Für eine Woche den Krieg vergessen und den Alltag hinter sich lassen - das ermöglicht ein Zeltlager in Hohenstein (Kreis Reutlingen) ukrainischen Kindern. Organisiert wird das Camp von einer christlichen Reitschule in Hohenstein. Hier können die Kinder ihre Handys beiseitelegen und ohne Nachrichtenkonsum die Natur erleben. Auch die Pferde helfen ihnen dabei, die Sorgen für kurze Zeit zu vergessen.
Reitlehrerin Elke Wingert leitet das Training und motiviert die Kinder. "Das hat gut ausgesehen! In den Slalom rein! Los, los, los, gebt alles", ruft sie ihnen zu, während sie auf den Pferden reiten. In dem Zeltlager wird schnell klar, dass auch kulturelle Unterschiede und Sprachbarrieren mit gemeinsamem Spaß leicht überwunden werden können. Denn: Ein Drittel der Teilnehmenden sind ukrainische Kinder, die nur wenig Deutsch sprechen. Doch beim Reiten spielt das keine Rolle - hier wird und ist jeder Teil der Gruppe.
Zeltlager als wichtige Abwechslung
Für die Familie von David Demjanov, die vor zwei Jahren aus der umkämpften ukrainischen Stadt Saporischschja floh, ist das Zeltlager eine willkommene Abwechslung. "Das ist sehr wichtig für uns, weil ukrainische Kinder viele Aktivitäten möchten. Ohne Handy, mit Pferden und in der Natur - und mit deutschen Kindern", sagt Davids Mutter Ina Demjanova.
Ihr sechsjähriger Sohn hält noch schüchtern ihre Hand als sie spricht, während ihre älteste Tochter Sophia bereits das dritte Jahr in Folge am Zeltlager teilnimmt. Sie kennt sich schon gut mit den Tieren aus: "Die Pferde sind lieb. Man darf nicht zu Pferden rennen und auch nicht schreien, sonst erschrecken die sich", erklärt die Neunjährige.
Theologiestudent seit 15 Jahren mit dabei
Der Theologiestudent Tim Wingert organisiert das Zeltlager der Reitschule schon seit 15 Jahren mit. Er sieht es als seine Mission, ukrainische und deutsche Kinder zusammenzubringen. "Das war mir einfach wichtig, den Kindern etwas zu ermöglichen. Viele von ihnen haben kein Zuhause mehr, zu dem sie zurückkehren könnten", erzählt er.
Die Teilnahme am Zeltlager ist für die ukrainischen Kinder dank einer Stiftung des Landes Baden-Württemberg kostenlos. Für viele von ihnen ist es das erste Mal, dass sie in der Natur übernachten. "Im ersten Jahr waren die Kinder fast geschockt, als wir gesagt haben, wir gehen in den Wald. Sie kommen aus Großstädten und kennen das gar nicht", verrät Tim Wingert.
Kinder werden durch die Pferde selbstbewusster
Mit der Zeit aber würden die Kinder immer selbstbewusster, wie auch Reitlehrerin Elke Wingert bestätigt. Sie erinnert sich an einen 15-jährigen Ukrainer, der bereits nach zehn Minuten selbständig ein Pferd reiten konnte. "Das Pferd gibt ihm Feedback, und das war ein tolles Erfolgserlebnis für ihn", sagt sie.
Das Zeltlager stärkt darüber hinaus nicht nur die Sprachkenntnisse der Kinder, sondern fördert auch neue Freundschaften und gibt ihnen neue Kraft. Für Tim und Elke Wingert ist das Zeltlager ein wertvoller Beitrag zur Integration.