Die Hilfsorganisation Drei Musketiere Reutlingen e.V. bereitet sich auf Einsätze in Krisengebieten vor: Orte, an denen Krieg, Flutkatastrophen oder Erdbeben Menschenleben bedrohen. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, dort humanitäre Hilfe zu leisten. In Reutlingen haben Mitglieder am Wochenende den Ernstfall geprobt.
Überlebenstraining: Beschränken auf das Nötigste
Zehn Leute sind es, die sich vorbereiten wollen, um im Zweifel das Richtige tun zu können. Ein Student, ein Mann, der kurz vor der Rente steht, und weitere haupt- und ehrenamtliche Mitglieder der Organisation Drei Musketiere. Einige kommen sogar aus der Türkei, Italien und der Ukraine. Alle tragen Schutzkleidung, Helm und Weste. Bei der Übung schlafen sie in Zelten.
Leben ohne Strom und fließend Wasser
Der Tag der Helfer beginnt um 7 Uhr: Es gibt ein kleines Frühstück und einen Liter Wasser. Der muss für den ganzen Tag reichen: zum Zähneputzen, Waschen und Trinken. Auch Mittag- und Abendessen fallen spartanisch aus, denn Strom, Elektrizität und fließend Wasser gibt es im Katastrophenfall selten.
Ungewohnte Toilette
Gekocht wird auf dem Gaskocher, die Handys werden abgegeben und als sanitäre Anlage dient das sogenannte Zelt-Klo. Darin: ein Eimer, in dem eine Plastiktüte ist. Hier hinein wird das Geschäft verrichtet und danach mit Streu bedeckt. Dann wird der benutzte Beutel zugeknotet und in eine Mülltüte geworfen. In den Eimer kommt eine neue Tüte, und das Zelt ist frei für die nächste Person.
Drei Musketiere: Es gibt immer öfter Katastrophen
Was wirkt wie im Film, ist Realität. Denn Orte, die von Katastrophen betroffen sind, gibt es viele. "Noch nie waren so viele Menschen auf der Flucht wie heute" so Markus Brandstetter, Gründer der Organisation Drei Musketiere Reutlingen. Erdbeben, Überschwemmungen, Krieg: "Aller Voraussicht nach wird es immer mehr Geflüchtete geben, besonders wegen des Klimawandels", warnt Brandstetter besorgt.
Einsätze in gefährlichen Gebieten
Um Menschen in Not zu helfen, fährt der Verein immer wieder in Krisengebiete und leistet dort humanitäre Hilfe. Mit Lebensmittelspenden und Medikamenten, aber auch um einfach da zu sein, zuzuhören, zu trösten. Die Helfenden begeben sich während ihrer Einsätze in gefährliche Gebiete. Beim Trainingswochenende wird deshalb auch geübt, wie man in einer Extremsituation richtig handelt.
Auf dem Tagesplan stehen Theorieeinheiten, in denen zum Beispiel besprochen wird, wie die politische Lage in einem Land ist oder auch dass die häufigste Todesursache bei schwer Verletzten das Verbluten ist, und wie man das verhindern kann.
Erste Hilfe in angespannter Lage
Bei den praktischen Übungen wird die Gruppe fast andauernd in nervöser Erwartung gehalten, um die Realität im Katastrophengebiet möglichst gut zu simulieren: Laute Sirenen und Angriffsgeräusche sind zu hören. Ein Mann aus der Gruppe fällt um, zuckt und schreit. Nun müssen die anderen reagieren: ruhig bleiben, die Situation einschätzen, die Verletzung ausmachen, Erste Hilfe leisten und sich um einen Abtransport kümmern. Dabei müssen sie darauf achten ob beispielsweise Minen eine Gefahr darstellen könnten. Auch nachts müssen die Übenden in Alarmbereitschaft sein. Zur Ruhe zu kommen ist schwer.
Seit Markus Brandstetter die Hilfsorganisation 2015 gegründet hat, war er bei 150 bis 200 Einsätzen. Inzwischen hat er aufgehört zu zählen. Das Leid vor Ort sei manchmal kaum zu ertragen, sagt er, trotzdem habe er den Ausstieg aus seinem vorherigen Berufsleben nie bereut.