Palmer, Arnold und Klopfer schreiben Brief an Bundeskanzler Scholz

Es werde "immer nur geredet": Rathauschefs fordern umfassenden Bürokratieabbau

Stand
Autor/in
Peter Köpple

Der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, Richard Arnold, hat zusammen mit seinen Amtskollegen aus Esslingen und Tübingen einen öffentlichen Brief an Bundeskanzler Scholz geschrieben.

Parkplätze, Lärmschutz oder Kindergärten: Tübingens parteiloser Oberbürgermeister Boris Palmer und die Rathauschefs von Schwäbisch Gmünd, Richard Arnold (CDU), und Esslingen, Matthias Klopfer (SPD), haben sich zum Bürokratieabbau direkt an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gewandt.

Über das Thema werde "bisher immer nur geredet", beklagen die drei Stadtoberhäupter in dem 14-seitigen Schreiben. Das Schreiben listet Beispiele von A ("Aufenthaltsgestattung für Ausländer") bis Z ("Zone 30") auf, die aus Sicht der Oberbürgermeister unsinnige Vorschriften beinhalten.

Nach langem Ringen hatte sich die baden-württembergische Landesregierung mit Kommunen und Wirtschaft Mitte Juli auf eine Allianz zum Bürokratieabbau geeinigt. Hier können Sie Details dazu noch einmal ansehen:

Brandschutzvorschriften, wo nichts brennen kann

Brandschutzvorschriften an Orten etwa, an denen ohnehin nichts brennen könne, seien ein Beispiel. Oder dass die Kameradschaftskasse der Freiwilligen Feuerwehr in Schwäbisch Gmünd (Ostalbkreis) jetzt bei Einnahmen 19 Prozent Umsatzsteuer ausweisen müsse. Oder Holzhütten für ein Sommerfest, die laut Verordnung auch eine gewisse Schneelast tragen können müssen.

Ein weiteres Beispiel sehen die Rathauschefs in verschärften Normen für den Erdbebenschutz. In Regionen mit der größten Erdbebengefährdung ("Erdbebenzone 3") sei das Bauen deshalb um gut zehn Prozent teurer geworden. "Zielvorgabe ist nun, dass das Gebäude ein Erdbeben unbeschadet übersteht, das nur alle 475 Jahre auftritt", heißt es.

OB Richard Arnold fordert "gesunden Menschenverstand"

Richard Arnold, Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, kritisiert die "Philosophie" hinter der deutschen Bürokratie. "Das, was uns leiten sollte, wenn wir Regelungen schaffen, sollte der gesunde Menschenverstand sein und nicht 100 Prozent Sicherheit, die es sowieso nicht geben kann", so Arnold gegenüber dem SWR.

In seiner Stadt Schwäbisch Gmünd seien schon mehrere Projekte durch bürokratische Hürden erschwert worden. So richtete die Stadt etwa zur Landesgartenschau 2014 und zur Remstalgartenschau 2019 elf Trinkbrunnen in der Stadt ein. Gemäß neuer Vorschriften müssten diese nun sowohl wöchentlich kontrolliert und gereinigt werden, als auch mindestens zwei Liter Wasser pro Tag abgeben.

Eine Nachrüstung zur automatischen Wasserabgabe, um die Vorgaben zu erfüllen, würde laut Arnold 80.000 Euro kosten. "Ich habe es jetzt so gelöst, dass ich einen Syrer auf 520 Euro-Basis angestellt habe, der durch die Stadt läuft und auf alle diese Trinkbrunnen drückt", erzählt Richard Arnold. Laut dem Oberbürgermeister geht Bürokratie zulasten des Geldes und des Personals und sorgt für mehr Aufwand.

"Das, was uns leiten sollte, wenn wir Regelungen schaffen, sollte der gesunde Menschenverstand sein und nicht 100 Prozent Sicherheit, die es sowieso nicht geben kann.

Porträt des Schwäbisch Gmünder Oberbürgermeisters Richard Arnold. Jahrelang hat sich der Gmünder Oberbürgermeister Richard Arnold (CDU) für die Aufnahme von Flüchtlingen eingesetzt. Angesichts der starken Belastung fordert er nun Maßnahmen von der Politik (Archivbild).
Setzt sich mit weiteren Amtskollegen für mehr Bürokratie-Abbau ein: Schwäbisch Gmünds Oberbürgermeister Richard Arnold.

Vorwurf: zu viele absurde Vorschriften rund um die Bürokratie

Die drei Oberbürgermeister fordern von Kanzler Scholz, dass die Kommunen mehr Freiraum erhalten und vor Ort häufiger selber entscheiden dürfen. Denn es gebe inzwischen zu viele absurde Vorschriften. Das verträgliche Maß an Bürokratie sei längst überschritten.

"Kern vieler Probleme ist, dass die zuständigen Stellen in der Regel nur auf ihr eigenes Anliegen schauen und den Blick für sinnvolle, ergebnisorientierte, effiziente und bürgerfreundliche Lösungen nie einnehmen mussten", heißt es in dem Brief.

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