Trinkwasser, Elektrolyt-Pulver, ein Pulsoximeter und vor allem eine Kühldecke - das ist drin in einem Koffer, der bei einem Hitzschlag-Patienten schnell für die nötige Kühlung sorgen soll. Nach Angaben der Herstellerfirma ist es der weltweit erste Hitze-Notfallkoffer mit Sofortkühlung.
Der Hitze-Notfallkoffer sollte in jeder Firma hängen, findet Wolfgang Ilg. Er ist einer der ersten Abnehmer des seit Mitte Juli erhältlichen Koffers. In der Produktionshalle seines Druckluft-Unternehmens kann es 40 Grad heiß werden. Daher hängt jetzt neben dem Erste-Hilfe-Koffer der Notfallkoffer gegen Hitze. "Es sollte Vorschrift sein, wenn man sich unsere Sommer so anschaut", sagt Ilg. "Klare Frage, was ist ein Menschenleben wert? Da kann es wohl nicht falsch sein, in ein paar dieser Koffer zu investieren. Wenn er ein Leben rettet, hat er sich schon gelohnt." Rund 300 Euro kostet der Koffer.
Auch Dachdecker oder Straßenbauer müssen im Sommer mit hohen Temperaturen klarkommen. Schon ein Stadtbummel bei warmen Temperaturen kann für Senioren eine Hitzefalle sein. Das hatte Gabriele Renner, Geschäftsführerin des Ulmer Unternehmens "pervormance international", schon vor zehn Jahren auf die Idee zu dem Koffer gebracht.
Was Notfallmediziner und Rettungssanitäter zum Hitze-Notfallkoffer meinen
Helfen soll vor allem das Kernstück des Koffers: eine spezielle Kühldecke. Sie wird mit dem im Koffer enthaltenen Wasser getränkt und dabei aktiviert. Die Decke selbst ist trocken, wenn sie auf den Patienten gelegt wird. Sie bestehe aus "dreidimensionalem Fleece", erklärt Gabriele Renner, das auf der Faser Wassermoleküle binden könne, so dass man das Wasser nicht mehr ausdrücken könne.
Notfallmediziner und Rettungssanitäter reagieren nicht ganz so "euphorisch" auf den Hitze-Notfallkoffer. Marc Sachsenmaier, Rettungsdienstleiter beim DRK in Aalen, kann sich den Koffer gut als Erste-Hilfe-Maßnahme vorstellen, schränkt aber ein, dass es "auch an vielen Stellen konventionelle und einfache Maßnahmen zur Kühlung geben wird".
Ulmer Notfallmediziner: Wissenschaftliche Studien fehlen
Nach Einschätzung des Leiters der Notfallmedizin an der Universität Ulm, Professor Claus-Martin Muth, fehlt es an aussagekräftigen, wissenschaftlichen Studien, um mit Sicherheit zu sagen, wie sinnvoll so ein Hitze-Notfallkoffer ist. Dass solche Koffer flächendeckend wie Erste-Hilfe-Sets oder Defibrillatoren angebracht oder in Rettungswagen mitgeführt werden, kann er sich nicht vorstellen. Für Dachdecker- oder Straßenbaufirmen könnte der Koffer vielleicht sinnvoll sein, damit Beschäftigte bei ersten Symptomen einer Überhitzung mit der Kühldecke versorgt werden.
Bei Hitzeschlag ist "aggressive Kühlung" nötig
Bei einem Hitzschlag sei eine "aggressive Kühlung" nötig, am besten ein Bad in eiskaltem Wasser; Verdunstungskälte wie bei der Kältedecke reiche dafür nur bedingt. Betroffene sollten sofort in eine Klinik gebracht werden. Professor Muth räumt jedoch ein, dass Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern insgesamt schlecht auf Hitzefolgen vorbereitet sei.
Ein Hitzschlag kann tödlich sein
Schnelle Hilfe ist bei Hitze lebensrettend. Denn wie beim Herzinfarkt oder Schlaganfall sind die ersten Minuten entscheidend, um Leben zu retten oder Folgeerkrankungen zu verhindern.
Das Robert Koch-Institut (RKI) schätzt, dass es bis Mitte Juli dieses Jahres 540 hitzebedingte Sterbefälle gab. Im Sommer 2023 registrierte das RKI 3.200 Tote, in den Jahren 2018 und 2019 gab es sogar jeweils über 7.000 Sterbefälle - trauriger Rekord.