Wer unter Narkolepsie leidet, ist am Tag häufig müde und kann nachts schlecht schlafen. Patrick Fessler aus Aalen leidet unter dieser Schlafkrankheit und kämpft im Alltag mit Vorurteilen. Sein größter Wunsch ist ein Studium an der Hochschule Aalen.
Der Wecker von Patrick Fessler aus Aalen im Ostalbkreis klingelt morgens im Fünf-Minuten-Takt. Der 27-Jährige kommt einfach nicht aus dem Bett. Dabei ist er keineswegs zu faul zum Aufstehen. Er leidet unter der seltenen Krankheit Narkolepsie.
Junge Erwachsene erkranken besonders häufig
Christina Lang leitet das neurologische Schlaflabor in den RKU, den Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm. "Die meisten Patienten mit Narkolepsie erkranken im jungen Erwachsenenalter, also zwischen zehn und 20 Jahren", erklärt Lang. Die Betroffenen würden genau dann erkranken, wenn es besonders wichtig sei, tagsüber wach und konzentriert zu sein. Typische Lebensabschnitte seien das Ende der Schullaufbahn oder der Beginn des Studiums. Hier würden Patienten häufig die ersten Symptome entwickeln, so die Schlaf-Expertin.
Während sich bei einem gesunden Menschen der Schalter zwischen Schlafen und Wachsein automatisch umlegt, ist der Kippschalter bei Patrick Fessler in einer Zwischenposition und immer instabil. Im Moment hat er viele gute Tage. Zwar wird er oft erst mittags wach, dann aber kommt er ganz gut durch den Tag.
Es gibt aber auch weniger gute Tage, erzählt Patrick Fessler. Zum Beispiel, wenn er plötzlich geweckt wird. Dann reagiere sein Körper oft mit starken Kopfschmerzen. "Ich gehe dann kalt duschen, nehme Medikamente und versuche in Gang zu kommen". Die Krankheit blieb bei Patrick lange unerkannt. Die Diagnose "Narkolepsie" hat er erst 2018 bekommen. Seitdem macht er sich weniger Stress, wenn er mal zu spät kommt.
Patienten, die unter Narkolepsie leiden, wirken auf andere oft unkonzentriert, faul oder desinteressiert, so Christina Lang. Dabei seien Betroffene keineswegs psychisch krank oder weniger intelligent. Trotzdem würden sie oft durchs Raster fallen, vor allem beruflich, weil sich nicht so viel leisten können.
Sieben abgebrochene Ausbildungen
Patrick Fessler hat einen großen Wunsch: Er will "Data Science" an der Hochschule Aalen studieren. Dabei geht es um Datenanalysen und das Thema künstliche Intelligenz. Danach würde er gerne ein Start-Up gründen. Das funktioniert aber nicht. Von der Hochschule hat er einen Ablehnungsbescheid bekommen, weil er ohne Abitur und Berufsausbildung die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllt.
Bevor sich Patrick Fessler an der Hochschule Aalen beworben hatte, wollte er eine Berufsausbildung machen. Einen Werkrealschulabschluss hat er bereits in der Tasche. Abitur hat er nicht. Es folgten sieben abgebrochene Ausbildungen. Das Problem war die Berufsschule, erzählt Patrick. Die IHK-Ordnung sehe eine gewisse Anwesenheitspflicht vor. Ab einer bestimmten Anzahl an Fehltagen werde man nicht mehr zur Prüfung zugelassen, erklärt Patrick. "Wenn ich bewusstlos im Bett liege, kann ich um 7:30 Uhr nicht an der Berufsschule sein".
Oft erkennt die engste Familie die Krankheit nicht an
Ein großes Problem sei es, so Christina Lang von den RKU, dass selbst die Familie und Freunde die Krankheit bagatellisieren und nicht wirklich aufgeklärt sind. Dadurch haben Patientinnen und Patienten oft den Anspruch, genauso viel leisten zu müssen wie jemand, der nicht an Narkolepsie leidet. Patienten würden sich dann oft aus dem sozialen Umfeld zurückziehen und keinen Hobbys mehr nachgehen, um ihren schulischen oder beruflichen Anforderungen gerecht werden zu können.
Sekundär würden Patienten dann auch unter psychisch Problemen leiden. Sie haben häufig Probleme stabile Beziehungen zu führen oder Freundschaften zu pflegen. Durch den unterbrochenen Nachtschlaf seien Patienten oft auch reizbarer und würden unter Stimmungsschwankungen leiden.
Notfalls will Patrick Fessler sich einklagen
Der 27-jährige Patrick Fessler hat schon einige Behördengänge hinter sich. Weil er wegen gesetzlichen Vorgaben und IHK-Normen keine duale Ausbildung machen konnte und wegen fehlendem Abitur nicht zum Studium zugelassen wurde, wandte er sich bereits an verschiedene Ministerien. "Für mich fühlt sich keiner zuständig", so Patrick Fessler. Er fühlt sich ungerecht behandelt. Er wolle etwas lernen, kooperativ sein und seinen Betrag in der Gesellschaft leisten. Um studieren zu können, werde er sich zur Not einklagen.