit eine Situation, die vielleicht theoretisch anders dargestellt wird. Aber in der Praxis stellte es sich doch ganz anders dar, wenn Sie mit Rettungskräften sprechen, wenn sie vor Ort selbst in den Krankenhäusern mit den Personen sprechen. Also die Situation ist schon dramatisch. Wir haben eine Bundesgartenschau 2029, die findet auch unter anderem in Boppard statt. Wir haben mehrere Seniorenwohnheime. Also ich glaube schon, bei uns würde sich das erheblich auswirken.