Dienstleister statt eigener Besen

In Aalen wird in vielen Mietshäusern die Kehrwoche abgeschafft

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Frank Polifke
Frank Polifke

In Aalen wird eine heilige schwäbische Kuh geschlachtet: Die stadteigene Wohnungsbau GmbH schafft die Kehrwoche ab, eine Institution, so schwäbisch wie Spätzle und Maultaschen.

In Aalen schafft die stadteigene Wohnungsbau GmbH in ihren Mietshäusern nach und nach die Kehrwoche ab. Und das sorgt für Diskussionen. Mieterin Emine Turan zum Beispiel hat nichts gegen die Kehrwoche. Im Gegenteil: "Dann weiß ich, dass es sauber ist." In ihrem Mehrfamilienhaus gibt es in Sachen Sauberkeit keine Probleme, erzählt sie. Jeder Mieter ist alle drei Wochen mit der sogenannten kleinen Kehrwoche an der Reihe und alle acht Wochen mit der großen. Ihrer Erfahrung nach klappt das im großen und ganzen gut.

Wohnungsbau will ältere Mieterinnen und Mieter entlasten

In Emine Turans Haus wird es bald weder die kleine noch die große Kehrwoche geben. Michael Schäfer schafft sie ab, in allen rund 170 Gebäuden der Wohnungsbau Aalen GmbH. Als Begründung nennt der Geschäftsführer das Ergebnis einer Umfrage unter den Mieterinnen und Mietern. Und die Tatsache, dass unter ihnen mehr und mehr ältere Menschen sind. "Bei der Mieterumfrage haben wir festgestellt, dass sie sich mit der Kehrwoche immer schwerer tun, gerade weil das Durchschnittsalter schon über 60 ist."

Dienstleister übernimmt Kehrwoche - für 40 Euro im Monat

Die Wohnungsbau will sie entlasten. Deshalb soll in den rund 170 Häusern der Aalener Wohnungsbau künftig ein Hausmeisterservice kehren, die Mülleimer rausstellen und Schnee räumen. Was sich zunächst sozial anhört, hat aber eine Kehrseite: Die städtische Tochter bittet die Mieter im Gegenzug mit 40 Euro im Monat zur Kasse. Für Emine Turan kein gutes Geschäft. 40 Euro hält sie für einen stolzen Betrag. Im Gegenzug ist sie sich mit den anderen Mieterinnen und Mietern ihres Hauses einig: "Wenn eine Firma übernimmt, machen wir hier nichts mehr." Ob es dann im Haus so sauber bleibt wie bisher, werde man sehen.

Die Mieterin eines Aalener Mehrfamilienhauses beim Kehren des Treppenhauses. Mieterin Emine Turan bei einer ihrer vermutlich letzten Kehrwochen in einem Mietshaus der städtischen Wohnungsbau GmbH in Aalen.
Mieterin Emine Turan bei einer ihrer vermutlich letzten Kehrwochen in einem Mietshaus der städtischen Wohnungsbau GmbH in Aalen.

Zur großen Kehrwoche gehört auch das Putzen im Keller und auf dem Dachboden. Einschließlich des Wegwischens von Spinnweben. Emine Turan bezweifelt, dass der Hausmeisterservice das so gründlich macht. Für sie ist die traditionelle Kehrwoche ein gut funktionierendes Modell. Und sie ist damit in Aalen keineswegs allein: "Ich bin Ureinwohner als Schwabe", bekennt ein Passant. Da stecke es ihm quasi im Blut, die Kehrwoche einzuhalten. Als Kind habe sie die Kehrwoche gehasst, gibt eine junge Frau zu. Heute hält sie sie für eine gute Sache: "Das ist Gemeinschaftssinn. Jeder achtet darauf, dass man das Gemeinsame gemeinsam sauber hält."

Schwäbische Kehrwoche wird nach und nach abgeschafft

In den Häusern der Wohnungsbau Aalen ist die schwäbische Kehrwoche trotzdem bald passé. Nach und nach werde in allen Häusern auf Dienstleister umgestellt. Eine Wahl zwischen selbst kehren und Hausmeisterservice hält Geschäftsführer Michael Schäfer nicht für praktikabel: Zu viel bürokratischer Aufwand. Die 40 Euro werden die Mieter wohl oder übel bezahlen müssen, sagt er. Aber dafür bekommen sie eine Gegenleistung, bekräftigt der Geschäftsführer und fügt hinzu, die Wohnungsbau Aalen halte im Gegenzug schon seit Jahren die Mieten niedrig. So halte sich die finanzielle Belastung der Mieterinnen und Mieter in Grenzen.

Ob das Reinigungsergebnis der Dienstleister dem kritischen Blick der schwäbischen Hausfrauen und -männer letztendlich standhält, muss sich erst noch zeigen.

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