Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat die aktuellen Bahn-Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) scharf kritisiert. "Mich nerven diese Streiks genauso wie viele andere Nutzerinnen und Nutzer", sagte Hermann dem SWR am Donnerstag. "Ich finde auch inzwischen nicht mehr nachvollziehbar, was die GDL fordert."
Hermann wirft GDL mangelnde Kompromissbereitschaft vor
Die Deutsche Bahn sei der Gewerkschaft weit entgegen gekommen - auch mit einer Verkürzung der Arbeitszeit mit vollem Lohnausgleich, so der Grünen-Politiker weiter. Von der GDL forderte er mehr Kompromissbereitschaft: "Man kann doch nicht antreten im Arbeitskampf in einer Tarifauseinandersetzung und sagen, nur wenn genau das rauskommt, was man selber will, dann ist es ein guter Kompromiss. Was ist denn das für eine Vorstellung?", so der Minister.
Zuvor hatte der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, die Arbeitsniederlegung erneut gegen Kritik verteidigt. Der Streik sei trotz eines von ihm eingeräumten Denkfehlers bei der von Vermittlern vorgeschlagenen Arbeitszeitneuregelung unausweichlich gewesen, sagte Weselsky im ZDF-"Morgenmagazin". In dem Vorschlag gab es demnach "eine ganze Reihe von Punkten, die für uns insgesamt nicht annehmbar waren." Es sei nicht nur um die Arbeitszeit gegangen, sondern unter anderem auch um die Laufzeit des Tarifvertrages.
SWR Wirtschaftsredakteur Uwe Bettendorf ordnet die Lage ein:
Gewerkschaft will kürzere Wochenarbeitszeit im Schichtdienst durchsetzen
Die GDL hatte am Montag zu dem 35-stündigen Streik im Tarifstreit mit der Bahn aufgerufen. Im Personenverkehr hat der Streik am Donnerstag um zwei Uhr früh begonnen. Es ist bereits der fünfte Ausstand in dem seit November laufenden Konflikt. Knackpunkt der Tarifauseinandersetzung ist die Forderung der Gewerkschaft, die Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter ohne finanzielle Einbußen von 38 auf 35 Stunden zu senken. Eine vierwöchige Verhandlungsphase hinter verschlossenen Türen war vergangene Woche trotz des Einsatzes externer Vermittler gescheitert. Die Gewerkschaft will nun künftige Streiks deutlich kurzfristiger ankündigen als bisher.
80 Prozent der Fernzüge bei der Bahn ausgefallen
Wie bei den vorherigen Lokführer-Streiks sind am Donnerstag wieder rund 80 Prozent der Fernverkehrs-Züge ausgefallen. Um die ausgefallenen Verbindungen abzufedern, hat die Bahn wie üblich XXL-ICEs eingesetzt, also Fernverkehrszüge mit bis zu tausend Sitzplätzen.
Ausstände bei der Bahn und im Flugverkehr Lokführerstreik hat begonnen: Das erwartet Autofahrer und Reisende in BW
Es wird wieder gestreikt: Auch in dieser Woche rufen die Gewerkschaften dazu auf, die Arbeit niederzulegen. Dies gilt es für Reisende zu beachten.
Auch für den Regionalverkehr hat die Deutsche Bahn wieder einen Notfahrplan aufgesetzt - mit unterschiedlichen Auswirkungen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Viele zentrale S-Bahn-Linien sind am Donnerstag weiterhin gefahren - allerdings teilweise nur alle zwei Stunden - darunter die S2 von Kaiserslautern nach Mosbach, die S3 von Germersheim nach Karlsruhe und die S5 von Heidelberg nach Eppingen. Komplett ausgefallen ist etwa der Regionalexpress1 von Koblenz nach Mannheim sowie der Regionalexpress2 von Mainz nach Karlsruhe.
Autobahnpolizei meldet keine größeren Probleme
Auf den meisten Autobahnen blieb es vornehmlich ruhig. Laut Autobahnpolizei gab es am wichtigen Verkehrsknotenpunkt Kreuz Walldorf keine größeren Staus oder Unfälle, dasselbe gilt für den Bereich rund um Kaiserslautern. Offenbar sind viele Pendlerinnen und Pendler aufgrund des Streiks zuhause im Homeoffice geblieben.
Ausblick: Unsichere Zeiten für Reisende
Auf den inzwischen fünften Streik der Lokführergewerkschaft GDL hatten sich Bahn und Fahrgäste am Donnerstag weitgehend eingestellt. Doch mit dieser Planbarkeit dürfte es bald vorbei sein.
Erstmals in einem Bahntarifkonflikt will GDL-Chef Claus Weselsky künftig auf sogenannte Wellenstreiks setzen. Bahnstreiks werde die Gewerkschaft dann mit deutlich weniger Vorlauf ankündigen, sagte er vor wenigen Tagen. Ob der Bahn dann genug Zeit bleibt, um wie bisher einen provisorischen Fahrplan auf die Beine zu stellen, ist fraglich.
Selbst über Ostern können sich Fahrgäste nicht sicher sein, ob sie dann mit der Bahn zu ihren Familien reisen können. Auf einen "Osterfrieden" im feststeckenden Bahntarifkonflikt ließ sich Weselsky bisher jedenfalls nicht ein. "Ostern ist ja durchaus noch ein paar Tage, eigentlich Wochen hin und deswegen kann ich das nicht beantworten", sagte er im RBB-Inforadio.