Im Folientunnel der Solawi Sigmaringen zieht Gärtnerin Jana Meierdirks schon wieder Kohlrabi, Fenchel und Salat.

Verein will eigenes Obst und Gemüse anbauen

Nahrung wertschätzen: Solidarische Landwirtschaft Inneringen startet

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Autor/in
Ulrike Mix

Wieder einen Bezug zur Nahrung bekommen. Eigenes Obst und Gemüse anbauen. Das will die Solidarische Landwirtschaft (Solawi) Inneringen. Jetzt geht das Projekt an den Start.

In Inneringen (Kreis Sigmaringen) startet ein Projekt, das fair produzierte und fair verkaufte Nahrung möglich machen will: 35 Menschen haben dafür den Verein "Solidarische Landwirtschaft Inneringen" - kurz "Solawi Inneringen" - gegründet. Sie wollen gemeinsam Obst und Gemüse anbauen - regional, biologisch und unabhängig von Marktpreisen. Wenn Erntezeit ist, gibt es dann einmal pro Woche eine Gemüsekiste mit eigenen Möhren, Tomaten, Lauch und vielem mehr. Sie wollen den Wert von Nahrungsmitteln erleben und wieder einen Bezug zu dem bekommen, was sie essen.

Dazu der Bericht von SWR Reporterin Ulrike Mix.

1.000 Quadratmeter zu beackern

Die Idee, eine Solawi in Inneringen auf die Beine zu stellen, hatten Philipp und Nadine Teufel. Die beiden leben mit ihrer erst wenige Monate alten Tochter in einem ehemaligen Bauernhaus. Weil er in Elternzeit ist, hatte er Zeit, das Projekt auf die Beine zu stellen, sagt Philipp Teufel, der Informatiker ist. Um das ehemalige Bauernhaus gibt es große Anbauflächen. Jetzt will die Solawi 1.000 Quadratmeter davon in Eigenarbeit bestellen. Damit das klappt, bezahlt der Verein eine Gärtnerin, die Anbaupläne macht und alle paar Wochen schaut, ob auf dem Acker und in den Beeten alles rund läuft. Die Mitglieder können sich selbst für die verschiedenen Arbeiten einteilen: Beete anlegen, säen, gießen, hacken oder ernten.

Philipp Teufel von der neu gegründeten Solawi Inneringen holt sich Tipps bei Jana Meierdirks, der Gärtnerin der Solawi Sigmaringen.
Philipp Teufel von der neu gegründeten Solawi Inneringen holt sich Tipps bei Jana Meierdirks, der Gärtnerin der Solawi Sigmaringen.

Solawi Sigmaringen als Vorbild

Damit der Start in Inneringen gelingt, hat sich Philipp Teufel Rat bei der Solawi in Sigmaringen geholt. Dort wird schon seit drei Jahren solidarische Landwirtschaft betrieben. Der Verein ist größer. Er beschäftigt eine Vollzeitkraft, die sich hauptamtlich um den Gemüseanbau kümmert. In Sigmaringen reicht die wöchentliche Gemüsekiste aus, um zwei Personen mit Gemüse zu versorgen. Das wird in Inneringen erstmal nicht so sein. Dafür ist die Anbaufläche zu klein. Doch Philipp Teufel hofft, dass der Verein wachsen wird und dass schon nächstes Jahr eine Arbeitskraft eingestellt werden kann.

Solawi - mehr als nur regional und bio

Die erste Solawi entstand 1989 in Schleswig-Holstein. Inzwischen gibt es die Vereine für solidarische Landwirtschaft in ganz Deutschland. Allein in Baden-Württemberg sind es nach Angaben einer Sprecherin von Solawi Deutschland fast 70. Die Idee dahinter: Mehrere Menschen pachten einen Acker und bebauen ihn entweder selbst oder sie finanzieren eine Arbeitskraft. Diese erhält einen festen Stundenlohn, unabhängig von Marktpreisen oder der tatsächlich erwirtschafteten Ernte. Ebenfalls anders als auf dem normalen Markt ist: Die Gemüsekisten haben zwar immer den gleichen Inhalt, aber nicht den gleichen Preis.

Gemüsekiste - jeder zahlt, was er kann

Wer ein Jahr lang jede Woche eine Gemüsekiste bekommen will, muss sie zu Beginn des Jahres ersteigern. Dabei gibt es einen Richtwert. Auch hier ist der Verein solidarisch und das heißt: Wer viel Geld hat, zahlt freiwillig mehr. Wer wenig hat, zahlt weniger und hilft dafür vielleicht mehr auf dem Acker. So ist das auch bei den Solawis in Sigmaringen und Inneringen. In Sigmaringen kosten die Gemüsekisten derzeit monatlich zwischen 55 und 120 Euro.

Im Folientunnel der Solawi Sigmaringen wachsen schon wieder Radieschen und Möhren.
Im Folientunnel der Solawi Sigmaringen wachsen schon wieder Radieschen und Möhren.

Nur saisonales Gemüse - eine Herausforderung

Weil in den Gemüsekisten der Solawis nur die eigene Ernte liegt, gibt es für die Mitglieder nur saisonales Obst und Gemüse. Also keine Erdbeeren im April und keine Tomaten im Dezember. Im Sommer ist die Auswahl groß und es muss jede Woche viel Gemüse gegessen oder verarbeitet werden. Im Winter ist der Speiseplan dagegen recht eintönig: Kohlarten, Karotten, Rote Bete, Sellerie. Natürlich darf jeder machen, was er will und privat zukaufen.

Nicht alle halten durch

Nach Angaben der Sprecherin von Solawi Deutschland springen aber doch viele Mitglieder von Solawis nach anfänglicher Euphorie wieder ab, weil sie ein breiteres Angebot wollen oder weil sie es im Sommer nicht schaffen, auf einen Schlag große Mengen zu verarbeiten. Auch in Sigmaringen kehren nach Angaben von Gärtnerin Jana Meierdirks jedes Jahr rund ein Drittel der Mitglieder der Solawi den Rücken. Das sei aber in Ordnung, denn es kämen auch jedes Jahr genauso viel neue Mitglieder dazu.

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