Im April vor 30 Jahren haben Claudia Riese und Heinz Koch gemeinsam in Neu-Ulm ihr eigenes Theater gegründet. Damals noch unter dem Namen AuGuS-Theater – "Autonomes Goethe und Schiller Theater" und ohne festen Spielort. Inzwischen ist daraus das Theater Neu-Ulm geworden, in dem die beiden künstlerisch walten und schalten können. Trotzdem zeigen sich die Theatermacher zum Jubiläum nachdenklich. Denn steigende Kosten und knapp bemessene Fördermittel lassen sie mit Sorge auf die Zukunft der kleinen Bühne blicken.
Theater Neu-Ulm: Hohe Kosten und knappe Mittel
Aktuell machen den Theaterleuten vor allem die steigenden laufenden Kosten für die Spielstätte Sorgen: "Das macht jetzt dieses Jahr ganz schön was aus. Die Inflation ist bei uns genau dieselbe, wie bei allen anderen auch. Strom und so weiter ist alles hoch gegangen. Wir haben, wie die Gastronomen und Hoteliers auch, beim Rahmenpersonal große Probleme. Auch da sind die Mindestlöhne gestiegen. Wir müssen uns mehr denn je nach der Decke strecken", so Theatermacherin Claudia Riese.
"Wir müssen uns nach der Decke strecken"
Zudem seien für ein früheres Darlehen der Stadt Neu-Ulm noch Zahlungen zu leisten, so Riese weiter. "Wir haben dieses Theater hier in der Hermann-Köhl-Straße ja selbst ausgebaut. Das war mal eine Schlecker-Filiale. Alles mit Eigenmitteln und da haben wir damals ein Darlehen von der Stadt bekommen, das nur die ersten zehn Jahre zinsfrei frei und für das nun Zinsen anfallen", erklärt Heinz Koch. Gleichzeitig seien die Fördermittel für die kleine Bühne denkbar knapp bemessen.
"Natürlich werden wir subventioniert", erzählt Claudia Riese. Das mache es überhaupt möglich, nicht nur auf Kassenschlager zu achten, sondern künstlerisch interessante Produktionen ins Programm zu nehmen. Aber in Coronazeiten seien die jährlichen Zuschüsse von der Stadt Neu-Ulm gekürzt worden. Und dabei sei es geblieben. Rund 144.000 Euro seien es momentan. Zwar steuere der Freistaat Bayern noch 50.000 Euro bei. Und es komme ein kleiner Obolus vom Landkreis Neu-Ulm. "Aber unterm Strich kommen wir nach Abzug aller Kosten nur klar, weil wir beide private Mittel einbringen", ergänzt Heinz Koch.
Theatermacher in Neu-Ulm: Seit 45 Jahren gemeinsam auf der Bühne
Seit 45 Jahren sind die gelernten Schauspieler Riese und Koch gemeinsam im Theatergeschäft. Zuerst auf der Bühne des ehemaligen Theaters in der Westentasche. Nach dessen Insolvenz und der Gründung ihres eigenen Theaters war das Zweiergespann erstmal ohne festen Spielort. "Wir durften damals im Foyer beim Podium des Ulmer Theaters an den spielfreien Tagen auftreten und waren happy", erinnert sich das Theater-Duo.
Später gab es eine Kooperation mit einer Ballettschule. Dann kam die Gelegenheit, im einst historischen Konzertsaal in Neu-Ulm zu proben. Später wurde das Gebäude feste Spielstätte. Nach dessen Abriss ist das Theater Neu-Ulm heute nur ein paar Straßen weiter zu Hause. Aber schon immer mussten die Theatermacher das knappe Budget im Blick behalten.
"Also mit dem Geld, das hier reinkommt, können wir eigentlich normalerweise dies Theater nicht machen und auch nicht davon leben. Das glaubt uns auch keiner so richtig", so Heinz Koch. Er bekomme aber bereits eine Rente nach 45 Jahren Berufstätigkeit. Unter anderem war er bei der Bundeswehr und als Journalist tätig. "Das ist schon ein ziemlich kleiner Betrag im Monat, der für uns selbst übrig bleibt", sagt Claudia Riese, die ebenfalls privat Geld ins Theater reinbuttert.
Wenig Geld für Kooperationen mit anderen Bühnen
Seit Coronazeiten gibt es im Theater Neu-Ulm auch öfter Gastspiele. Etwa von Schauspielenden, die gerne mal woanders spielen oder keinen festen Spielort haben. Vorteil für das Theater Neu-Ulm: Die Produktionen sind schon fast fertig, es gibt nur die Endproben vor Ort, bei denen Riese und Koch federführend sind. Kooperationen, die allerdings finanziell immer schwieriger zu stemmen seien, so Claudia Riese. Allein schon wegen der anfallenden Unterbringungskosten und Gagen. Zudem müsse die kleine Profibühne jährlich 100 eigene Produktionen vorweisen, um Fördermittel zu bekommen. Die müsse man auch unterbringen, so Riese.
30-jähriges Bestehen: "Wir wollen weitermachen"
Auch, wenn zum Jubiläum keine Sektkorken knallen - Aufhören war trotz allem nie eine Option für das engagierte Duo Riese und Koch vom Theater Neu-Ulm. Allerdings würden sich die beiden Vollblutmimen wünschen, von den Verantwortlichen ihrer Stadt stärker wahrgenommen zu werden: "Es gibt ja kaum Städte in dieser Größenordnung wie Neu-Ulm mit 60.000 Einwohnern, die überhaupt ein Theater haben. Ich glaube, dass das vielen gar nicht ganz bewusst ist, dass wir eine richtige Profibühne sind, die auch überregional anerkannt ist", so Koch.
So gab es für die beiden Schauspielprofis bereits Preise bei Theatertagen für Stücke aus eigener Feder. "Wir könnten uns, wenn die Stadt Neu-Ulm wollte, zusammensetzen und Pläne schmieden, was wir noch alles in der Stadt machen können", meinen die beiden. Aber alle guten Ideen seien bisher diesbezüglich versandet.
"Wir spielen querbeet durch alle Genres und das klappt ganz gut", sagt Claudia Riese. Während viele kleine Theater versuchten, sich mehr auf eine Schiene zu stürzen, sei das Konzept der Neu-Ulmer Bühne ein anderes: "Wir bemühen uns, dem Publikum immer Abwechslung zu bieten. Ganz unterschiedlich, von heiter unterhaltend bis ernst mit Tiefgang." Manche kämen dafür sogar aus der Schweiz und Österreich.
Theater Neu-Ulm: Jubiläum ohne viel TamTam
Am vergangenen Mittwoch gab es eine kleine Jubiläumsshow. Am Freitag (7.6.) hatte die bayerische Gastspiel-Komödie "Wohnen im Glück" Premiere. Darin erlebt ein Pärchen in einem vermeintlichen Traumhaus kleine und mittlere Katastrophen. Nach der Sommerpause soll es laut Spielplan mit einer Komödie weitergehen.