Warnstreik Unikliniken

Voraussichtlich keine geplanten Operationen

Warnstreik an den Unikliniken in Baden-Württemberg

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Ulrike Mix

Die Beschäftigten der Uniklinik Tübingen, darunter viele junge Leute, streiken. Aufgerufen dazu hat die Gewerkschaft ver.di. Sie fordert mehr Lohn.

Obwohl ver.di mit den Arbeitgebern bereits mehrfach verhandelt hat, habe die Arbeitgeberseite kein Angebot vorgelegt, heißt es von der Gewerkschaft. Deshalb hat sie die rund 30.000 Beschäftigten in Tübingen, Freiburg, Heidelberg und Ulm jetzt zum Warnstreik aufgerufen. Der Gewerkschaft geht es nach eigenen Angaben vor allem um mehr Geld, weniger Belastung und eine gute Ausbildung. Für den Arbeitgeberverband der Universitätsklinika kam die Kündigung des bestehenden Tarifvertrags überraschend. Aus Tübingen brichtet Reporter Christoph Necker:

Gewerkschaft ver.di fordert mehr freie Tage

Die Gewerkschaft fordert unter anderem ein sogenanntes Lebensphasenkonto für alle Beschäftigten und Auszubildenden. Auf diesem Konto sollen jedes Jahr fünf freie Tage vom Arbeitgeber eingebracht werden - Tage, die die Beschäftigten verwenden können, wie sie wollen. Man könnte sie sich ausbezahlen lassen, als Urlaub nehmen oder ansparen, zum Beispiel für ein Sabbatical oder um früher in Rente zu gehen. Außerdem fordert Ver.di nach drei unterbesetzten Schichttagen einen Ausgleichstag, weil die Beschäftigten an unterbesetzten Tagen erheblich mehr belastet sind.

Elf Prozent mehr - auch am Uniklinikum Tübingen

Die Gewerkschaft will außerdem erreichen, dass die nicht-ärztlichen Beschäftigten künftig elf Prozent mehr Geld bekommen - mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Auszubildende sollen 250 Euro mehr bekommen. Am Tübinger Uniklinikum etwa beträfe das knapp 8.000 Beschäftigte.

Ziel: Mehr Pflegekräfte gewinnen

Ziel von ver.di ist es, den Pflegeberuf attraktiver zu machen und so mehr Pflegekräfte zu gewinnen. Einer bundesweiten Onlineumfrage zufolge würden 300.000 ausgebildete Pflegekräfte in ihren Beruf zurückkehren, wenn die Arbeitsbedingung besser wären. Die Arbeitgeberseite befürchtet, dass sich die Situation in der Pflege durch weitere Zugeständnisse verschlechtern könnte, weil dadurch der Fachkräftemangel noch verstärkt wird. Es gebe schlicht keine Fachkräfte, die einspringen können, wenn jetzt zusätzliche freie Tage gewährt würden.

Arbeitgeberverband der Unikliniken: Vom Streik überrumpelt

Die Streikankündigung kommt für den Arbeitgeberverband der Universitätsklinika mit Sitz in Tübingen nach eigenen Angaben völlig überraschend. Man habe im letzten Tarifvertrag 2018 Schritte vereinbart, um die Pflege zu entlasten. Das sei geschehen. Die Anzahl der Pflegekräfte an den baden-württembergischen Unikliniken sei immens gesteigert worden: Inzwischen gebe es an den vier Unikliniken in Tübingen, Heidelberg, Freiburg und Ulm insgesamt fast tausend Vollzeitstellen mehr in der Pflege. Gleichzeitig sei die Zahl der Patienten und der Behandlungstage zurückgegangen. Wieso das Personal also flächendeckend stärker belastet sein soll, sei nicht erkennbar.

Auch in der Vergangenheit gab es schon Warnstreiks an der Uniklinik Tübingen.
Auch in der Vergangenheit gab es schon Warnstreiks an der Uniklinik Tübingen.

Unikliniken haben Finanzprobleme

Außerdem hat sich laut dem Arbeitgeberverband die wirtschaftliche Situation der Universitätskliniken in Baden-Württemberg in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert. Insgesamt mussten sie 2022 Verluste in Höhe von insgesamt rund 85 Millionen Euro verzeichnen, die nur durch außerordentliche Zuschüsse der Landesregierung aufgefangen wurden. Auch für das Jahr 2023 würden spürbare Verluste erwartet. Die finanziellen Spielräume für zusätzliche Tarifabschlüsse seien deshalb zwangsläufig eingeschränkt, so die Arbeitgeberseite.

Keine geplanten Operationen an den Unikliniken?

Ver.di hat mit den Arbeitgebern für den Streiktag am 3. Juni eine Notdienstvereinbarung getroffen. Nach Angaben von Benjamin Stein von Ver.di Fils-Neckar-Alb werden Notfälle auf alle Fälle behandelt. Geplante Operationen müssen aber möglicherweise verschoben werden. In Tübingen beginnt der Warnstreik laut Ver.di am 3. Juni um 8:00 Uhr. Für 11.30 Uhr ist eine Kundgebung geplant.

Die nächste Verhandlungsrunde an den Unikliniken ist am Tag nach dem Streik, also am 4. Juni, geplant.

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