In Baden-Württemberg gibt es weitere Landkreise, die möglicherweise die Bezahlkarte für Geflüchtete aus dem Ortenaukreis einführen wollen. Die Landkreise Rastatt und Waldshut haben bestätigt, dass es dort entsprechende Überlegungen gibt.
Es werde geprüft, ob man die Bezahlkarte aus dem Ortenaukreis für Geflüchtete übernehme, sagte eine Sprecherin des Landkreises Waldshut dem SWR. Auch im Landkreis Rastatt gibt es Interesse an der Ortenauer Karte. Der baden-württembergische Landkreistag wies darauf hin, dass alle 44 Landkreise und kreisfreien Städte die geplanten einheitlichen bundesweiten Regelungen nach wie vor begrüßten. Dadurch würde ein Flickenteppich vermieden.
Im Ortenaukreis bekommen Geflüchtete ohne eigenes Konto seit Ende Januar statt Bargeld ein Guthaben auf eine Karte. Dieses Modell wäre für den Landkreis Waldshut den Angaben zufolge allerdings nur eine Übergangslösung, bis die bundesweite Bezahlkarte eingeführt wird. Migranten soll damit unter anderem die Möglichkeit genommen werden, Geld aus deutscher staatlicher Unterstützung ins Herkunftsland an Angehörige und Freunde zu überweisen.
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Bund und Länder haben sich auf Standards einer geplanten Bezahlkarte für Asylbewerber geeinigt. BW-Justizministerin Gentges dringt auf eine möglichst zügige Einführung.
Vorreiter Ortenaukreis
Im Ortenaukreis ist die sogenannte SocialCard für etwa 300 bis 400 geflüchtete Menschen bestimmt, die noch kein eigenes Konto in Deutschland haben. Die Karte trägt ein Zeichen des großen Anbieters Visa und ist optisch neutral, um eine Stigmatisierung der Nutzer zu vermeiden. Für das Smartphone gibt es eine Digitalversion. Jeder Empfänger erhält eine individuelle Karte, auf die das Geld gebucht wird.
Bargeld kann mit der neuen Karte nur bis zu einem gewissen monatlichen Betrag abgehoben werden. Außerdem sind Überziehungen, Karte-zu-Karte-Überweisungen sowie sonstige Überweisungen im In- und Ausland ausgeschlossen.
Flüchtlingsrat kritsiert Bezahlkarte
Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg bezeichnete die Pläne Ende Januar als "Ausdruck aktueller abschreckungspolitischer Tendenzen in der Flüchtlingspolitik". Es sei ein Irrglaube, dass Menschen nur durch die Bezahlkarte seltener zur Flucht gezwungen würden, sagte die Co-Geschäftsführerin des Rates, Anja Bartel.
Es gebe zudem keine empirische Grundlage für die These, dass Migranten Geld aus ihren Sozialleistungen in ihre Heimat überwiesen. "Laut Studien des Instituts für Arbeits- und Berufsforschung leiten angekommene Asylsuchende Geld nur selten weiter", sagte Bartel. Zu Überweisungen in die Herkunftsländer komme es erst dann, wenn Menschen hier arbeiteten und Geld verdienten.