Der Erziehungswissenschaftler Thorsten Fuchs hat SWR1-Moderator Michael Lueg erzählt, weshalb man vor einem Klassentreffen keine Angst haben muss. Schade, das Gespräch kommt ein paar Wochen zu spät. Sonst hätte ich mich im April womöglich doch getraut, meine „Schulfamilie“ von einst wiederzusehen. Ich wollte Joachim und Susanne partout nicht treffen, Birgit und Carlos schon. Am wenigsten Lust hatte ich, glaube ich, auf eine Begegnung mit mir selbst, als 14- oder 16-Jährigem.
Thorsten Fuchs wird ganz lyrisch, um für den Besuch eines Klassentreffens zu werben. Das seien „Gruppenreisen, die es ermöglichen, Erinnerungen zu reaktualisieren“. Gelegenheiten zu einer Begegnung mit sich selbst. Wir machen uns einen Abend lang bewusst, wo wir vor 40, 50 Jahren standen und was aus uns geworden ist. Blöd nur, dass ich dazu neige, mich häufiger an Schlechtes als an Schönes zu erinnern. An die Hänseleien von Benedikt oder Margaretes „Korb“.
Dieselben Grüppchen wie damals
Das erste Klassentreffen, das ich besuchte, war auch mein letztes. Mich störte, dass wir sogleich in die Rollen von damals rutschten. Als Lehrer und Schüler. Als Mitschüler. Wir bildeten auch wieder Grüppchen wie früher. Einerseits kann ich das nachvollziehen – wir machten weiter an dem Tag, als wir uns das letzte Mal gesehen haben. Andererseits fühlte sich das kochtechnisch – wenigstens für mich - wie eine aufgewärmte Suppe an. Dafür weit fahren? Und mir bei Margarete nichts anmerken lassen? Nö.
Thorsten Fuchs weist darauf hin, dass ich die Teilnahme an einem Klassentreffen „selbst wählen“, also auch absagen kann. „Wenn man nicht teilnimmt, wird es dafür gute Gründe geben (…).“ Damit beruhigt er meine leichten Gewissensbisse. Ich kann heute bewusster als mit 14 oder 16 entscheiden, mit wem ich mich treffen möchte. Für etwas muss das Älterwerden ja gut sein!