Ulms neuer Oberbürgermeister Martin Ansbacher (SPD) hat die Debatte neu entfacht: Die Umbenennung der Universität Ulm zur "Albert-Einstein-Universität". In seiner ersten Schwörrede am 22. Juli sagte Ansbacher: "Grund zu großer Freude hätten wir auch, wenn es gelänge, die Ulmer Universität nach dem größten Sohn unserer Stadt zu benennen. Gemeinsam mit anderen will ich mich dafür einsetzen, dass unsere Universität künftig Albert-Einstein-Universität heißen darf."
Schwörrede 2024: Wann kommt die Albert-Einstein-Universität?
Es waren nur diese zwei Sätze, die der OB zu diesem Thema einbrachte. "Ich war auf der einen Seite überrascht. Auf der anderen Seite hat's mich nicht gewundert, weil wir über das Thema kurz vor der Rede zum Schwörmontag schon gesprochen hatten", sagt zwei Wochen danach Michael Weber, Präsident der Universität Ulm. Die Hochschule hatte vor fast zwanzig Jahren den ersten Versuch gewagt, sich in Albert-Einstein-Universität umzubenennen - und scheiterte.
Absage aus Jerusalem zur Umbenennung
Der damalige Präsident Karl Joachim Ebeling hatte sich im September 2005 an den Nachlassverwalter Einsteins an der Hebrew University in Jerusalem gewandt. Eine erste Reaktion ließ über ein Jahr auf sich warten: Die Rechtsabteilung der Hebrew University teilte der Universität Ulm im Dezember 2006 mit, dass sie Hochschulen grundsätzlich die Verwendung des Namens Albert Einstein nicht gestattet.
Wieder ein Jahr später, im Juni 2007, dem Jubiläumsjahr der Uni Ulm, antwortete Menachem Magidor, damaliger Präsident der Hebrew University, direkt auf das Schreiben von Rektor Ebeling. "Der Ton dieser Antwort war wertschätzend und freundlich, jedoch verwies auch Professor Magidor mit der Bitte um Verständnis auf den seit vielen Jahren geltenden Grundsatz, anderen Bildungseinrichtungen die Namensrechte nicht zu gewähren", so die Universität Ulm auf SWR-Anfrage.
Das Albert Einstein College of Medicine in New York City ist noch immer die einzige Hochschule, die den Namen des Physikers trägt. Einstein selbst stimmte der Verwendung seines Namens noch zu Lebzeiten zu.
Albert Einsteins Erbe: Zwölf Millionen Dollar im Jahr
Dass sein Name nach seinem Tod eine so große Nachfrage hervorrufen und vor allem so viel Geld bringen würde, hätte Albert Einstein zu dieser Zeit sicher selbst nicht gedacht. Der Erfinder der Relativitätstheorie vermachte sein Erbe und die Rechte an seinen Werken der Hebräischen Universität Jerusalem, die er 1918 mitgegründet hatte.
Sein Nachlass brachte zunächst nur überschaubare Summen ein. Bis 1985, durch eine Gesetzesänderung in Amerika, der Name Albert Einstein zu einer eingetragenen Marke wurde. Seither verdient die Universität in Jerusalem gutes Geld mit dem Namen, vermarktet durch die amerikanische Agentur Greenlight: Im Wirtschaftsmagazin Forbes kam Albert Einstein in den Jahren 2006 bis 2017 unter die zehn bestbezahlten "dead celebrities", ein Ranking der Gutverdienter unter den toten Berühmtheiten. Demnach soll die Hebräische Universität in dieser Zeit durchschnittlich 12,5 Millionen Dollar im Jahr an ihm verdient haben.
Die Universität in Jerusalem schützt den Namen Albert Einsteins streng und schaut ganz genau, ob und zu welchen Zwecken er benutzt werden darf. Die Genehmigung zur Nutzung der Namensrechte ist nicht unmöglich, für nicht kommerzielle Zwecke teils sogar kostenfrei, aber diese Entscheidung liegt ganz in Jerusalem oder eben bei Greenlight.
