Am Landgericht Ulm ist am Dienstag im Prozess um eine Geiselnahme am Ulmer Münsterplatz das Urteil gefallen: Sechs Jahre Haft und die dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie hieß es am Ende für den 44-jährigen ehemaligen Bundeswehr-Soldaten, der Ende Januar in einem Café zwölf Menschen in seine Gewalt gebracht hatte.

Dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie

Urteil im Ulmer Geiselnahme-Prozess: Sechs Jahre Haft für Ex-Soldat

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Martin Miecznik
SWR Aktuell Autor Martin Miecznik
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Sabine Bauer
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Das Landgericht Ulm hat am Dienstag einen ehemaligen Soldaten zu sechs Jahren Haft und Unterbringung in der Psychiatrie verurteilt. Der 44-Jährige hatte in einem Café Geiseln genommen.

Ein heute 44-jähriger Mann hatte Ende Januar in einem Café am Ulmer Münsterplatz mit Waffenattrappen zunächst zwölf Menschen in seine Gewalt gebracht. Das Landgericht Ulm hat den ehemaligen Bundeswehr-Soldaten am Dienstag zu sechs Jahren Haft wegen siebenfacher Geiselnahme verurteilt. Fünf Geiseln ließ der Mann damals schnell gehen, die anderen, bis auf eine, nach und nach. Der Afghanistan-Veteran hatte geplant, sich bei der Geiselnahme von der Polizei erschießen zu lassen.

Die Höhe der Haftstrafe könnte in diesem Fall aber eher bedeutungslos sein. Denn der Mann wird laut Urteil dauerhaft in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Die dort verbrachte Zeit wird zwar auf die Haftstrafe angerechnet, könnte aber auch viel länger dauern als die Haftstrafe -  im Extremfall für immer.

Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten am Montag für die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus plädiert. Im Strafmaß gingen die Plädoyers allerdings weit auseinander: Der Staatsanwalt forderte acht Jahre Haft wegen Geiselnahme in sieben Fällen sowie Freiheitsberaubung und Nötigung in fünf Fällen. Die Verteidigung ging von einem minderschweren Fall aus und forderte ein Strafmaß von höchstens vier Jahren.

Schon vor dem Vorfall in dem Café in der Ulmer Innenstadt hatte der Mann mehrere Suizidversuche hinter sich und auch mehrere Aufenthalte in Kliniken. Aus denen war er aber immer wieder nach kurzer Zeit entlassen worden, in der offenbar falschen Annahme, sein psychischer Zustand sei stabil genug dafür.

Der Soldat selbst - so stellte es der psychiatrische Gutachter am Montag aus den Akten vor - hatte in allen Fällen vor Ort einen gefestigten Eindruck hinterlassen, letztmalig im Dezember, kurz vor der Geiselnahme in Ulm Ende Januar.

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Eingerechnet in die Haftstrafe wird nicht nur die bisherige Zeit der Untersuchungshaft, sondern auch noch eine anstehende Operation des Mannes. Bei den Schüssen durch die Polizei, mit denen die Geiselnahme beendet wurde, war der Unterkiefer des 44-Jährigen zerstört worden. Erst nach der jetzt anstehenden wiederherstellenden Operation wird der Mann in die Psychiatrie kommen.

Wie und wann die ebenfalls vom psychiatrischen Gutachter festgestellte ursächliche posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) behandelt wird, steht noch nicht fest. Der ehemalige Bundeswehr-Soldat hatte zwei Einsätze in Afghanistan. Probleme soll er schon nach dem ersten Einsatz gehabt haben, dennoch meldete er sich freiwillig für einen zweiten Einsatz.

Erst Jahre danach klagte er über psychische Probleme - nach heutigem Stand der Forschung ist das durchaus möglich. Bis ins Jahr 2010 war man allerdings davon ausgegangen, dass sich eine PTBS spätestens sechs Monate nach einem Einsatz bemerkbar machen müsse.

Die Beschwerden des Mannes waren bei der Bundeswehr spätestens 2022 bekannt, eine entsprechende Behandlung hatte man ihm, wohl wegen fehlender Therapieplätze, allerdings erst für Ende 2024 in Aussicht gestellt.

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