Mercedes-Chef Ola Källenius spricht sich im Streit mit der US-Regierung um Subventionen für die amerikanische Wirtschaft klar gegen neue europäische Handelsbarrieren aus. BMW und Mercedes gehörten zu den größten Exporteuren in die USA, sagte Källenius im Exklusivinterview mit dem SWR. Sollten die Europäer ihrerseits Handelsbeschränkungen einführen, würde das die europäische Industrie mit Mercedes doppelt treffen.
Hintergrund sind die milliardenschweren Subventionen unter anderem für Elektroautohersteller in den USA, die die US-Regierung als Teil eines Pakets zur Inflationsbekämpfung eingeführt hat. Das Gesetz sieht die Steuerzuschüsse allerdings nur für Fahrzeuge vor, die in den Vereinigten Staaten gefertigt worden sind. Die EU sieht in den Regelungen eine Verzerrung des internationalen Wettbewerbs.
Klares Bekenntnis von Källenius zum Standort Baden-Württemberg
Trotz der starken internationalen Vernetzung hat der Mercedes-Chef im SWR-Interview ein klares Bekenntnis zum Standort Baden-Württemberg abgegeben. Die Automobilindustrie gilt als Schlüsselbranche von Baden-Württemberg, mit der auf die eine oder andere Weise große Teile der Wirtschaft im Südwesten verbandelt sind.
Und die für einen großen Teil des Wohlstandes des Landes verantwortlich ist. Allein im Großraum Stuttgart sind 70.000 Menschen beim Südwest-Branchenprimus Mercedes Benz beschäftigt. Wie es mit der Autoindustrie weitergeht, ist eine Frage, die in Baden-Württemberg also viel diskutiert wird - am Kabinettstisch der Landesregierung, in Geschäftsführungssitzungen vieler Mittelständler - und natürlich auch an Küchentischen, von tausenden Beschäftigten in der Produktion.
Premium first! der richtige Weg?
Regelmäßig neue Antworten geben auf die Frage nach der Zukunft der Branche muss Ola Källenius, seit 2019 Vorstandschef der Daimler AG. Seit der Aufspaltung des Konzerns firmiert er als Chef der Mercedes-Benz Group. Unter seiner Ägide setzt Mercedes stärker denn je auf Luxus. Im Premiumsegment hat Källenius viele Akzente gesetzt, neue, vollelektrische Luxusmodelle vorgestellt und angekündigt. Bei den Kompakt- und Mittelklassemodellen dünnt der Konzern dagegen das Portfolio aus, will offenbar ganze Modellreihen beerdigen.
Im Exklusivinterview mit dem SWR bestreitet Källenius allerdings, dass Mercedes sich dauerhaft von den klassischen Einsteigermodellen abgewandt hat. Und auch damit verbundene Befürchtungen zum Beispiel um den Standort Rastatt, an dem kleinere Modelle gefertigt werden, versucht der CEO zu zerstreuen:
Alles aufs E-Auto
Auch beim Thema Antriebe sieht Källenius seinen Konzern auf klarem Kurs: Ab 2030 wolle Mercedes überall dort, wo es die Märkte erlauben, ausschließlich Elektroautos verkaufen. Auch im Bereich Entwicklung und technische Innovation setzt der Konzern laut Källenius alles auf eine Karte. Jegliche finanziellen Mittel in diesem Bereich und auch die gesamten Ingenieurs- und Entwicklungsressourcen würden dann in diesen Bereich umgeleitet, so Källenius.
Ein Markt, von dem sich Mercedes mit dieser Strategie eine Menge erhofft, ist China - weiterhin der wichtigste Einzelabsatzmarkt für die Marke mit dem Stern. Die politischen Beziehungen zu dem Land haben sich in den vergangenen Jahren deutlich eingetrübt. Källenius setzt in diesem Zusammenhang darauf, die wirtschaftlichen Beziehungen aufrecht zu erhalten - und macht sich für einen realpolitischen Kurs stark:
Meinungsfreiheit gilt auch für Klimaproteste
Auch in Hinblick auf die derzeitigen Klimaproteste, die sich explizit gegen den Autoverkehr wenden, rät der Mercedes-Chef zu Gelassenheit: "Ich finde es gut, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der man seine Meinung sagen kann."