Von Apotheke bis Schulzentrum: In Ulm ist Albert Einstein überall
Gerade in Ulm ist es schwer zu erahnen, welche Komplexität hinter den Namensrechten des großen Physikers schlummert: Es gibt eine Einstein-Apotheke, ein Einstein-Café, am Eselsberg eine Allee, die nach ihm benannt ist, in Wiblingen ein ganzes Schulzentrum. 2029 soll das Albert Einstein Discovery Center eröffnen. Und sie alle haben für die Namensrechte gekämpft.
Die Realschule und das Gymnasium des Schulzentrums Ulm-Wiblingen zum Beispiel. Erst im Jahr 2005 wurde die Benennung nach Albert Einstein nach langwierigen Verhandlungen erlaubt, so Schulleiter Bernhard Meyer. Er ist erst seit 2014 Rektor, daher könne er wenig mehr sagen. "Ich weiß nur, dass die Benennung nach Albert Einstein äußerst schwierig ist und beantragt werden muss - nicht wie bei anderen Persönlichkeiten."
Die Albert-Einstein-Apotheke wollte sich ihren Namen beim Patentamt schützen lassen, vor der Eröffnung an den neuen Sedelhöfen im Jahr 2020. Bis für die Inhaber Unerwartetes passierte: Ein Tag vor dem Ende der Widerspruchseinlegung kamen die Briefe von Anwälten aus Israel und Amerika ins Haus geflattert, erzählt Inhaberin Marion Bäumlisberger. Keine Chance auf das Patent - man habe dann eine Einzelgenehmigung bekommen.
Das Albert Einstein Discovery Center hat 2020 die Namensrechte zur Nutzung erhalten. "Es ging recht zügig, dass wir die Zusage bekommen haben", sagt Nancy Hecker-Denschlag, Vorsitzende des Projekts. Das Einzige, was lange gedauert habe, seien die Verträge gewesen.
Auch das Museum "Die Einsteins" darf den Familiennamen des Physikers nutzen. Die Stadt Ulm hat sogar "Die Einsteins" für das Museum urheberrechtlich schützen lassen. Diese Rechte wurden wiederum an die hebräische Universität übertragen, damit sie dort sicher verwahrt und verwaltet werden.
In besagtem Museum ist im Übrigen ein Brief ausgestellt, den Einstein selbst an den damaligen Oberbürgermeister Ulms schrieb. Das Stadtoberhaupt hatte den Physiker informiert, die Söflinger Fichtestraße in Einsteinstraße umbenannt zu haben. Einsteins Reaktion darauf: "Von der nach mir benannten Straße habe ich schon gehört. Mein tröstlicher Gedanke war, dass ich ja nicht für das verantwortlich sei, was darin geschieht." Begeisterung sieht wohl anders aus.
Ein neuer Versuch der Universität Ulm?
In Ulm scheint man also meist erfolgreich beim Kampf um die Namensrechte des "größten Sohnes der Stadt" zu sein. Bleibt nur noch die Universität. Doch wenn die Namensverwalter ihrer Linie treu bleiben, wird es erstmal keine zweite Albert-Einstein-Universität geben.
Konkrete Schritte hat die Hochschule noch nicht eingeleitet - dennoch will die Universität es noch einmal wagen und eine Umbenennung im kommenden Jahr prüfen, zum 70. Todestag Albert Einsteins. "Nach dem 70. Todestag werden normalerweise die Namensrechte anders behandelt als davor. Welchen Bezug es auf das Markenrecht hat, müssen wir uns anschauen", sagt Präsident Weber. Es sei zu früh, Prognosen dazu abzugeben, ob sich die Universität auch irgendwann in eine Reihe stellen kann mit all den Straßen, Apotheken und Museen, die in Ulm den Namen Einstein tragen.