Das wichtigste Kehrutensil dürfte inzwischen der Staubsauger sein. Doch über Jahrhunderte war es der Besen. Weltweit. Auch heute noch ist ein Haushalt ohne Besen schwer vorstellbar - er fegt durch alle Länder und Kontinente hinweg und sieht noch dazu überall ein wenig anders aus. Im Besenmuseum in Schloss Mochental bei Ehingen (Alb-Donau-Kreis) kann man ihn in seiner Vielfalt bestaunen. Am 8. November ist "Tag der Putzkraft" - Grund genug, den Besen mit einem Besuch im Besenmuseum zu würdigen.
Gefegt wird der Assuan-Staudamm wie auch das Treppenhaus
Wie viele Exponate im Besenmuseum stehen, hängen oder liegen, weiß nicht mal Ewald Karl Schrade. Mehrere hundert sind es auf jeden Fall, teils in der Ausstellung, teils im Depot, überlegt der Galerist und Kurator von Schloss Mochental. Sie hängen dicht an dicht an den Wänden, lehnen am Treppengeländer oder liegen in mehrstöckigen Vitrinen. Aus Oberschwaben stammen sie, aus Frankreich oder aus Afrika.
Bei einer derartigen Vielzahl an Exponaten einen Lieblingsbesen zu finden, fällt Schrade schwer. Dann kommt er doch auf ein besonderes Exemplar: Ein verknoteter unauffälliger Besen, der an einer Säule hängt. "Mit dem hat man den Assuan-Staudamm in Ägypten gefegt", erzählt er und nimmt das weitgereiste Stück fast ehrfürchtig vom Haken.
Der Besen aus dem fernen Ägypten zeigt zwar deutliche Gebrauchsspuren, ist ansonsten aber in gutem Zustand. Anders dagegen ein "Kollege", der gleich rechts neben Eingang an der Wand hängt, Stiel nach unten, Borsten nach oben. Was heißt "Borsten"? Von denen sind nur wenige Zentimeter lange Stummel übrig geblieben. Es ist ein abgefegter Stubenbesen aus dem Allgäu. Ewald Karl Schrade nennt ihn ein "Denkmal schwäbischen Kehrfleißes".
Andere Länder, andere Besen: Mal Affenschwanz, mal Dattelpalme
Der Kurator holt einen schwarzes Werkzeug aus einem Eckregal, es erinnert an einen großen schwarzen Pinsel. "Ein Affenschwanzbesen aus Kenia", erklärt Schrade - und deutet gleich darauf auf einen ebenfalls schwarzen peitschenartigen, geflochtenen Besen in einer Vitrine: Der ist aus einem Elefantenschwanz gefertigt.
Andere Länder, andere Materialien - dazu gehört auch eines der rustikalsten und ursprünglichsten Exponate des Besenmuseums Schloss Mochental: Aus dem Wedel einer Dattelpalme gefertigt. Wobei "gefertigt" gelinde übertrieben ist. Die Blätter sind zusammengeschnürt, ansonsten ist der Feger komplett naturbelassen. Der "Stiel" ist schlichtweg das dicke Ende des Palmwedels.
Auf der Suche nach skurrilen Besen wird man aber nicht nur in anderen Kontinenten fündig. An einer Wand hängen mehrere weiße Enten- und Gänseflügel - so genannte Flederwische, Vorläufer von Handfeger und Staubwedel, und Kennern des schwäbischen Volkslieds "Aufm Wasa graset Hasa" bekannt aus der Zeile "Liaber will i gar koi Schätzle als an sotta Fledrawisch".
Weit mehr als ein Feger: Der Besen und die Mystik
Im Treppenhaus des Besenmuseums in Schloss Mochental hängt eine lebensgroße Stoffhexe. Wie könnte es anders sein, reitet sie auf einem Besen. In Sagen und Märchen kommt kaum eine Hexe ohne Besen aus - der ihr gleich auf zweierlei Weise dient: zum Fliegen und zum Zaubern. Im Brauchtum hat sich diese andere Seite des Besens erhalten, nicht zuletzt in der schwäbisch-alemannischen Fasnet.
Der Besen und der Heilige Rochus
Und auch im christlichen Volksglauben taucht er auf. Ein Bild an der Wand zeigt den Heiligen Rochus mit Heiligenschein und einem Besen in den Händen. Der Schutzpatron der Pestkranken hat der Legende nach in der Zeit der Pestepidemie im 14. Jahrhundert Erkrankte gepflegt und unter anderem ihre Behausungen gesäubert. In manchen dem Heiligen geweihten Kapellen, vor allem in Oberschwaben, findet man heute noch vereinzelt Besen, die Gläubige als Opfergabe gebracht haben.