Gefahr für Demokratie?

Nach Kommunalwahl: Zersplitterung der Gemeinderäte in BW nimmt zu

Stand

Mehr als ein Dutzend Vereinigungen und Parteien in einem Gemeinderat? Das ist nach der Kommunalwahl keine Seltenheit mehr. Manche sehen darin eine Gefahr für die Demokratie.

Die Zersplitterung der Gemeinderatsmandate in Baden-Württemberg hat nach der jüngsten Kommunalwahl deutlich zugenommen. 42 Prozent der Kommunen berichteten laut einer Umfrage des Städtetags, dass die Zahl der Gruppierungen und Fraktionen im Vergleich zur vorherigen Wahlperiode gewachsen sei. Bei 43 Prozent der Kommunen blieb die Anzahl gleich, bei 15 Prozent sank die Zahl.

Spitzenreiter seien Freiburg und Pforzheim mit je 17 Listen im Gemeinderat, danach folgten Ulm mit 15 Listen sowie Stuttgart und Heidelberg mit je 14 Listen.

An der Umfrage hatten sich 100 Städte in Baden-Württemberg beteiligt.

Zersplitterung erschwere die Arbeit im Gremium

Die Oberbürgermeister sehen die Entwicklung der Mitteilung des Städtetags zufolge kritisch. Die zunehmende Zersplitterung tue der Demokratie nicht gut und erschwere die Arbeit im Gremium. Wegen vieler Wortmeldungen verlängerten sich die Sitzungen, das mache dieses Ehrenamt deutlich unattraktiver.

Der Städtetag hält das aktuelle Auszählverfahren deshalb für den falschen Weg und sieht hier Handlungsbedarf: "Die Zersplitterung nimmt seit der Wahlrechtsänderung 2014 von Wahl zu Wahl zu. Wir fordern deshalb weiterhin, diesen Trend zu stoppen. Je zersplitterter ein Gemeinderat ist, desto länger, komplexer und aufwändiger sind tendenziell seine Entscheidungsprozesse", sagte Ralf Broß, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags. Der Erfolg von Kommunalpolitik hänge aber nicht nur von guten Entscheidungen ab, sondern oft auch von schnellen Beschlüssen, so Broß.

Broß fordert daher die Landesregierung auf, eine mit Wahlrechtsfachleuten besetzte Kommission zu gründen. Diese soll dann Änderungsvorschläge zum geltenden Recht ausarbeiten. Für Broß entscheidend: "In dieser Kommission sollen kommunale Experten mitwirken."

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Landesregierung nennt Zersplitterung ernsthaftes Problem

Auch die Landesregierung hatte sich nach der Wahl besorgt über die wachsende Zahl von Parteien und Listen in den kommunalen Parlamenten geäußert. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nannte den Trend ein "ernsthaftes Problem". Es handele sich bei den "Sonstigen" oft um Listen, die nur Einzelinteressen verträten und Ein-Punkte-Parteien seien. Bei dieser Zusammensetzung sei es kaum mehr möglich, einen kommunalen Haushalt aufzustellen.

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) befürchtete zuletzt einen Verlust von Berechenbarkeit, Verlässlichkeit und Stabilität in zersplitterten Stadträten. Das sei auch für die Wirtschaft vor Ort ein Nachteil, so Strobl.

Die Einführung einer Fünf-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen ist nach Ansicht des CDU-Politikers allerdings sehr schwierig. Das sieht auch Broß ähnlich. Da die Wähler ihre Stimme bei Kommunalwahlen an Personen, und nicht wie bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen an Parteien vergeben, passe die Fünf-Prozent-Hürde nicht zur Kommunalwahl.

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