Senioren saßen im Dunkeln

Was eine Überspannung im Rottenburger Stromnetz für Folgen hatte

Stand
Autor/in
Rebecca Schnell
Onlinefassung
Anne Jethon

Ausgefallene Aufzüge im Pflegeheim und defekte Supermarkt-Kühlschränke: In Rottenburg war das Stromnetz im Januar kurz gestört. Die Folgen waren tagelang spürbar. Wie die Stadtwerke reagieren.

Frost und ein kaputter Trafo haben in Rottenburg (Kreis Tübingen) Anfang Januar das Stromnetz der Energieversorgung gestört. Es kam zu einer kurzzeitigen Überspannung: Nachts um zwei kamen statt der üblichen 230 Volt knapp 300 Volt aus den Steckdosen im Kerngebiet der Stadt. Obwohl das nur sechs Minuten gedauert hat, hat das in Einrichtungen, Supermärkten und Haushalten zu Problemen geführt.

Aufzug in Pflegeheim über eine Woche defekt

In der Pflegeeinrichtung "Haus am Neckar" saßen die Bewohnerinnen und Bewohner des Erdgeschosses fast eine Woche lang hinter verschlossenen Rollläden. Laut Pflegedienstleiter Stephan Hennig ließen sich die Rollläden am Morgen nach der Überspannung nicht mehr nach oben bewegen. Zudem seien auch streckenweise die Topfspüler im ersten und zweiten Stockwerk ausgefallen, mit denen normalerweise die schmutzigen Nachttöpfe und Waschschüsseln gereinigt werden.

Ein größeres Problem stellte jedoch der defekte Aufzug dar. Vor dem kleineren intakten Aufzug kam es durch Bewohnerinnen und Bewohner mit Rollstühlen oder Rollatoren zu Stau. Repariert war der Aufzug erst nach über einer Woche nach der Überspannung.

Erdgeschoss Haus am Neckar in Rottenburg
Das Erdgeschoss im „Haus am Neckar“ lag fast eine Woche im Dunkeln.

Kühlschränke in Supermarkt ausgefallen: Lebensmittel entsorgt

Auch einige örtliche Supermärkte berichten von Schäden. In der Rottenburger EDEKA Filiale seien in der Nacht vom 10. auf den 11. Januar mehrere Kühlanlagen ausgefallen. Betroffene kühlpflichtige Lebensmittel seien bestimmungsgemäß entsorgt worden, heißt es in einer Mitteilung. Im nahegelegenen LIDL sind dagegen nur die Schrankenanlagen vom Parkplatz ausgefallen. Laut Angaben der Pressestelle seien die aber bald wieder einsatzbereit.

Wie kam es zur Überspannung im Stromnetz?

Doch was war der Grund für die Probleme im Stromnetz? An einem Transformator des Umspannwerks Rottenburg habe sich die Spannung erhöht, so der technische Geschäftsführer der Stadtwerke Rottenburg, Andreas Radl. In den Trafos des Umspannwerkes wird die Stromspannung für die Endverbraucher umgewandelt. Bei einer Außentemperatur von minus acht Grad froren in der Nacht zum Mittwoch die Abflüsse im Reglerschrank des Trafos ein. Mehr Kondenswasser als sonst bildete sich und die elektromechanischen Steuerungen versagten. Durch den Frost fehlte ein wichtiges Signal und es kam es zu einer Störung des Spannungsreglers, der die Spannung nicht mehr ausreichend drosselte. Eine Störung dieser Art ist laut der Stadtwerke Rottenburg sehr selten.

So ein Fehler ist hier im Haus noch nie aufgetreten. Auch die Kollegen der Netze BW kannten so ein Fehlerbild nicht.

Betroffen von Schäden durch die Überspannung waren nach bisherigen Informationen des Energieversorgers rund ein Prozent der Kundinnen und Kunden im mittleren Stadtgebiet in Rottenburg. Es seien bisher 216 Schadensmeldungen bei Ihnen eingegangen. Geschäftsführer Martin Beer rechnet jedoch mit weiteren Meldungen.

Kleinere bis größere Schäden in Privathaushalten

Eine Anwohnerin im Stadtgebiet berichtet von einem defekten Telefon. Zusätzlich gehe ihre Klingel und Sprechanlage nicht mehr. Kein Einzelfall: Sie erzählt von weiteren Nachbarn, bei denen die Klingel nach der Überspannung ebenfalls kaputt gegangen sei. So auch bei der Rottenburgerin Katrin Laauser.

Anwohnerin Heiderose Kraus berichtet zudem von kaputten Garagentoren bei ihrer Tochter. Nach der Überspannung seien die elektrischen Tore komplett ausgefallen. Um den Schaden musste sich die Familie selbst kümmern.

Die Stadtwerke Rottenburg ziehen Konsequenzen

Bereits kurz nach der Überspannung wurde der defekte Spannungsregler ausgetauscht. Zudem wurde laut technischem Geschäftsführer Andreas Radl zur Sicherheit auch ein zusätzlicher Heizkörper eingebaut. Der soll das erneute Einfrieren des Abflusses verhindern. Auch über Temperaturmessgeräte denken die Verantwortlichen nach. Dass sich eine derartige Überspannung wiederholt, sei sehr unwahrscheinlich, so Stadtwerke-Geschäftsführer Beer: Störungen in Umspannwerken seien jedoch eine große Ausnahme.

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