Vor 60 Jahren ist im Rittersaal von Schloss Hellenstein erstmals eine Schloss-Serenade aufgeführt worden: "Das war am 3. Juli 1964", so Oliver von Fürich, Leiter des Festspielbetriebes bei den Opernfestspielen Heidenheim: "Im Grunde die Geburtsstunde der Festspiele. In den Anfängen in Form von Konzerten, dann auch als Spielopern. Die Aufführungsoper, wie wir sie kennen, hat sich aber erst viel später entwickelt", so von Fürich.
1977 gab es dann erstmals eine große Operninszenierung. Bis heute ist die Open-Air-Oper auf dem Schlossberg alljährlich das Highlight der Saison. Am Donnerstag (4.7.) feiert Puccinis "Madama Butterfly" Premiere.
Highlight der Opernfestspiele - die Open-Air-Oper im Rittersaal
Oben im Rittersaal von Hellenstein laufen die letzten Proben für die große Opernpremiere. Marcus Bosch, künstlerischer Leiter der Opernfestspiele Heidenheim (OH!), sitzt oben auf der Zuschauertribüne und beobachtet das Geschehen, das jetzt Fahrt aufnimmt. Denn in den vergangenen Tagen mussten die Proben gleich mehrfach wegen schlechten Wetters abgebrochen werden: "Direkt am Berg war die Gewitterzelle und es kam heftigster Regen runter", erzählt Bosch. Zudem waren einige der Crew erkrankt: "Ich bin erstmal froh, wenn alle an Bord sind. Aber zum Glück mache ich das jetzt lange genug, um ruhig zu bleiben", scherzt Bosch.
Seit 2010 leitet Bosch die Opernfestspiele seiner Heimatstadt Heidenheim und hat sie seitdem zu einem der erfolgreichsten Klassikfestivals Europas entwickelt. 2011 gründete er die Cappella Aquileia. Die Spitzenmusikerinnen und -musiker des mit Preisen ausgezeichneten Orchesters kommen aus ganz Deutschland.
Dirigent Marcus Bosch "dankbar für Dinge, die möglich sind"
Dirigent Marcus Bosch ist selbst in der ganzen Welt zu Gast. Hat das seinen Blick auf Heidenheim verändert? "Also sicher meine Dankbarkeit gegenüber vielen Dingen, die hier möglich sind, die ich hier machen kann, und die ich vor allem selber zusammenfügen kann und darf." Auch gegenüber der Bürgerschaft der Stadt, der Wirtschaft, "dass alle das wollen, dass wir die Opernfestspiele in dieser Qualität mit den renommiertesten Orchestern herstellen können."
Und auf der anderen Seite sehe man, dass etwa in China einfach mal 35 neue Konzerthäuser gebaut würden und hier werde überlegt, ob ein Opernhaus renoviert werden könne. "Das verändert den Blick für Dimensionen", so Bosch nachdenklich.
60 Jahre Opernfestspiele als "DNA" von Heidenheim
Heidenheim hat schon immer Musiker angezogen, bereits im Mittelalter gab es laut Mitteilung der Opernfestspiele nachweislich Minnegesang auf der Staufer-Burg Schloss Hellenstein. Später, nach den Schloss-Serenaden und Spielopern, wurde dort 1977 erstmals eine große Oper inszeniert. Ab 1985 konzentrierte der damalige künstlerische Leiter Marco-Maria Canonica das Festival dann ganz auf die Oper. Heute gibt es auch die Junge Oper Heidenheim, die schon die Kleinsten für das Genre begeistern soll.
"Die Opernfestspiele gehören zur DNA unserer Stadt", so beschreibt der Heidenheimer Oberbürgermeister Michael Salomo (SPD) das, was die Festspiele für viele bedeuten: "Es ist schön zu beobachten, dass wir inzwischen sogar international sehr gut wahrgenommen werden. Wichtig ist aber auch, dass die Opernfestspiele vor allem für die Bürgerschaft ein Treffpunkt geworden sind", so Salomo.
Dazu gehöre es auch, die Festspiele finanziell gut auszustatten. Rund drei Millionen Euro umfasse der derzeitige Ausgabenetat. Davon kommen 1,8 Millionen Euro von Sponsoren, Eintrittsgeldern, Spenden und Landesfördermitteln. Die Stadt Heidenheim steuert Eigenmittel in Höhe von 1,2 Millionen Euro bei.
Oper auf dem Schlossberg als Treffpunkt der Stadt
Die Opern-Premiere auf dem Heidenheimer Schlossberg ist für viele das Highlight der Saison. Auch Gäste von auswärts besuchen die Ruine des historischen Rittersaals. "Ich finde schon, dass es etwas Besonderes ist, die Oper auf dem Schlossberg, schon allein wegen der Kulisse. Wir kommen aus Aalen. Das ist toll, dass wir hier sowas Hochkarätiges im Umkreis haben", meint eine Passantin beim Spaziergang auf dem Schlossberg in Heidenheim.
"Meine Eltern gehen hier schon immer her - das muss ich auch unbedingt mal machen", meint eine andere Frau. "Wir kommen jedes Jahr in die Open-Air-Oper in den Rittersaal. Das ist herrlich hier oben, so erhaben mit dem Blick auf die Stadt in der Abendsonne", schwärmt ein Mann.
"Madama Butterfly" in einer modernen Inszenierung
Auf der Bühne laufen die Proben auf Hochtouren. Die Kulisse ist schlicht. Vor dem alten grauen Gemäuer des Rittersaals liegen vereinzelt große Steine auf dem Boden. In der Mitte der Bühne bietet ein Rundbogen mit herunterhängenden weißen Stoffstreifen eine Art Behausung. Darstellerinen in bunten, kurzen Röcken treten auf die Bühne.
In der Puccini-Oper, passend zum Spielzeit-Motto "Fremde Welten", geht es um einen amerikanischen Marineleutnant und eine Geisha und um große Gefühle - aber Marcus Bosch will "keinen Japan-Kitsch auf der Bühne". Vieles werde nur angedeutet, in einem Minimalismus, der ihn begeistert: "Man wird sehen, dass diese Geschichte zeitlos ist. Es geht um Liebe, kurze Lieben und Gelegenheiten und Menschen, die plötzlich zwischen zwei Kulturen zerrissen werden. Ein ganz aktuelles Thema."
Guiseppe Verdi-Oper im Festspielhaus Heidenheim
Die Sängerinnen und Sänger kommen aus der Region, aber unter anderem auch aus Linz, Würzburg und Leipzig. Mit den Stuttgarter Philharmonikern und dem Tschechischen Philharmonischen Chor Brünn sei Ohrenschmaus vom Feinsten garantiert. Und auch auf die Premiere der zweiten Oper der Saison, "Alzira" von Guiseppe Verdi, am 18.Juli mit dem Tschechischen Philharmonischen Chor Brünn und der Cappella Aquileia im Festspielhaus CCH könne sich das Publikum schon freuen.