Zwei Minuten: Die Kolumne zum Wochenende

Kolumne: Was war das schön! Was wird das schön!

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Autor/in
Constance Schirra

Vier Wochen lang EM, vier Wochen lang gute Laune. Und wenn man sich an die Ratschläge des Bundestrainers hält, dann bleibt die Laune gut, meint meint Constance Schirra in ihrer Kolumne.

Rum, aus, vorbei. Am Sonntag, spätestens um Mitternacht, kann die Katze wieder einziehen. Sie hat die letzten vier Wochen draußen verbracht, war zu laut bei uns. Wegen der EM. Hach, war das toll. Also, ich habe keine Ahnung von Fußball, aber ich habe festgestellt: Ich muss gar keine Ahnung von Fußball haben, ich kann auch so mitfeiern.

Die Kolumne von Constance Schirra können Sie hier auch als Audio hören:

Unmissverständlichen verscheucht

Wenn ich erstmal verstanden habe, wer die Weißen sind, wer die Roten, wer in welche Richtung spielt und für wen ich überhaupt bin, hey dann macht das sowas von Spaß. Ich konnte gar nicht stillsitzen. Da ist einer vor unserem Tor… weg, weg, weg!!! Hätte ich nicht dauernd mit den Armen gerudert, hätte ich nicht alle mit dem unmissverständlichen „pfbrpf“ verscheucht, wir wären nicht einmal im Viertelfinale gelandet.

Constance Schirra
Eine Kolumne von Constance Schirra

Und dann… was war das traurig! Und so ungerecht! Ich mag ja keine Ahnung von Fußball haben, aber ehrlich, der Schiri von diesem Spiel gegen Spanien hat noch weniger Ahnung als ich. Was haben mir unsere Jungs leidgetan. Der Toni Kroos ist mir so ans Herz gewachsen. Julian Nagelsmann hätte ich ihn doch nur in den Arm nehmen und mit einem Tütchen Gummibärchen trösten können. Und die Oma von David Raum! Warum hat niemand an die Oma von David Raum gedacht?

Aber dann sprach Julian Nagelsmann zu uns

Die Frau ist 77 Jahre alt, da sind Herz und Kreislauf nicht mehr so stabil, das hätte dieser Schiedsrichter doch bedenken müssen. Aber gut, er ist Engländer, was erwartet man von Engländern? Ich hätte weinen können nach dem EM-Aus für uns. Richtig schlimm weinen. Ich hätte den Fernseher auslassen und die Katze wieder hereinbitten können. Aber Julian Nagelsmann sprach zu uns, zu mir, und er sprach also: Nicht in Tristesse verfallen! Mir war klar: Ich kann den Mann jetzt nicht auch noch enttäuschen.

Flugs kramte ich die Frankreich-Wimpel von der letzten WM hervor und feuerte „Les Bleus“ an. Ich hab‘ gegiftet und geschimpft, damit dieser geölte Superstar mit den Portugiesen rausfliegt. Ich bin nach links und nach rechts gehüpft, döp-dö-dö-dö-dö-döp, auf dass die Niederländer über die Türkei obsiegen. Ich habe Chips gefuttert, so viele Chips, weil: Chips gehören zum Fußball. Ich hab‘ gegrölt und gesungen und geklatscht… und was soll ich sagen: Es hat funktioniert.

Dieses Abseits halt

Ich hatte vier Wochen gute Laune. Ich habe mich vier Wochen gefreut. Wegen Fußball. Ich, die ich nie verstehen werde, wie das ist, wenn der Gegenspieler mit dem rechten Knie hinter der Linie der Verteidiger vor dem letzten Gegenspieler… ach, dieses Abseits halt. Das zeigt doch: Julian Nagelsmann hat Recht. Ich entscheide fortan: Nicht in Tristesse verfallen! Dem Nachbarn beim Heckeschneiden helfen! Gemeinsam sind wir stark! Immer die Oma anrufen, irgendeine, wenn man selbst keine mehr hat!

In Symbiose leben mit Toni Kroos und Jamal Musiala und Niclas Füllkrug und dem Mann mit den lila Haaren. Stehen alle als Playmobilmännchen auf meinem Nachttisch, damit ich das bloß nicht vergesse. Also nix rum, aus, vorbei. Das Fest geht weiter, auch nach dem Finale am Sonntag. Ohne Fußball, mit Katze. 

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Constance Schirra