Tests ergaben fünffach überhöhte Werte

Belastung mit Radon: Behörde in Ulm seit Monaten gesperrt

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Frank Wiesner
Frank Wiesner

In Ulm ist ein Bürogebäude einer Behörde seit Monaten gesperrt. Der Grund: Tests ergaben eine Radonbelastung, fünf Mal höher als der zugelassene Wert. Die Behörde steht auf einer ehemaligen Deponie.

Das Amt für Vermögen und Bau in Ulm steht seit Monaten leer. Testmessungen haben im Sommer eine überhöhte Belastung durch das radioaktive Gas Radon ergeben. Jetzt läuft eine Messreihe, die Monate dauern kann. Die Messungen sollen klären, ob es sich um ein lokal begrenztes Phänomen handeln könnte. Denn das Gebäude steht auf dem Gebiet einer ehemaligen Mülldeponie aus der Nachkriegszeit.

Das verschachtelte Gebäude des Amts für Vermögen und Bau in Ulm aus der Vogelperspektive. Hier arbeiteten bis zu den Sommerferien über 100 Menschen. Dann wurde das Haus wegen Radonbealstung evakuiert.
Das Amt für Vermögen und Bau in Ulm: Hier wird eine überhöhte Radonbelastung vermutet. Deswegen wurde das Gebäude evakuiert. Das Haus steht auf einer ehemaligen Mülldeponie der Nachkriegszeit. Die ältesten Gebäudeteile wurden 1960 errichtet.

Radon ist unsichtbar, geschmacklos und gefährlich für die Gesundheit. Nach dem Rauchen ist es die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs. Der Leiter des Amts für Vermögen und Bau in Ulm, Tilmann Häcker, wollte nach den ersten Testmessungen dieses Risiko für die Gesundheit seiner Mitarbeitenden nicht mehr verantworten. Ende Juli sperrte er die Behörde, die zum Finanzministerium Stuttgart gehört. Quasi über Nacht durften die etwa 100 Mitarbeitenden nicht mehr an ihren Arbeitsplatz. Sie durften nur das Notwendigste mitnehmen.

Der Leiter des Amts Vermögen und Bau in Ulm, Tilmann Häcker, steht im Foyer seines verlassenen Dienstgebäudes in Ulm.
Tilmann Häcker, Amtsleiter im Amt für Vermögen und Bau in Ulm, hat die Evakuierung seines Dienstgebäudes angeordnet. Er will für seine Mitarbeitenden Gesundheitsgefährundung durch die radioaktive Strahlung von Radon ausschließen. Mittlerweile ist die Behörde in ein anderes Gebäude umgezogen.

Die körperliche Unversehrtheit, die auch in einem Artikel unseres Grundgesetzes verankert ist, zählt für mich und wiegt für mich sehr schwer.

Das Amt für Vermögen und Bau in Ulm fristet sein Dasein seither als "Lost Place". Die gemessene Radonbelastung lag bis zu fünffach über dem erlaubten Wert von 300 Becquerel pro Kubikmeter. Lüften hilft angeblich gegen die Radonbelastung im Raum, doch die Testmessungen seien gemacht worden, gleich nachdem ausgiebig gelüftet worden war.

Und das im Sommer. Im Winter seien die Werte meist höher, so Tilmann Häcker: "Und ich musste abwägen, was zu tun ist, und habe mich dann entschieden und entschlossen, das Dienstgebäude zumindest temporär - bis alles untersucht und klar ist - aufzugeben."

Eine kleine Dose steht auf einem Tisch. Sie misst die Strahlenbelastung durch Radon in einem Gebäude in Ulm.
Mit so einem "Dosimeter" wird die Radon-Strahlung gemessen. Diese Dose steht bis zu einem Jahr lang rum. Dann kommt sie ins Labor und wird ausgewertet. Der Referenzwert für Radon liegt bei 300 Becquerel pro Kubikmeter.

Die Radon-Messungen mit so genannten Dosimetern dauern mehrere Monate. Sie stehen in 22 Zimmern, verteilt über das gesamte Gebäude. Im Frühsommer 2025 liegen voraussichtlich die Ergebnisse vor.

Ergebnisse könnten gravierende Auswirkungen auf die Region haben

Die Messergebnisse werden mit Spannung erwartet. Liegen sie über dem Referenzwert, könnte es eine Prüfung geben, ob ganz Ulm zu einem Radon-Vorsorgegebiet erklärt werden muss. Das hat Auswirkungen: In Vorsorgegebieten ist der Bodenrichtwert meist niedriger, was sich auch auf Immobilienbewertung, Grundsteuern und Grundstückspreis auswirkt.

Außerdem gelten in Vorsorgegebieten andere Pflichten für Arbeitgeber: Sie müssen dort regelmäßig Radon-Messungen durchführen. Ein Gebiet mit erhöhter Radonbelastung ist in Baden-Württemberg der Südschwarzwald.

Ein Teller steht verlassen auf einem Schreibtisch. Daneben liegt ein bekritzelter Notizzettel. Es zeugt davon, wie schnell das Amt für Vermögen und Bau in Ulm verlassen wurde.
"Lost Place": Das Amt für Vermögen und Bau in Ulm ist "über Nacht" evakuiert worden. Vom eiligen Auszug zeugen noch zurückgelassene Utensilien wie Teller und Notizen.

Klare Kriterien für Definition als Radon-Vorsorgegebiet

Es gibt klare Kriterien vom Bundesamt für Strahlenschutz in Berlin, wann ein Gebiet zum Vorsorgegebiet erklärt werden kann. Neben bestimmten geologischen Voraussetzungen sind viele Messungen in Gebäuden nötig. Dazu sagte Bernd Hoffmann vom Bundesamt für Strahlenschutz im SWR-Interview: "Radon-Vorsorgegebiete sind definiert im Strahlenschutz als Regionen, in denen etwa zehn Prozent der Gebäude eine Radon-Konzentration aufweisen, die über dem Referenzwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter liegen."

WHO-Richtwert bei 100 Becquerel pro Kubikmeter

Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert ihren Richtwert sogar deutlich niedriger. Ihrer Ansicht nach erhöhen schon 100 Becquerel pro Kubikmeter Raumluft das Lungenkrebsrisiko um 16 Prozent, wenn man diesem Wert über mehrere Jahre ausgesetzt ist. Tatsächlich räumt Tilmann Häcker ein, dass es Krankheitsfälle in seinem Team gibt. Inwieweit es Zusammenhänge mit der Belastung im Gebäude gibt, könne er nicht beurteilen. Frühere Messungen seien unbedenklich gewesen.

Mit Radon belastete Behörde steht auf ehemaliger Deponie

Außerdem gebe es neben Radon noch andere Schadstoff-Thematiken in dem verlassenen Amt. Die Belastung durch den Schadstoff PCB sei hoch. Früher hat man PCB zum Beispiel als Dichtmittel in Fugen eingesetzt, heute ist es am Bau verboten. Eine Erklärung für die Schadstoffbelastungen im Amt für Vermögen und Bau ist mittlerweile gefunden. Das Gebäude steht auf einem Grundstück, auf dem es in der Nachkriegszeit einer Mülldeponie gab. Unter dem Haus könnte außerdem auch uranhaltige Munition der Amerikaner liegen.

Das betroffene Amt in Ulm mit seinen 100 Mitarbeitern ist mittlerweile umgezogen – ins Obergeschoss eines Forschungsgebäudes an der Universität. "Ein Kraftakt innerhalb von drei Monaten", sagt Tilmann Häcker. Er ist dankbar, dass sein Team beim Umzug so aktiv mitgearbeitet hat.

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