Die Nachricht von der geplanten Streichung von 390 Stellen beim Batteriehersteller VARTA in Ellwangen (Ostalbkreis), Dischingen (Kreis Heidenheim) und im bayerischen Nördlingen hatte bereits am Dienstagabend für Schlagzeilen gesorgt. Damit war klar: VARTA macht bei der Restrukturierung und bei den bereits angekündigten Einsparungen Ernst. 240 Stellen sollen in diesem Jahr gestrichen werden, 150 im kommenden Jahr. Darüber hinaus will VARTA befristete Verträge nicht verlängern und auf diese Weise weltweit 410 Arbeitsplätze streichen, davon werden offenbar auch die drei deutschen Standorte betroffen sein.
Zwischen Fassungslosigkeit und Hoffnung schwankt denn auch derzeit das Stimmungsbarometer in Ellwangen, dem Hauptstandort von VARTA. Wie konnte das Unternehmen, das noch vor kurzem Rekordgewinne erzielt hat, so in die roten Zahlen rutschen, fragen sich nicht nur Bürgerinnen und Bürger. Der Ellwanger Oberbürgermeister Michael Dambacher (CDU) spricht, was den angekündigten Stellenabbau bei VARTA angeht, von schlechten Nachrichten.
Dennoch ist Dambacher von der Zukunft des Batteriekonzerns überzeugt. Die Tatsache, dass alle Banken hinter dem Restrukturierungskonzept stünden, sei für ihn ein wichtiges Signal. Auch die neue Unternehmensführung habe sicherlich mit diesem Konzept die notwendigen Schritte eingeleitet, um das Unternehmen wieder auf Erfolgskurs zu setzen. "Aber es sind harte Maßnahmen, die jetzt natürlich sehr, sehr viele Familien auch direkt treffen werden. Das wird sich unmittelbar auf den einen oder anderen auswirken, das bedauere ich sehr", sagte der Ellwanger Oberbürgermeister.
IG Metall Ostwürttemberg fordert volle Transparenz von VARTA
Gewerkschaftssekretär Fabian Fink von der IG Metall Ostwürttemberg kritisierte, dass sich die Geschäftsleitung von VARTA bislang noch nicht zu dem geplanten Stellenabbau geäußert habe.
Es habe bisher auch kein Gespräch zwischen der IG Metall und dem Unternehmen stattgefunden. "Von daher hatten wir keine Informationen im Vorfeld und müssen nun erstmal die Zahlen hinnehmen, wie sie uns vorgelegt wurden." Dass es zu einem Stellenabbau kommen könnte, war bereits in dem im März mit den Banken und dem Mehrheitsaktionär vereinbarten Umbaukonzept angeklungen, völlig überraschend kämen die angekündigten Veränderungen deshalb nicht, sagte Fink dem SWR.
Im Laufe der Woche werden an den Standorten Ellwangen und Dischingen Betriebsversammlungen stattfinden. Der Gewerkschaftssekretär hofft auf Antworten und fordert die VARTA-Geschäftsleitung - von der es am Mittwoch keine Stellungnahme gab - auf, alle Karten auf den Tisch zu legen und die Belegschaft umfassend zu informieren.
Batteriehersteller will Kosten einsparen VARTA streicht Stellen in Ellwangen, Dischingen und Nördlingen
Der Batteriehersteller Varta wird noch in diesem Jahr 240 Arbeitsplätze in Deutschland abbauen, im kommenden Jahr weitere 150. Betroffen sind alle drei deutschen Standorte.
Am Dienstag hatte VARTA die vorläufigen Zahlen für das vergangene Geschäftsjahr vorgelegt: Demnach hat der Batterie-Konzern 200 Millionen Euro Verlust gemacht, was aber auch an einer außerplanmäßigen Abschreibung liegt, teilte VARTA mit.
VARTA senkt Umsatz- und Gewinnerwartungen für 2023
Bei der Vorstellung der Geschäftsbilanz für 2022 am Freitag hieß es, der Konzern könne die Nachfrage seiner Kundschaft momentan schwer einschätzen und senke deshalb die Umsatzerwartungen fürs laufende Jahr: Statt den prognostizierten bis zu 880 Millionen Euro Umsatz, rechnet das Management demnach nun mit mindestens zehn Millionen Euro weniger. Der operative Gewinn soll nun bei knapp 70 Millionen Euro liegen, Mitte November war man noch von bis zu 110 Millionen Euro ausgegangen.
Als Gründe wurden die schwächelnde Nachfrage nach Lithium-Ionen-Knopfzellen für kabellose Kopfhörer genannt. Zudem dämpften hohe Preise bei Rohstoffen und Energie Umsatz- und Gewinnerwartungen, teilte VARTA weiter mit.
Batterieforschungsexperte: VARTA-Management mit "keiner guten Hand"
Nach Einschätzung des Batterieforschungsexperten Maximilian Fichtner vom Ulmer Helmholtz-Institut ist das Geschäft bei VARTA eingebrochen, weil es zunehmend Mitbewerber bei Mikrobatterien gibt. Lange Zeit habe VARTA gut von dem Geschäft mit den kleinen Batterien gelebt, die etwa in Kopfhörern von Apple verbaut werden. Außerdem habe Porsche als möglicher Großkunde beschlossen, die Rundzellen von VARTA nicht zu kaufen, sondern eigene Systeme zu entwickeln und zu bauen. Hinzu kamen laut Fichtner hohe Rohstoff- und Energiepreise sowie ein neues Management mit "keiner besonders guten Hand".