Innere Sicherheit: Warum viele Menschen immer mehr Angst haben

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Autor/in
Sebastian Felser
Sebastian Felser steht im Gang eines SWR-Gebäudes.
Onlinefassung
Andreas Böhnisch

Die innere Sicherheit beherrscht die Politik. Der Tübinger Kriminologe Jörg Kinzig macht die vielen Krisen für die Angst verantwortlich und weist auf einen Widerspruch hin.

In Deutschland fühlen sich 44 Prozent der Menschen "eher unsicher" oder "sehr unsicher" - dagegen sagen 53 Prozent, dass sie sich "sehr sicher" oder "eher sicher" fühlen (Quelle: infratest/dimap, ARD-DeutschlandTREND September 2024). Trotzdem vermittelt die öffentliche Debatte häufig den Eindruck, als ob man sich nicht mehr auf die Straße trauen kann.

Mehr globale Krisen - Mehr Angst vor Kriminalität

Eine Erklärung dafür ist die "Generalisierungsthese", sagt Jörg Kinzig, Professor am Tübinger Institut für Kriminologie und der Präsident der Kriminologischen Gesellschaft. Diese These besage, dass die Kriminalitätsfurcht mit einem allgemeinen Unsicherheitsgefühl in Zusammenhang stehe, erläutert er im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Sebastian Felser. "Wir haben multiple Probleme - die Umwelt, soziale Sorgen, Kriegssorgen. Da geht man davon aus, dass sich diese Sorgen in einer Furcht vor Kriminalität bündeln."

Weniger Angst im persönlichen Umfeld

Im Gegensatz zum allgemeinen Unsicherheitsgefühl stehe die Wahrnehmung im persönlichen Umfeld, ergänzt Jörg Kinzig: "Wenn man die Leute fragt, ob sie sich in ihrer Wohngegend sicher fühlen, dann sagen die Leute interessanterweise meistens: Ja - in meiner Wohngegend fühle ich mich sicher."

Keine einfachen Lösungen für mehr innere Sicherheit

Der Kriminologe wünscht sich von der Politik mehr Ehrlichkeit in der Diskussion über die innere Sicherheit. Die Probleme seien meistens komplex. Als Beispiel nennt er die Forderung nach höheren Strafen, deren abschreckende Wirkung er bezweifelt: "Normalerweise ist es nicht so, dass der Täter vor der Tat ins Strafgesetzbuch schaut und guckt, ob da drei Jahre oder fünf Jahre Freiheitsstrafe stehen."

Gleiches gelte für die Messerverbotszonen. "Das klingt auf den ersten Blick interessant und hilfreich." Aber bei genauerem Nachdenken würde sich die Frage stellen: "Wer soll das kontrollieren?" Polizeibeamte, die für die Überwachung eingesetzt würden, fehlten an anderer Stelle. Die Politik dürfe keine Erwartungen wecken, die sie nicht erfüllen könne, mahnt Jörg Kinzig: "Bei aller Prävention werden wir weiter - und das ist im Einzelfall schlimm - mit einem gewissen Maß an Kriminalität leben müssen."

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