Pia Staigmüller aus Blaustein im Interview mit dem SWR: Sie lebt in Tel Aviv und möchte wegen des Kriegs in Israel mit ihrer Familie zurück nach Deutschland.

"Israelis sind geschockt über Brutalität des Angriffs"

Interview: Warum eine Familie aus Blaustein Tel Aviv verlässt

Stand
Interview
Torsten Blümke
Onlinefassung
Rainer Schlenz
Rainer Schlenz

Pia Staigmüller stammt aus Blaustein lebt derzeit mit ihrem israelischen Mann und ihrer dreijährigen Tochter in Tel Aviv. Im Interview erklärt sie, warum die Familie das Land verlassen hat.

Seit drei Jahren lebt die in Blaustein (Alb-Donau-Kreis) geborene Pia Staigmüller mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Tel Aviv. Angesichts der Brutalität des Angriffs auf Israel hat die Familie das Land verlassen. Wir haben mit ihr am Donnerstag, dem Vortag ihrer Abreise, gesprochen.

SWR Aktuell: Pia Staigmüller, Sie haben sich entschieden, das Land vorerst zu verlassen. Wie schwer ist Ihnen diese Entscheidung gefallen?

Pia Staigmüller: Es ist ja nicht das erste Mal, dass es Angriffe gibt. Ich bin jetzt mittlerweile dreieinhalb Jahre hier. Und dieses Mal haben wir wirklich das Gefühl, dass es anders als die anderen Male ist. Wir fühlen uns wirklich bedroht. Und deswegen denken wir, dass es die richtige Entscheidung ist, dass wir uns erst mal in Sicherheit bringen.

SWR Aktuell: Sie sitzen gerade in ihrem Wohnzimmer in ihrer Wohnung in Tel Aviv. Wie ist die Situation momentan? Wie müssen wir uns den Alltag vorstellen?

Staigmüller: Es ist wirklich so, dass die Israelis und die ganze Nation vollkommen geschockt sind von der Brutalität des Angriffs und von dem Ausmaß. Und der Unterschied zu den vorigen Malen ist, dass dieses Sicherheitsgefühl, das es hier immer durch das starke Militär gab, wirklich bis ins Mark durch die Terrorangriffe erschüttert wurde. Und das merkt man. Es sind wirklich wenig Leute draußen. Die Geschäfte und Restaurants sind teilweise geschlossen. Natürlich hat man immer wieder Raketenalarm.

SWR Aktuell: Was machen Sie dann?

Staigmüller: Normalerweise sollte man in einen Schutzraum gehen. Das hat hier jedes neuere Haus. Aber wir wohnen in einem älteren Gebäude. Von daher haben wir das nicht, deswegen gehen wir ins Treppenhaus. Das ist auch ein Grund, warum wir nach Deutschland wollen.

SWR Aktuell: Ihr Partner führt sonst Touristengruppen durch Israel. Jetzt werden alle beim Militär gebraucht. Kann er das Land trotzdem verlassen?

Staigmüller: Ja, weil er schon über der Altersgrenze für Reservisten ist. Von daher dürfte er keine Probleme haben.

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SWR Aktuell: Viele Flüge nach und aus Israel sind gestrichen. Wie versuchen Sie denn jetzt rauszukommen?

Staigmüller: Wir sind alle drei auf dieser Krisenvorsorgeliste vom Auswärtigen Amt eingetragen. Es war relativ schwer, weil die Hotline natürlich total überlastet war und wir wirklich stundenlang versucht haben, jemanden zu erreichen. Aber heute Morgen (Donnerstag) hat es dann geklappt.

SWR Aktuell: Das heißt, sie kommen jetzt raus. Wann geht's los?

Staigmüller: Morgen Nachmittag (Freitag) nach München mit Lufthansa.

SWR Aktuell: Es gab schon viel Kritik wegen fehlender Unterstützung durch das Auswärtige Amt und die deutsche Botschaft. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Staigmüller: Es waren teilweise kuriose Sachen dabei: Vorschläge, dass man über Jordanien ausreist und über die Nachbarländer. Und ja, allgemein die Organisation war jetzt nicht so perfekt.

SWR Aktuell: Sie wollen zunächst hier nach Blaustein zu ihren Eltern. Das heißt, Sie hätten jetzt erst mal einen sicheren Hafen und auch ein Auskommen?

Staigmüller: Ja, ich bin hier angestellt. Und im Moment arbeiten wir von zu Hause aus. Und das werde ich jetzt auch von Deutschland aus tun. Aber wenn sich die Lage wieder normalisiert und es wieder sicher ist hier, dann werde ich auch wegen der Arbeit wieder zurückkommen... ja natürlich auch wollen. Weil wir hier in Tel Aviv im Grunde noch alles haben, unser Haus, natürlich die Kollegen, die Freunde. Wir sehen das jetzt schon als temporäre Geschichte. Obwohl wir natürlich nicht wissen, wie lange es dauert. Und auch meine Kollegen haben mir nahegelegt, nach Deutschland zu gehen für die Zeit, in der es hier unsicher ist.

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