Der Angeklagte soll im September vergangenen Jahres seine ehemalige Lebensgefährtin in einer Tübinger Gemeinschaftsunterkunft erstochen haben. Am Mittwoch haben Staatsanwalt und Verteidiger ihre Plädoyers gehalten. Der Staatsanwalt plädierte für eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes.
Staatsanwaltschaft plädierte auf Mord
Er sah die Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe als gegeben. Der Mann habe die Frau angegriffen, als sie arglos und wehrlos auf einem Sofa in einer Tübinger Gemeinschaftsunterkunft saß. Er habe die Tat aus Eifersucht geplant. Sie hatte inzwischen ein Verhältnis mit einem anderen Mann.
Der Angeklagte stammt aus der Ukraine, die beiden hatten sich in Polen kennengelernt und waren gemeinsam nach Deutschland gekommen.
Schuldfähig laut Gutachter
Der psychiatrische Gutachter habe beim Angeklagten zwar eine Persönlichkeitsstörung festgestellt - er sei nicht gut in der Lage, sich in eine Gemeinschaft einzuordnen, habe paranoide und impulsive Züge. Allerdings habe er keine Bewusstseinsstörung - er sei zur Tatzeit voll schuldfähig gewesen, so der Staatsanwalt.
Keine Erinnerung an Tathergang
Der Verteidiger plädierte auf Totschlag. Eigentlich habe der verzweifelte Mann sich selbst mit einem Messer töten wollen. Dann aber habe die Frau, die er noch immer als seine Verlobte betrachtete, gelacht und ihn verspottet. Da sei er außer sich geraten. An die Tat selbst könne er sich nicht erinnern, alles sei wie im Nebel gewesen. Anschließend sei er zur Polizei gegangen.
Bevor der Angeklagte sich zu Beginn der Verhandlung setzte, verkündete er laut seinen Glauben an Gott. Beim Prozessauftakt zwei Wochen zuvor waren das seine einzigen Worte gewesen. Nach den Plädoyers von Staatsanwalt und Verteidiger am Mittwoch hielt er aber eine längere Rede.
Eine Bibel immer zur Hand
Schon während der Schlussvorträge blätterte er in der Bibel, die vor ihm lag, und machte sich immer wieder Notizen. Seine Rede war dann so ausführlich und emotional, dass die Dolmetscherin einmal erschöpft um eine Pause bat.
Zwiespältige Gefühle
Er zitierte die Bibel, um etwa am Beispiel von Maria und Josef zu zeigen, wie wichtig und verbindlich eine Verlobung sei. Seine frühere Partnerin habe etwa ein Jahr vor der Tat seinen Heiratsantrag angenommen. In allem, was er sagte, war eine große Zerrissenheit zu spüren. Wie schön es mit ihr gewesen sein, wie sehr er sie noch immer liebe, und wie sie ihn anderseits nur ausgenutzt an in die Verzweiflung getrieben habe.
Bitte um Gnade
Liebe und Eifersucht seien zwei Gefühle, denen sich kein Mensch widersetzen könne. Auch Gott sei eifersüchtig, und Gott habe ihm verziehen. Denn er habe nicht getötet. sein Körper habe es getan. Das Gericht bat der Angeklagte in seinem Schlusswort: "Lassen Sie Gnade walten!" Ein Urteil wird am 9. April erwartet.