Viele Familienunternehmen stellen dem Standort Deutschland ein schlechtes Zeugnis aus. Bei einer aktuellen Umfrage des ifo-Instituts für die Stiftung Familienunternehmen sagten 31 Prozent der Firmen, der Standort sei mangelhaft oder ungenügend; weitere 31,5 Prozent bewerteten ihn als ausreichend. Knapp 11 Prozent gaben die Note gut oder sehr gut. Stiftungsvorstand Rainer Kirchdörfer sagte am heutigen Donnerstag in München: "Die Bürokratie treibt die Familienunternehmen ins Ausland."
Das ifo-Institut hatte für die Studie 1.200 Familienunternehmen befragt. Auf die Frage: "Welche Faktoren beeinflussen 2023 Ihre Investitionstätigkeit in Deutschland in positiver/negativer Richtung?" nannten 91 Prozent die Regulierungsdichte und Bürokratie als Bremse. Jeweils 80 Prozent nannten die Energiekosten, das Fachkräfteangebot und die Arbeits- und Lohnkosten, 75 Prozent die Steuern als Hindernisse für Investitionen.
Die Politik habe sich stets auf die Standorttreue der Familienunternehmen verlassen können, so Rainer Kirchdörfer weiter, aber "ihnen kommt das Vertrauen in den Standort gerade abhanden". 34 Prozent gaben an, dass ihre Investitionen in Deutschland in den nächsten fünf Jahren sinken werden. Bei den Investitionszielen im Ausland stünden die USA, Polen, Indien und China ganz oben.
Kritik von Familienunternehmen aus Baden-Württemberg
Auch baden-württembergische Unternehmen äußern breite Kritik an den Rahmenbedingungen. So zum Beispiel der Ludwigsburger Kabelhersteller Lapp. "In Ludwigsburg tätigen wir gerade die größte Investition der Unternehmensgeschichte", verweist Matthias Lapp, Vorstandsvorsitzender der Lapp SE, auf die aktuelle Erweiterung des Logistikzentrums.
In der Familie sei man sich aber einig: "Sollten sich die Rahmenbedingungen hier nicht ändern, wird das unsere letzte große Investition in Deutschland gewesen sein".
Klett: Regulierungen laufen aus dem Ruder
Wie eine Sprecherin der Stiftung Familienunternehmen dem SWR mitteilte, hatte die Stiftung bereits im August verschiedene Unternehmen zum Thema Standort befragt. Auch diese Aussagen sind durchweg kritisch.
So sagt etwa der Stuttgarter Unternehmer David Klett, Vorstandsmitglied der Klett AG: "Deutschland ist ein toller Standort für Unternehmerinnen und Unternehmer. Doch jetzt laufen Kontrolle und Regulierung aus dem Ruder - so dürfen wir ihn nicht verspielen!"
"Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist schon lange in Schieflage - gerade droht er umzukippen", wird Natalie Mekelburger, Vorsitzende der Geschäftsführung Stuttgarter Coroplast Fritz Müller GmbH, zitiert. Die Politik müsse die Familienunternehmen bei Bürokratie, Steuern und Energiekosten entlasten. "Dazu muss sie uns vertrauen und sich auf stabile Rahmenbedingungen konzentrieren, statt uns, die Bürger und sich selbst mit ihrem Mikromanagement zu überfordern", so Mekelburger weiter.
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Nikolas Stihl, Vorsitzender des Beirats Stihl Holding, merkt an: "Einen Standort in Deutschland muss man sich heute leisten können. Inzwischen wäre es sogar günstiger, in der Schweiz zu produzieren. Das zeigt die Absurdität der deutschen Lohnkosten-Landschaft." Dennoch stehe man weiter zum Standort Deutschland.