Aufräumen nach dem Hochwasser: Vor einem Haus stehen eine Waschmaschine, Möbel und ein Grill, eine Frau in Gummistiefeln wäscht Arbeitshandschuhe. Im Hintergrund steht ein schlammverschmutztes, beschädigtes Auto im Garten.

Hochwasser, Arbeit und Bezahlung

Schäden durch Naturkatastrophen: Was gilt im Arbeitsrecht?

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Autor/in
Lena Stadler
Katharina Fortenbacher-Jahn
Katharina Fortenbacher-Jahn, SWR Aktuelle Wirtschaft

Aufräumen nach einem Hochwasser kostet Zeit und Kraft. Müssen Geschädigte und Helfer auch Einbußen beim Lohn hinnehmen? Nicht unbedingt. Was für Arbeitnehmer und Betriebe gilt.

Nach einer Naturkatastrophe wie dem aktuellen Hochwasser in Baden-Württemberg und dem an Pfingsten in Rheinland-Pfalz steht für die Geschädigten einige Arbeit an: aufräumen, putzen, und verhindern, dass Haus und Hab und Gut weiteren Schaden nehmen.

In Betrieben und Unternehmen ist es oft ähnlich: Die eigentliche Arbeit kann etwa nach einer Überschwemmung noch nicht starten, erst müssen Schäden beseitigt werden. Für Arbeitnehmer stellt sich die Frage, ob ihnen zusätzlich zu den Schäden auch noch Lohn verloren geht, wenn sie nach einer Katastrophe erst einmal zu Hause anpacken müssen.

Lohnfortzahlung für Arbeitnehmer bei Katastrophen

Arbeitsrechtlich gilt eigentlich: ohne Arbeit kein Lohn. Für Naturkatastrophen wie beispielsweise Hochwasser gibt es aber Ausnahmen. Die regelt der Paragraph 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Wer aus persönlichen Gründen seine Arbeitsleistung nicht erbringen kann, kann zu Hause bleiben - und hat in der Regel auch trotzdem weiter Anspruch auf Lohnfortzahlung. Wichtig ist, dem Arbeitgeber auf jeden Fall direkt Bescheid zu geben.

Wenn das eigene Haus betroffen ist von Überschwemmungen und man Stunden und Tage mit Wasser abpumpen und Schlamm beseitigen beschäftigt ist, dann gilt das als persönlicher Unglücksfall und man ist aus sogenannten sittlichen Gründen verhindert, arbeiten zu gehen.

Das alles gilt aber nur, wenn im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung nichts anderes festgelegt ist.

So lange dürfen Arbeitnehmer bezahlt frei nehmen

Der Anspruch auf Lohnfortzahlung gilt tatsächlich aber nur kurz - der Paragraf regelt keinen festen Zeitraum, man kann von einigen wenigen Tagen ausgehen. Wer länger braucht, muss mit dem Arbeitgeber eine Regelung finden - etwa unbezahlten Urlaub nehmen oder Überstunden abbauen.

Die Lohnfortzahlung gilt übrigens auch nur, wenn man selbst betroffen ist. Wer zum Beispiel Nachbarn oder Freunden helfen möchte und dafür nicht zur Arbeit kommt, hat keinen Anspruch auf eine bezahlte Freistellung.

Helfer im Katastrophenschutz mit bezahlter Freistellung

Eine Ausnahme gilt für Menschen, die ehrenamtlich für den Katastrophenschutz im Einsatz sind, etwa für das Technische Hilfswerk oder die Freiwillige Feuerwehr. Sie müssen in der Regel vom Arbeitgeber bezahlt freigestellt werden und ihnen dürfen in der Arbeit wegen ihres Ehrenamts auch keine Nachteile entstehen. Sie können Urlaub auch nachholen. Umgekehrt haben Arbeitgeber aber einen Anspruch darauf, die Lohnfortzahlung ersetzt zu bekommen.

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Das Risiko für den Weg zur Arbeit liegt bei den Beschäftigten

Wenn Straßen überflutet sind oder andere Unwetterschäden ein Durchkommen mit dem Auto oder der Bahn unmöglich machen gibt es keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Das sogenannte Wegerisiko tragen Arbeitnehmer. Sie müssen selbst dafür sorgen, pünktlich beziehungsweise überhaupt am Arbeitsplatz anzukommen, also zum Beispiel Umwege einplanen.

Auch hier ist entscheidend, sich gut abzusprechen mit dem eigenen Chef oder der Chefin - zum Beispiel, ob auch Homeoffice möglich ist oder zum Beispiel ein Abbau von Überstunden.

Baden-Württemberg

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Arbeitgeber müssen Lohn weiter zahlen, wenn Unwetter die Arbeit stoppen

Nicht nur in Wohnhäusern, auch in vielen Betrieben hat das Hochwasser zu Überschwemmungen und Schäden geführt. Wenn die Arbeit nach einer Naturkatastrophe nicht normal weitergehen kann, stellt sich die Frage, wer dafür das finanzielle Risiko trägt.

Grundsätzlich gilt: Wenn ein Betrieb die Arbeitsleistung seiner Beschäftigten von sich aus nicht in Anspruch nehmen kann, muss er trotzdem weiter Lohn bezahlen. Die Beschäftigen haben dadurch also keinen Nachteil.

Kurzarbeit im Krisenfall mit besonderen Erleichterungen

Allerdings gibt es für Betriebe die Möglichkeit, Kurzarbeit zu beantragen, wenn eine solche Hochwasserkatastrophe oder ein vergleichbares Naturereignis ein Unternehmen trifft. Übrigens auch, wenn ein Betrieb nicht produzieren kann, weil ihm Material fehlt, das von Zulieferern nicht ankommt - oder umgekehrt, wenn ein Zulieferbetrieb seine Ware nicht an von Hochwasser betroffene Abnehmer übergeben kann.

Darauf hat die Bundesagentur für Arbeit beim Hochwasser in Rheinland-Pfalz und im Saarland an Pfingsten hingewiesen.

Aufräumen im Betrieb mit Kurzarbeitergeld möglich

Im Unterschied zum konjunkturell bedingten Kurzarbeitergeld gibt es auch eine Erleichterung speziell für Aufräumarbeiten in einem solchen Krisenfall: Der Anspruch auf Kurzarbeitergeld geht nicht verloren, wenn Beschäftigte bei den anfallenden Arbeiten im Betrieb mit anpacken.

Informationen für Betriebe gibt es zum Beispiel auch vom Zentralverband des deutschen Handwerks in seinem Online-Angebot.

Betriebe müssen den Antrag auf Kurzarbeitergeld so früh wie möglichst stellen. Wie das funktioniert, welche Voraussetzungen gelten und wie hoch das Kurzarbeitergeld ist, dazu informiert die Bundesagentur für Arbeit auf ihren Internetseiten zur Kurzarbeit.

Fragen können auch telefonisch gestellt werden beim Arbeitgeber-Service der Bundesagentur für Arbeit unter der Telefonnummer 0800 4 5555 20.

Arbeitgeber können Anpacken zur Gefahrenabwehr verlangen

Arbeitgeber können in der Regel auch verlangen, dass Beschäftigte zum Beispiel anstelle ihrer normalen Tätigkeit helfen, Gefahren für den Betrieb abzuwenden, etwa Schäden zu verhindern. Dazu kann zum Beispiel gehören, Maschinen oder Unterlagen vor einem herannahenden Hochwasser in Sicherheit zu bringen.

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