"Die Revolution frisst ihre Kinder", sagte einer der Anstifter zur Französischen Revolution, bevor er selbst das Schafott bestieg. Ein Blutgerüst erwartet Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zwar nicht, wenn er am Montag in Stuttgart zu einer politischen Sommerreise aufbricht. Aber noch so eine Pleite wie beim geplanten Heizungsgesetz kann er bzw. seine Partei sich nicht erlauben. Sonst ist mit der Regierungsverantwortung im Bund gleich wieder Schluss.
Habeck wollte zu viel und erklärte zu wenig
Abgesehen von Habecks persönlichen Fehlern - er wollte zu viel und erklärte zu wenig - wachsen meine Zweifel, ob in Deutschland überhaupt noch mutige Gesetze möglich sind. Nach der Großen Koalition, die in der letzten Legislaturperiode politisch versteinerte, haben wir eine Bundesregierung, der zwei andere Parteien angehören. Einen vergleichbaren Reformeifer, wie er am Beginn der sozial-liberalen Koalition 1969 oder der rot-grünen 1998 stand, sehe ich nicht.
Das aktuelle Bundeskabinett wird gern als zerstrittener Haufen dargestellt, aber das erscheint mir zu billig. Die Mutlosigkeit von Olaf Scholz und Co. hat nach meinem Dafürhalten damit zu tun, dass die Parteien auf keine festen Milieus mehr setzen können - etwa die SPD auf Arbeiter und Angestellte. Sogar manche jungen Leute wählen heute die FDP - bis vor wenigen Jahren ein Ding der Unmöglichkeit!
Früher zweifelte ich am Sinn politischer Sommerreisen, heute nicht mehr. Robert Habeck mischt sich unter ein unduldsames, auch sprunghaftes Wahlvolk, das ihm die Liebe entzogen hat.