Auf dem Betriebsgelände von BSH Hausgeräte in Giengen an der Brenz (Kreis Heidenheim) ist ein ferngesteuerter Lastwagen unterwegs. Er ist Teil eines Projektes, bei dem es um Lösungen für Personalmangel, um neue Technologien und Sicherheit geht.
Der Fahrersitz steht im Büro
Gesteuert wird der Lkw von einem sogenannten Teleoperator aus der Ferne. Der heißt Tobias Schulz: Der Fahrersitz, in dem er sitzt, steht im Firmengebäude. Tobias Schulz trägt ein Headset, die linke Hand am Lenkrad, die rechte am Joystick. Mit Fußpedalen gibt er Gas und bremst den Elektro-Lkw. Konzentriert blickt der 37-Jährige auf den großen Bildschirm vor sich. Darauf zu sehen: Ein Live-Bild des Betriebsgeländes, auf dem der Lastwagen gerade unterwegs ist.
Es sieht aus, als würde der 37-Jährige ein Computerspiel spielen. Doch rund 400 Meter Luftlinie entfernt fährt sein E-Truck gerade um die Kurve - zentimetergenau ferngesteuert. "Man braucht einen Moment, um sich daran zu gewöhnen", sagt Schulz. Im Prinzip sei das Fahrgefühl aber wie bei einem normalen Lkw.
BSH in Giengen: Fernsteuerung des Lkw über 5G-Netz
"Yard-Management" nennen die Verantwortlichen bei BSH Hausgeräte in Giengen den Testlauf, bei dem ein Lastwagen nicht von einem Fahrer im Cockpit gesteuert wird, sondern digital von einem zentralen Leitstand aus. Experten sprechen von "teleoperierten Fahrzeugen", die Bundesregierung fördert das Projekt mit rund 3,9 Millionen Euro. Container umladen und von A nach B transportieren, das soll durch die automatisierten Abläufe zuverlässiger, nachhaltiger und durch mehrere Kameras auch sicherer werden, heißt es dazu bei BSH.
Damit in Zukunft auch weitere Arbeitsschritte aus der Ferne gesteuert werden können, wurde ein eigenes 5G-Netz am Standort eingerichtet. "Wir brauchen das Netz für die Echtzeitkommunikation", sagt BSH-Projektleiter Henrik Ebner. "Die Technik ist nichts, was jemandem Angst machen muss. Es ist eine Win-Win Situation für unsere Mitarbeitenden und den Betrieb." Perspektivisch soll ein Fahrer laut Ebner schon bald mehrere Fahrzeuge auf einmal steuern können, irgendwann eine ganze Flotte.
Der Elektro-Lkw ähnelt von vorne optisch einem Kehrfahrzeug - nur ohne Bürsten. Dafür ist er mit etlichen Sensoren an den Außenspiegeln und acht Full-HD-Kameras ausgestattet. Es gibt ein kleines Fahrerhäuschen mit Lenkrad. Der Akku wird in der Nacht aufgeladen und hält dann 20 Stunden lang.
Autonomes Fahren: Entlastung für BSH-Beschäftigte
Noch muss ein Kollege aus Sicherheitsgründen in dem Elektro-Lkw sitzen, den Tobias Schulz fernsteuert. Im Notfall könnte dieser dann das Steuer übernehmen. Nach vier Stunden wechseln sich die Fahrer ab. Ziel ist aber, bald ganz alleine den Lkw zu steuern. Entlastend ist das laut Henrik Ebner vor allem für die Lkw-Fahrerinnen und -fahrer selbst. Denn es gebe viel zu wenige von ihnen. Auch für die Firma sei die Technologie ein Mittel gegen den Personalengpass in der Logistikbranche.
Lkw-Fahrer Tobias Schulz bei BSH: "Arbeit jetzt komfortabler"
Tobias Schulz arbeitet nicht direkt bei BSH, sondern bei Fernride, einer Firma aus München. Im Auftrag von Fernride fährt er in Giengen. Mittelfristig sollen aber die Lkw-Fahrerinnen und -fahrer von BSH ans digitale Steuer gelassen werden. Tobias Schulz ist froh, dass er nicht mehr so oft auf die Straße muss. "Dass man im Warmen und im Trockenen sitzt, das ist ein Vorteil. Das ist komfortabler für den Rücken", sagt er.
In fernern Zukunft soll der E-Lkw gänzlich autonom fahren, ohne Fernsteuerung. Wann das der Fall sein wird, sei aber noch nicht absehbar, heißt es bei BSH Hausgeräte in Giengen an der Brenz.