Zahlreiche niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in Tübingen sind besorgt, dass sie ihren Praxisbetrieb nicht mehr lange aufrechterhalten können. In der Stadt haben sich vier zusammengetan und eine Online-Petition zur Rettung der ambulanten Versorgung gestartet. Am Mittwoch beteiligen sie sich an der Protestaktion auf dem Stuttgarter Schlossplatz.
Nicht nur in Tübingen ein Problem: Budgetierung und Pauschalen
Die Idee zur Unterschriftensammlung hatte die Tübinger Frauenärztin Ruth Mayer, gemeinsam mit ihrer Kollegin Eva Neunhoeffer. Sie befürchten, dass es auch in den Städten keine Nachfolgerinnen und Nachfolger mehr gibt, wenn Praxen geschlossen werden. Leistungen würden von den Krankenkassen nicht mehr oder nur noch teilweise erstattet werden, so Mayer. Die Vergütung und die Arbeitsbedingungen hätten sich für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte deutlich verschlechtert. Durch die Inflation seien die Ausgaben gestiegen. Gleichzeitig seien die Pauschalen, die den Ärzten gezahlt werden, gleich geblieben.
Ärztin Mayer: Zuletzt zehn Prozent weniger Einnahmen
Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg zahle das Honorar immer gesplittet als monatliche Teilzahlung aus. Erst wenn vier Monate später die Schlusszahlung komme, erfahre sie, wie viel nicht bezahlt wurde, so Mayer. Zum Planen sei das ein Alptraum. Zuletzt habe sie zehn Prozent weniger Einnahmen gehabt. Während die Impfungen in der Coronazeit vielen niedergelassenen Medizinern das Überleben gesichert habe, sei das Honorar der Ärztinnen und Ärzte aktuell wieder auf dem Level von 2019, beobachtet Mayer. Weil außerdem die monatlichen Fixkosten gestiegen seien, habe die Tübinger Frauenärztin Probleme, ihren Mitarbeiterinnen das Gehalt zu zahlen.
Höchste Zeit, an die Öffentlichkeit zu gehen
Ruth Mayer sagt, sie habe in diesem Jahr aus privaten Rücklagen rund 13.000 Euro in die Praxis gesteckt. Einen dauerhaften Zuschussbetrieb könne sie sich allerdings nicht leisten. Wenn jetzt nicht die Politik gegensteuere, sei das solidarische Prinzip, hinter dem sie ihr ganzes Berufsleben gestanden habe, am Ende. Zwar seien die einzelnen Praxen und Fachärzte unterschiedlich betroffen, so Mayer. Es sei aber nun höchste Zeit, dass die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte an die Öffentlichkeit gehen.