Der Leiter der "Strado Compagnia Danza", Domenico Strazzeri, ist tief in den Dadaismus eingetaucht. Sein neues Tanzstück "Dadadi Dadada" zeigt: Die Welt von heute ist genauso absurd wie zur Geburtsstunde des Dadaismus vor gut einem Jahrhundert.
Der Krieg war zur Entstehungszeit des Dadaismus ein zentrales Thema. Und ist es heute wieder. Die Parallelen zwischen damals und unserer Gegenwart haben den Choreographen Strazzeri lange beschäftigt: "1918 war die spanische Grippe und heute haben wir Corona. 1916 war der Erste Weltkrieg und jetzt tobt in Europa der Ukraine-Krieg".
Das Tanzstück im Stadthaus Ulm steckt voller Anspielungen auf den Krieg - etwa die Masken der Tänzerinnen: So betritt ein 2,50 Meter großes, vollkommen in weiß gewandetes Wesen die Bühne. Sein Kopf ist eine leuchtende Kugel aus weißen Einweg-Plastikbechern. An seiner Hand geht eine kleine Gestalt, ihr Gesicht ist mit roten Tüchern verhüllt. Der Kopf einer dritten Figur ist komplett von einer Gummimaske mit Noppen verdeckt. Das alles ist schräg, skurril, dadaistisch eben – aber keineswegs nur Nonsens.
Dada-Tanzstück im Stadthaus: Skurilles und Ernst nah beieinander
Ausgedacht hat sich das alles die Kostümbildnerin Christina Schlumberger: "Eine Maske bedeutet auch immer eine gewisse Anonymität", sagt sie. "Und es ist auch ein bisschen unheimlich, dass das Individuum sich da auch irgendwo auflöst."
"Dadadi Dadada": Energiekrise wird in Stück eingebaut
Die Auflösung des Individuums, das Entmenschlichen, das sind die Kennzeichen des Krieges. Strazzeri geht aber noch näher an den Krieg heran. Die Tanzperformance bekommt ihre eigene Energiekrise, ihren eigenen Blackout. Es wird stockdunkel. Das Publikum muss damit klarkommen und erhält kleine Taschenlampen mit Dynamo und Kurbel. Jeder und jede darf sich als Beleuchter für die Tänzerinnen betätigen.
Interaktion mit dem Publikum, das war Strazzeri nach den Corona-Jahren sehr wichtig. Die Streaming-Vorführungen, mit denen sich die Kulturschaffenden über das Internet ans Publikum wandten, haben nicht wirklich gutgetan, meint Strazzeri. Es blieb eine große Distanz. Und genau die will der Choreograph mit der Taschenlampenaktion überwinden und eine neue Verbindung zwischen Bühne und Publikum schaffen.
"Dadadi Dadada" vereinigt viele Kunstformen, Tanz, Poesie, Sprache, Architektur und Musik. Alles wird wild gemischt, überlagert, collagiert. Statt einer Geschichte entwickelt Strazzeri in seinem neuen Stücke eher eine Art Bildergalerie aus witzigen wie erschreckenden Motiven und vollkommen entrückten Szenen. Zuschauen wird hier fast zum Traumwandeln. Albtraum und Glückseligkeit liegen da ganz nah beieinander.