Der AfD-Stadtrat Johannes Simon muss von seinem Reisebüro in der Hechinger Innenstadt die Logos des Reisekonzerns TUI entfernen. Das betrifft auch die Leuchtreklame über dem Eingang. Das Reisebüro war in den vergangenen Wochen immer in die regionalen Schlagzeilen geraten. Simon hatte vor seinem Reisebüro AfD-Werbung platziert. Außerdem sorgte der 72-Jährige mit einem Schaufensterplakat für Aufsehen: Es trug die Aufschrift "Grünenwähler haben hier Hausverbot". Wegen der Vorfälle hatte der Reisekonzern TUI, der mit Simon über einen Agenturvertrag verbunden ist, diesen bereits einmal abgemahnt. Er solle die AfD-Werbung vor und im Büro entfernen. Diese sei nicht mit den liberalen Werten der TUI vereinbar. Daraufhin verschwanden die AfD-Flyer und -Plakate - zunächst.
TUI: Erneut AfD-Werbung im Reisebüro
Da laut TUI erneut AfD-Utensilien im Reisebüro gesichtet wurden, folgte eine zweite Abmahnung seitens des Reisekonzerns. Demnach setzte die TUI Johannes Simon eine Frist bis Dienstagabend vergangener Woche, sämtliche AfD-Werbeinhalte aus dem Geschäft zu entfernen. Als der SWR am frühen Dienstagnachmittag vor Ort war, waren im Verkaufsraum und vor dem Reisebüro keine AfD-Inhalte mehr zu sehen. Eine Ausnahme: Ein AfD-Banner war im Hinterzimmer des Geschäfts über einen Schreibtischstuhl gezogen.
Dritte Abmahnung würde Vertragskündigung bedeuten
Sollte der 72-Jährige die Vorgaben erneut verletzen, droht ihm die TUI mit der Kündigung des Agenturvertrages. Wie ein Sprecher des Konzerns dem SWR vergangene Woche mitteilte, hat man keinerlei Interesse mehr an der Geschäftsbeziehung mit dem Inhaber des Reisebüros. Er verhalte sich uneinsichtig und habe die mündlichen Zusicherungen der vergangenen Tage und Wochen nicht eingehalten, so der TUI-Sprecher. Die Kündigung des Vertrages werde man sich dennoch gut überlegen: Diese müsse juristisch wasserfest und dürfe nicht anfechtbar sein. Vermutlich will die TUI der AfD keine Werbung verschaffen, sollte sich Simon erfolgreich gegen eine Vertragskündigung zur Wehr setzen.
Unterschiedliche Wahrnehmungen von TUI und AfD-Stadtrat
Johannes Simon, der als eines von zwei Mitgliedern der "Alternative für Deutschland" im Hechinger Gemeinderat sitzt, wusste am Dienstag vergangener Woche auf Nachfrage angeblich noch nichts von einer zweiten Abmahnung oder einer Frist. Bezüglich der Zusammenarbeit mit TUI zeigte sich Simon zuversichtlich: "Ich arbeite seit 50 Jahren gut mit TUI zusammen und werde dies auch weiterhin tun", sagte der 72-Jährige. Sorgen darüber, dass der Konzern die Zusammenarbeit beenden könne, mache er sich nicht. Vielmehr respektiere er die Forderung seitens der TUI, die AfD-Inhalte aus seinem Reisebüro zu entfernen.
"Boom" in Simons Reisebüro dank Berichterstattung?
Zeit für ein längeres Gespräch mit dem SWR habe er nicht, sagte Simon in seinem Reisebüro. Der Grund: Seit der Berichterstattung der vergangenen Wochen laufe sein Geschäft richtig gut. Er komme vor lauter Arbeit kaum hinterher. "Es läuft wie geschnitten Brot. Die Leute kommen zu mir, haben Vertrauen und sagen mir, dass sie sich solidarisch mit mir zeigen wollen", so Simon.
Staatsanwaltschaft ermittelt
Die Stadt Hechingen hat Johannes Simon das Aufstellen von AfD-Werbung vor seinem Reisebüro per Sondererlaubnis genehmigt. Gegen die Parteiwerbung und einen Infostand vor dem Reisebüro sei an sich nichts einzuwenden, befand der Gemeinderat in einer Sitzung Ende Juli.
Wenige Tage später durchsuchte die Polizei das Reisebüro und stellte eine Art Flugblatt sicher, auf dem der Bundeskanzler und weitere Mitglieder der Bundesregierung diffamiert werden. Das rief die Staatsanwaltschaft auf den Plan. Die ermittelt derzeit gegen Simon wegen potenzieller Straftaten. Die Untersuchungen dauerten noch an, teilte die Staatsanwaltschaft Hechingen auf SWR-Anfrage mit.