Eine Stellenbewerberin und Rathausmitarbeiterin in Tübingen hatte Schmerzensgeld und Schadensersatz verlangt. Nun hat das Arbeitsgericht Reutlingen die Klage der Frau abgewiesen. Sie muss die Kosten des Verfahrens tragen. Die Begründung des Gerichts folgt, Rechtsmittel können noch eingelegt werden. Die Klägerin vermutet, sie habe einen Job im Vorzimmer von Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne, Mitgliedschaft ruht derzeit) nicht bekommen, weil sie eine Liebesbeziehung mit Palmer gehabt habe.
Der Streit zwischen ihr und der Stadt Tübingen ging in eine neue, hochemotionale Runde, nachdem die Stadt im November bereits eine gütliche Einigung abgelehnt hatte. Aus Sicht der Klägerin hat die frühere Liebesbeziehung zum Tübinger Stadtoberhaupt dafür gesorgt, dass die Bewerberin den Job im Vorzimmer von Palmer und von Sozialbürgermeisterin Daniela Harsch (SPD) nicht bekommen hat. Die Stadtverwaltung wies das zurück.
Qualifizierung bei Stellenvergabe im Rathaus ausschlaggebend
Dem Anwalt der Stadtverwaltung zufolge ist die Bewerberin nicht zum Zug gekommen, weil ein anderer Bewerber besser qualifiziert war. Zudem habe sie die Stelle nicht wie ausgeschrieben in Vollzeit antreten wollen. Sie habe den Job letztendlich gar nicht gewollt, sondern lediglich eine Höhergruppierung erwartet, also die Zuordnung zu einer höheren Entgeltgruppe. Dafür habe es jedoch keine Grundlage gegeben. Die Klägerseite behauptet hingegen, dass die Stadt die Qualifikation der Bewerberin falsch bewertet hat.
SWR4-Moderator Peter Binder und SWR-Reporter Christoph Necker im Radio-Gespräch über die Vorgeschichte.
Gegenseitige Vorwürfe bei Verhandlung in Reutlingen
Während der Verhandlung wurden gegenseitige Vorwürfe von Kläger- und Beklagtenseite laut. Die Klägerin sprach mehrmals von einer gezielten Herabwürdigung ihrer Person in der Öffentlichkeit. Der Anwalt der Stadtverwaltung zitierte eine Mail von der Klägerin, in der sie Palmer geschrieben haben soll, dass sie die privaten Chatverläufe zum Beweis offenlegen müsse, wenn er die Liebesbeziehung nicht zugebe. Laut Gericht spielte die Beziehung für die Beurteilung der Schadensersatzansprüche rechtlich allerdings keine Rolle.